Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Auch der Winter löst die Probleme in der Altstadt nicht
Rund 100 Jugendliche attackierten in der Nacht ein Polizeiauto. Die Behörden müssen das Sicherheitskonzept überprüfen. In Düsseldorf zeigen sich aber auch große Probleme des Corona-jahres.
Viele hatten geglaubt, dass sich mit Beginn der kalten Jahreszeit die Lage auf den Straßen von Düsseldorfs Ausgehviertel beruhigt. Die üblichen Partys in den Clubs und Kneipen sind wegen des Lockdowns sowieso gestrichen. Und die Treffen im Freien dürften bei Temperaturen um den Gefrierpunkt wenig attraktiv sein. So zumindest war die Annahme.
Das Wochenende hat gezeigt, dass es so einfach nicht ist. Die Altstadt ist ruhiger als in den Sommernächten, ruhig ist sie noch lange nicht. Als die Polizei einen Jugendlichen festnehmen wollte, der einen Ordnungsamtsmitarbeiter attackiert hatte, eskalierte in der Nacht zu Sonntag einmal mehr die Lage. Bis zu 100 Jugendliche mischten sich nach Polizeiangaben ein, forderten lautstark die Freilassung des Tatverdächtigen, einige traten gegen ein Polizeiauto.
Es ist genau so ein Vorfall, wie er im Sommer mehrfach für Schlagzeilen gesorgt hatte. Eigentlich kleine Polizeieinsätze sorgen für einen Massenauflauf von Jugendlichen, die offenbar auf Konfrontation aus sind und wohl auch einfach Unterhaltung suchen. Die Altstadtbesucher solidarisieren sich gegen die Sicherheitskräfte, die Polizei muss Verstärkung rufen. Brisante Lagen entstehen, in denen zuletzt auch häufiger Bierflaschen flogen. Im Vergleich zum Vorjahr hatte die Polizei im Sommer ihr Aufgebot mehr als verdoppelt – und das, obwohl die Altstadt schon immer ein Einsatzschwerpunkt war. Zwei Anwohnerinitiativen fordern mehr Hilfe von den Behörden.
Dahinter stecken einerseits große Probleme, die sich nicht von heute auf morgen lösen lassen.
Der Respekt gegen die Sicherheitskräfte ist zurückgegangen, für manche Jugendliche scheint das Kräftemessen mit Polizei und Ordnungsamt zum Ausgehvergnügen dazu zugehören. Das ist ein besorgniserregender Trend.
Dazu kommt, dass die üblichen Treffpunkte des Wochenendes weiterhin die Türen nicht öffnen dürfen. Dass Jugendliche über Monate komplett auf Kontakte verzichten, wäre mit Blick auf die Pandemie optimal, ist aber nicht realistisch. Wer sich nicht zu Hause treffen will oder kann, strömt in den öffentlichen Raum. Das schafft ungewohnte Abläufe – und offenbar auch Frust.
Die erneute Eskalation wirft aber auch die Frage auf, was vor Ort unternommen werden muss. Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU) will den Außendienst des Ordnungsamts stärken. Das ist gerade angesichts der vielfältigen Mehrbelastung durch Corona geboten. Stadt und Polizei müssen sich auch bald dazu verständigen, ob zum Beispiel mehr Betretungsverbote ausgesprochen werden müssen, um Täter über Wochen oder Monate sozusagen mit Hausverbot zu belegen. Wer sich auf den Straßen treffen will, darf das natürlich tun, so lange der Coronaschutz gewährleistet ist. Wer randaliert, sollte aber Konsequenzen fürchten müssen.
Ein Teil der Probleme wird sich hoffentlich erledigen, wenn das Virus besiegt ist und in der Altstadt wieder der normale Betrieb einkehren kann. Auch der hat seine Tücken, ist aber offenbar besser eingespielt. Auch viele Polizisten werden sich darauf freuen, wenn die Jugendlichen sich wieder in erster Linie auf den Tanzflächen abreagieren – und nicht auf der Straße.
Bericht