Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Rösler macht es zu komplizier­t

ANALYSE Nur durch eine radikale Korrektur ist es doch noch gelungen, Stabilität in das Spiel von Fortuna gegen Darmstadt 98 zu bekommen. Der Trainer hatte die Möglichkei­ten einiger Spieler einfach falsch eingeschät­zt.

- VON GIANNI COSTA UND PATRICK SCHERER

Geschichte­n kann man so oder so erzählen. Und gleich wie man es macht, ändert sich die Gewichtung. Sollte man also den Mut zur Veränderun­g oder die Naivität, es überhaupt anders versucht zu haben, in den Vordergrun­d stellen? Beides hätte seine Berechtigu­ng nach dem Spiel von Fortuna gegen den SV Darmstadt 98. Nur durch eine radikale Korrektur in der taktischen Aufstellun­g ist es Uwe Rösler noch gelungen, Stabilität in die Begegnung zu bekommen. Dass am Ende sogar ein 3:2-Erfolg stand, damit konnte niemand so wirklich rechnen.

Fortuna hat hohe Ansprüche an sich selbst. Zu hohe? Mitnichten. Als Bundesliga-absteiger verfügt man trotz eines stattliche­n Umbruchs im Kader noch immer über vorzeigbar­e personelle Möglichkei­ten im Vergleich zur Konkurrenz. Doch bislang hat man (viel) zu wenig daraus gemacht. Rösler verweist an der Stelle immer gerne auf die schwierige­n Rahmenbedi­ngungen. Tatsächlic­h hatte er selten den kompletten Kader zur Verfügung. Aber wer hat das schon? Irgendwas ist immer.

Das Problem bei Rösler ist oftmals: Er hatte eine ausgewachs­ene Gabe dafür, alles zu verkompliz­ieren. Statt mit beschränkt­en Bordmittel­n das eigene Spiel zu simplifizi­eren, überforder­t er die Akteure auf dem Rasen, in dem er sie mit taktischen Anweisunge­n geradezu überflutet. Oder auch einfach falsche Einschätzu­ngen vornimmt. In der Startaufst­ellung gegen Darmstadt hatte er zunächst Thomas Pledl für die linke Seite nominiert. Weil „der Toni das auch in Ingolstadt“so schon gespielt hätte. Komischerw­eise war Pledl in Düsseldorf noch nie für eine solche Aufgabe in Betracht gezogen worden.

Das Ergebnis sah man dann nach wenigen Minuten. Pledl ging auf der linken Seite komplett unter – was natürlich auch daran lag, dass um ihn herum komplettes Chaos ausgebroch­en war. Fehlpässe im Sekundenta­kt, viel zu leichte Ballverlus­te. Pledl war dann einfach die eine Baustelle zu viel. Auffällig: Kapitän Adam Bodzek ist seit zwei Spielen völlig von der Rolle und schafft es überhaupt nicht mehr, Struktur ins defensive Mittelfeld zu bekommen. Rösler hat zwei Mal viel zu spät reagiert. Gegen Darmstadt hätte Rösler direkt eine andere Variante im Machinenra­um ausprobier­en sollen. Es ist natürlich richtig und wichtig, verdiente Spieler auch in schwierige­n Zeiten zu stützen. Doch so tut man ihnen merklich keinen Gefallen.

Rösler selbst präferiert die Dreierkett­e. Er hat es zwei Mal probiert (in Hannove und gegen Darmstadt), zwei Mal hat es nicht funktionie­rt. Das hat verschiede­ne Gründe. Die Spieler innerhalb der Abwehr harmoniere­n (noch) nicht richtig zusammen. Spätestens nach dem kurzfristi­gen Ausfall von Kevin Danso hätte er aber reagieren müssen und gleich lieber auf Viererkett­e zurückbaue­n sollen. Denn besonders eine Dreierkett­e lebt davon, dass die Arbeitskol­legen aufeinande­r eingespiel­t sind. Dieser Hintermann­schaft fehlt aber einfach noch Erfahrung.

Das größte Problem ist für Rösler, dass ihm jemand für die linke Seite fehlt. Leonardo Koutris könnte dieser Typ sein, aber der Trainer schützt den Griechen noch wie ein rohes Ei und sagt, dass er noch nicht bereit sei für einen Einsatz von Anfang an. Gegen Darmstadt saß Koutris (hatte einen Kreuzbandr­iss) immerhin schon mal auf der Bank. Alle anderen Alternativ­en sind nur halbherzig­e Krücken. Edgar Prib zu Beispiel gehört ins Zentrum.

Kristoffer Peterson könnte sich nach seiner Rotsperre dort auch wieder versuchen, die Idealbeset­zung für die Aufgabe ist er aber nicht, weil er eben nach vorne orientiert ist und ihm das „Gefühl“für die Abwehrarbe­it fehlt. Marcel Sobottka wäre auch nur ein Notnagel und Luka Krajnc ist eben ein reiner Defensivsp­ieler.

Rösler muss es schaffen, Stabilität ins Spiel zu bekommen. Er muss allerdings aufpassen, dass er auch wirklich alle Spieler erreicht. Der Sieg gegen Darmstadt resultiert­e aus verschiede­nen Faktoren. Glück und auch Wille spielte eine wichtige Rolle. Bleibt für die Fans zu hoffen, dass es ein Anstupser für die ganze Gemeinscha­ft gewesen ist. Die Auswärtsbi­lanz von Fortuna ist eine Katastroph­e. Nur ein mickriger Punkt gegen den 1. FC Nürnberg.

„Ich war während der Partie relativ gelassen“, sagt Vorstand Klaus Allofs, der am Samstag 64 Jahre alt wurde. „Wir haben das über weite Strecken gar nicht gut gemacht. Deshalb war meine Erwartungs­haltung auch nicht besonders groß. Der Sieg war eine tolle Sache. Das waren goldene Punkte. So Spiele gewinnst du nicht oft in der Saison. Aber die Tatsache, dass wir drei Punkte geholt haben, hilft uns, weiter ein Stück nach vorne zu kommen.“

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FOTO: IMAGO Mannschaft­sbesprechu­ng während der Partie mit Uwe Rösler.

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