Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Samen Ilbertz ist nun ein Nussknacker-haus
Das markante Ladenlokal am Rathaus hat einen neuen Mieter. Jens Löwcke verkauft Souvenirs, Kuckucksuhren und Porzellan.
ALTSTADT Die Idee, das Kunsthandwerks- und Souvenirgeschäft am Marktplatz zu übernehmen, entstand aus einer Bierlaune heraus. Vor einigen Jahren fand Immobilienmakler Jens Löwcke (40), dass es Zeit wäre, sich beruflich zu verändern. Als er Heinz Gerd Steiner bei einer geselligen Zusammenkunft traf, bot er ihm an, das Geschäft zu übernehmen, sollte er es verkaufen wollen. „Ich fand den Gedanken gut, einen schönen Laden zu haben, der vielen Menschen Freude bringt“, erinnert sich Löwcke.
„Das werde ich nie machen, sagte Steiner da allerdings noch“, erzählt der ehemalige Immobilienmakler und Fortuna-fan. Vor drei Jahren kam es dann doch zu der Übernahme. Zuvor ging der Düsseldorfer allerdings erst mal eine Weile zu Steiner in die „Lehre“, schließlich wollte er alles über seine außergewöhnlichen Waren erfahren. Jetzt verkauft der 40-Jährige nicht nur Souvenirs, sondern auch Kuckucksuhren aus dem Schwarzwald, Nussknacker und Räuchermännchen, Weihnachts-pyramiden, Schwibbögen und auch Göbel-porzellan und Disney-produkte.
„Es ist mir wichtig, dass alles handgemacht ist und aus Deutschland kommt. Da unterscheide ich mich von den großen Warenhäusern. Mit meinen Nussknackern kann man wirklich noch Nüsse knacken“, betont der gebürtige Düsseldorfer. Gerade erst ist Löwcke in die alten Räumlichkeiten von Samen Böhmann-ilbertz gezogen.
„Die Miete in unserem alten Ladenlokal, das direkt nebenan lag, konnte ich wegen der Corona-krise einfach nicht mehr bezahlen. Im April hatte ich 98 Prozent Umsatzeinbuße, im Mai 75 Prozent. Erst jetzt zur Weihnachtszeit wird es etwas besser“, sagt Löwcke. Die Vermieterin sei nicht bereit gewesen, die Miete zu mindern, stattdessen sei sie sogar erhöht worden, was bei Löwcke zu Unverständnis führt. „Wir müssen gerade alle Federn lassen, auch die Vermieter. Die sind aber leider oft nicht dazu bereit.“
Eine befürchtete Schließung konnte Löwcke durch seinen Umzug und ein wenig Glück vermeiden. „Wir haben Sabine Ilbertz, Ex-venetia und Enkelin des Geschäftsgründers Theo Ilbertz, bei einer Veranstaltung der KG Regenbogen getroffen. Sie erzählte uns, dass die Samenhandlung schließt und das Haus umgebaut werden soll.“Die Gelegenheit ließ sich Löwcke nicht entgehen und erzählte Ilbertz, dass er einen Ort für einen Pop-up-store suche. Aus dem Pop-up-store wurde etwas Längerfristiges, und alle sind glücklich damit.
„Für die Familie war es wichtig, dass keine Kette oder ein Kiosk einzieht. Und so bleibt auch ein Stück Tradition am Marktplatz erhalten“, sagt Löwcke. Das Schild der Samenhandlung hängt noch am Haus, da es denkmalgeschützt ist. „Und manchmal kommen Kunden, die Vogelfutter oder ein Vogelhäuschen kaufen wollen“, sagt er.
Das Jahr war schwer für Löwcke. Das Souvenirgeschäft ging so gut wie gar nicht, denn die Touristen blieben aus. Es gibt keinen Weihnachtsmarkt. Die üblichen Stadtfeste haben nicht stattgefunden. „Das ist für uns katastrophal. Jetzt haben auch die Gaststätten wieder geschlossen, und kaum einer verirrt sich hier in die Gegend. Es gibt Tage, da könnten wir „Zu verschenken!“draußen dranschreiben, und keiner würde es lesen“, bedauert er.
Das Vorweihnachtsgeschäft hat ein wenig Aufschwung gebracht, ist aber weit vom Niveau der Vorjahre entfernt. Der Unternehmer hat seinen beruflichen Wechsel aber nie bereut. „Es macht mir Spaß, schöne Dinge zu verkaufen, und ich glaube fest daran, dass es wieder besser wird. Und dann kommen hoffentlich die Düsseldorfer wieder in die Innenstadt und kaufen lokal ein. Davon profitieren alle.“