Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Kreativpreis des Bundes für Designer
Zwei Düsseldorfer haben den Kreativpreis der Bundesregierung gewonnen. Ihr Markenzeichen sind experimentelle Designs mit naturwissenschaftlichen Elementen. Sie arbeiten etwa mit Petrischalen und glühender Stahlwolle.
Unter 1000 Bewerbern haben sich die beiden Düsseldorfer durchgesetzt. Ihr Markenzeichen sind experimentelle Designs – etwa mit Petrischalen.
DÜSSELDORF Wenn Tierfutter-körnchen Walzer tanzen oder ein Schriftzug plötzlich Funken schlägt, dann steckt das Designer-duo Thomas Wirtz (39) und Frédéric Wiegand (42) dahinter. Die beiden Düsseldorfer haben sich mit ihrem ganz eigenen Ansatz gestalterischen Schaffens einen Namen gemacht. Aerosoap heißt ihr experimentelles Design-labor, das jetzt sogar in den illustren Kreis der „Kultur- und Kreativpiloten Deutschland 2020“gewählt wurde.
Die Bundesregierung hat aus mehr als 1000 Bewerbern die 32 kreativsten Köpfe des Jahres ausgewählt. „Besonders in herausfordernden Zeiten wie diesen brauchen wir die innovativen Leistungen kreativen Unternehmertums“, sagte Peter Altmaier (CDU), Bundesminister für Wirtschaft und Energie. Wirtz und Wiegand dürfen sich damit über ein mit der Auszeichnung verbundenes Experten-netzwerk sowie ein einjähriges Mentoring-programm freuen.
„Das ist eine Ehre für uns. Zudem ist das sich bietende Netzwerk und der damit verbundene Austausch sehr wertvoll“, sagt Thomas Wirtz. Preise sind für die beiden Designer allerdings nichts wirklich was Neues. Ihre Arbeiten wurden unter anderem bereits mit dem Red Dot Best of the Best, dem Bayerischen Staatspreis für Nachwuchsdesigner sowie dem European Design Award ausgezeichnet. Dennoch sagt der 42-jährige Düsseldorfer Wirtz: „Das jetzt ist allerdings schon etwas sehr Besonderes.“
Das gilt auch für die Arbeit der beiden Kreativen, die naturwissenschaftliche Experimente mit künstlerischer und gestalterischer Arbeit verbinden. Schon während des Studiums an der Hochschule Düsseldorf kristallisierte sich diese Interpretation von Kommunikation im Raum als ein Alleinstellungsmerkmal der beiden heraus, wie Wirtz erzählt. Seine viel beachtete Masterarbeit „BTW“stellte eine dreidimensionale labyrinth-artige Schrift vor, die als modulares System durch unterschiedliche physikalische Prozesse in ihrem Innern quasi zum Leben erweckt werden kann.
Der Us-amerikanische Softwarekonzern Adobe fand das so gut, dass er Wirtz und Wiegand im Jahr 2017 zu seiner weltweit beachteten Messe Adobe Max in Las Vegas einlud, um den Schriftzug der Veranstaltung zu gestalten und ihn auf der Messe etwa auf einer riesigen Leinwand zeigen zu können. In ihrem kleinen Düsseldorfer Studio filmten die beiden, um die in der Schrift platzierte, glühende und funkensprühende Stahlwolle aufzunehmen. „Diese Einladung kam kurz nach unserer Studenten-zeit. Das haben wir mit viel Ehrfurcht, aber auch Euphorie aufgenommen“, sagt Wirtz.
Mehr und mehr zeigte sich, wie viel Resonanz diese Form des Designs mit Spezialeffekten bekam. Doch es dauerte bis zum vergangenen Jahr, bis die beiden sich entschlossen, ein Unternehmen zu gründen, um sich auch wirtschaftlich auf ihren speziellen Einfallsreichtum zu verlassen (ihre Firma hat ihren Sitz an der Ottweilerstraße in Derendorf ). Ein Auftrag kam zum Beispiel vom Tierfutterhersteller Mifuma. Über eine vibrierende Platte ließen Wirtz und Wiegand die Körnchen zur Musik Walzer tanzen oder sie aus gelegter Schrift und Piktogrammen in Klangfiguren wechseln.
Die Kanäle für ihre Marken- und Produktkommunikation sind vielfältig, sie reichen von Film über Foto bis zur Live-performance, wie etwa einst beim Open-source-festival. Neue Aufträge gab es zuletzt in der Corona-zeit allerdings wenige. „Für unseren aufwendigen Ansatz ist noch viel Überzeugungsarbeit bei den Kunden nötig“, sagt Frédéric Wiegand. Obwohl er auch feststelle, dass die Kampagnen immer schneller erstellt werden könnten, da der Fundus an Effekten und natürlich auch der Erfahrungsschatz wachse.
Und das soll auch so bleiben, so gibt es bei Aerosoap keinen Casual-, sondern einen Experimentier-freitag, zumindest, wenn es die Auftragslage zulässt. So erforschen die beiden Designer Wirtz und Wiegand weiter, wie gut sich eigentlich mit elektrisch durchströmtem Schleim Bilder oder mit Natrium Mini-explosionen herstellen lassen. „Oft fangen wir bei unseren Experimenten mit ganz normalen Produkten an, etwa mit Seife, daher auch unser Name“, sagt Thomas Wirtz, der sein Wissen mittlerweile auch an der Universität der Künste in Berlin und an der Hochschule Düsseldorf weitergibt.