Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Ermittlungen nach Altstadt-randale
Die Ermittler arbeiten die Ereignisse vom Wochenende in der Altstadt auf. Offenbar eskalierte die Situation in wenigen Minuten. Der Chef der Polizeiinspektion sagt, die Ereignisse unterscheiden sich von ähnlichen Vorfällen im Sommer.
Nach der Randale am Samstag in der Altstadt wertet die Polizei Videos des Vorfalls aus. Derzeit wird gegen zwölf Jugendliche ermittelt.
ALTSTADT Zwei Tage nach dem eskalierten Polizeieinsatz in der Altstadt arbeiten Ermittler die Vorgänge auf. Die Polizei zeigt sich zuversichtlich, weitere der rund 100 Jugendlichen zu identifizieren, die eine Festnahme behindert und später einen Polizeiwagen bedrängt haben. Polizeieigene Videokameras, die in der Altstadt installiert sind, haben große Teile der Ereignisse aufgezeichnet. Bislang wird gegen zwölf Jugendliche ermittelt. Die Vorwürfe lauten auf Widerstand, Landfriedensbruch, Gefangenenbefreiung, Nötigung und Sachbeschädigung.
Die Videobilder zeigen, wie die Lage beim Abtransport eines Festgenommenen eskalierte. Die Polizisten wollten durch Hunsrückenstraße und Neustraße zur Altstadtwache an der Heinrich-heine-allee gelangen. Rund 50 Jugendliche verfolgten den Wagen auf seiner Fahrt durch die Fußgängerzone. Die Bilder zeigen nach Ermittlerangaben, dass sie gegen das Fahrzeug schlugen und traten. Einer legte sich auf die Straße, um die Polizei an der Weiterfahrt zu hindern, ein anderer posierte auf der Motorhaube. Mehrfach wurde versucht, die Türen zu öffnen. Viele sollen mit dem Handy gefilmt haben.
Auf eine körperliche Konfrontation legten sie es offenbar nicht an: Als ein Polizist ausstieg, traten die Jugendlichen nach Ermittlerangaben die Flucht an. Das Geschehen dauerte nur wenige Minuten. Schnell traf Verstärkung ein, die Polizei zog Einheiten aus der gesamten Stadt zusammen. Elf Randalierer im Alter von 15 bis 17 Jahren wurden bislang festgenommen oder ermittelt.
Auslöser war offenbar eine Routinekontrolle des Ordnungsamts-außendiensts OSD gegen 19.30 Uhr gewesen. Ein 16-Jähriger soll sich nicht an die Regeln zum Coronaschutz gehalten haben und wurde bei der Kontrolle handgreiflich. Sofort umringten andere Jugendliche die Ordnungskräfte.
Zur Herkunft der Tatverdächtigen macht die Polizei keine Angaben. Die Identität eines Großteils der beteiligten Jugendlichen ist ohnehin nicht geklärt, da sie bislang unerkannt entkommen sind. Aus Ermittlerkreisen heißt es aber, nahezu alle der Festgenommen hätten einen ausländischen Pass oder Migrationshintergrund. Der zuerst festgenommene Jugendliche ist ghanaischer Staatsbürger.
Bereits im Sommer war zunehmende Aggression in der Altstadt ein Thema gewesen. Polizei und Ordnungsamt sowie zwei Bürgerinitiativen beklagten, dass sich Gruppen im Freien trafen und teilweise durch enormes Aggressionspotenzial auffielen. Bei Kontrollen und Festnahmen solidarisierten sich ebenfalls viele Umstehende, teilweise flogen sogar Bierflaschen.
Der Leiter der zuständigen Polizeiinspektion Mitte, Thorsten Fleiß, sieht Anzeichen dafür, dass die Ereignisse am Samstag nicht in das
Muster passen. Im Sommer handelte es sich nach seinen Angaben hauptsächlich um Heranwachsende, die älter als 18 oder 20 Jahre waren. Dazu fiel auf, dass sie aus dem gesamten Ruhrgebiet angereist waren.
Die Tatverdächtigen vom Wochenende sind jünger und wohnen in Düsseldorf. Fleiß verweist außerdem darauf, dass sich der Vorfall bereits am frühen Abend ereignete. Im Sommer war die Lage vor allem in der Nacht brenzlig geworden.
Die Vorfälle zeigen, dass die Altstadt trotz der geschlossenen Bars und Clubs weiter Treffpunkt ist.
Beliebt ist etwa der klassische Versammlungspunkt am Ausgang des U-bahnhofs vor Mcdonald’s, wo auch das Geschehen am Samstag seinen Ausgang nahm. Offenbar versammeln sich die Jugendlichen trotz der Kälte im Freien, wohl mangels Alternativen durch den Lockdown. Altstadtkenner berichten, dass sie sich bei Regen in Unterführungen etwa am Grabbeplatz unterstellen. Hinweise auf illegale Gaststättenöffnungen im größeren Stil liegen den Behörden nicht vor.
Inspektionsleiter Fleiß kündigt an, dass die Polizei reagieren wird. Im Sommer war sie mit deutlich mehr Kräften als üblich in der Altstadt präsent gewesen. Mit dem Start des Lockdowns war die Personalstärke zurückgefahren worden.
Fleiß kündigt an, dass an den kommenden Adventswochenenden wieder mehr Beamte im Einsatz sein werden. „Wir werden das Kräftepotenzial anpassen.“Darüber hinaus dürften Stadtverwaltung und Polizei den Austausch suchen. Ohnehin geplant ist ein Ausbau der Videoüberwachung durch eine Kamera am Grabbeplatz.
Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU) verurteilt die Vorfälle. „Die völlige Respektlosigkeit und Gewaltbereitschaft, die diese Jugendlichen den Einsatzkräften von Polizei und OSD gegenüber gezeigt haben, ist nicht zu akzeptieren“, sagt Keller. Polizei und OSD seien bereits verstärkt präsent.
Die Kontrollen seien trotz Schließung der Gastronomie beibehalten worden. „Darüber hinaus stehen wir in engem Kontakt mit der Polizei, wie wir uns noch besser aufstellen können, um diese Art illegaler Open-air-partys beziehungsweise Treffen mit zu großen Ansammlungen noch frühzeitiger unterbinden zu können.“