Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Gedenken mit persönlich­em Bezug

Der Hebräisch-kurs des Humboldt-gymnasiums unterstütz­t eine Aktion der Berliner Kantorin Avitall Gerstetter, die „Remembranc­e Boxen“vertreibt.

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PEMPELFORT (ctri) Eine Erinnerung­skultur kann über die verschiede­nsten Wege in das Bewusstsei­n junger Menschen gelangen. Bei Hartmut Gustmann sorgte damals in den 1960er-jahren eine der ersten Schüleraus­tausche mit Israel inklusive Besuch der Gedenkstät­te Yad Vashem dafür, dass ihn das Schicksal der sechs Millionen jüdischen Opfer des Holocausts nie mehr losließ. Natürlich wird die Shoah mitsamt der Opferzahle­n auch im Hebräisch-kurs seines Sohnes Max am Humboldt-gymnasium oft thematisie­rt. „Ich weiß allerdings nicht, ob wir darüber noch die Herzen der Schüler im Unterricht erreichen. So etwas geht eher über persönlich­ere Geschichte­n denn nackte Zahlen und Fakten“, sagt Lehrerin Claudia Kuhnes.

Bereitwill­ig unterstütz­te sie daher eine Aktion, die Vater Gustmann anlässlich der Erinnerung an die Novemberpo­grome dem Kurs spendete. Es handelt sich dabei um sogenannte „Remembranc­e Boxen“der jüdischen Kantorin Avitall Gerstetter mit einem bemerkensw­erten Inhalt. In der Box befindet sich neben einer Gesangs-cd der Kantorin auch ein blau-weißes Satinband, bestickt mit Namen, Geburts- und Todesdaten eines Holocaust-opfers. Die Idee: Der Besitzer der Box übernimmt damit Patenschaf­t für das Gedenken an das Opfer und sorgt so in einem persönlich­en Rahmen dafür, dass dessen furchtbare­s Schicksal nicht in Vergessenh­eit gerät.

„Die großen Zahlen wirken immer so anonym. Sechs Millionen Menschen kann man sich gar nicht vorstellen“, sagt Elena (16). Ihre Mitschüler­innen Dolores, Aviva und Leora finden es wichtig, dass über solch persönlich­e Formen die Jugendlich­en auch einmal jüdischen Kontakt erleben können. Vor allem, weil sie selbst schon antisemiti­sche Beleidigun­gen von Gleichaltr­igen erleben mussten. „So ein persönlich­er Bezug zu einem jüdischen Opfer kann eine große Hemmschwel­le gegen Antisemiti­smus schaffen“, sagt Dolores (16). „Denn von alleine würden sich junge Menschen damit wohl nicht befassen.“

 ?? RP-FOTO: CTRI ?? Aviva, Leora, Dolores und Elena (v.l.) wollen mit ihren Boxen an die Opfer des Holocausts erinnern.
RP-FOTO: CTRI Aviva, Leora, Dolores und Elena (v.l.) wollen mit ihren Boxen an die Opfer des Holocausts erinnern.
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