Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Nrw-ermittler enttarnen Betrüger-clan in Izmir
Libanesen aus Nordrhein-westfalen brachten von der Türkei aus deutsche Senioren um ihr Vermögen. Die Beute fällt wohl an den türkischen Staat.
Dem Landeskriminalamt (LKA) in Nordrhein-westfalen ist der bisher größte Schlag gegen kriminelle arabische Familienclans und die Betrugsmasche „Falsche Polizisten“gelungen. Ein Anfang Dezember in der Türkei ausgehobenes Callcenter, von dem aus Betrüger deutsche Senioren angerufen hatten, wurde von Angehörigen eines libanesischen Clans geführt. Wie das LKA unserer Redaktion mitteilte, stammten dessen Mitglieder aus Nordrhein-westfalen.
„In diesem Callcenter sind die Drahtzieher Clan-angehörige. Sie haben zuvor hier in Deutschland gelebt und sind wegen Straftaten ausgewiesen worden. In der Türkei haben sie sich niedergelassen“, sagte Thomas Jungbluth, Kriminaldirektor beim LKA für organisierte Kriminalität. „Sie organisieren dieses Geschäft mit falschen Polizisten von der Türkei aus. Von dort rufen sie die Senioren in Deutschland an.“
Bei Durchsuchungen in zwei Callcentern am 2. Dezember in der westtürkischen Stadt Izmir wurde Beute im Wert von rund 105 Millionen Euro sichergestellt, darunter Dokumente zu Immobilien, Schmuck, Bargeld und Luxusautos. Die türkischen Behörden waren auf Initiative der Münchner Polizei und der Nrw-ermittler tätig geworden; Letztere hatten jahrelang in dem Fall ermittelt. Die Staatsanwaltschaften München, Heilbronn und Düsseldorf hatten um Rechtshilfe gebeten.
„Wir haben das Gesuch gestellt, weil die Haupttäter in der Türkei lebten und wir nicht anders an sie herankamen“, sagte der zuständige Düsseldorfer Staatsanwalt Julius Sterzel. Die Zusammenarbeit war komplex und teuer: Allein 60.000 Euro kosteten die Übersetzungen für die jeweiligen Behörden.
Bei der Masche „Falscher Polizist“versuchen die Betrüger, ihre Opfer unter verschiedenen Vorwänden am Telefon dazu zu bringen, Geld- und Wertgegenstände an einen Unbekannten zu übergeben, der sich ebenfalls als Polizist ausgibt. „Seit den Durchsuchungen im Callcenter hat es hier in Nordrhein-westfalen so gut wie keine solchen Anrufe mehr gegeben. Wir haben jedenfalls vorerst diesen Sumpf trockengelegt“, sagte Wolfgang Hermanns, Leitender Kriminaldirektor beim LKA für strategische Kriminalitätsbekämpfung. Das bedeute aber nicht, dass man jetzt bei der Prävention nachlassen dürfe.
Das beschlagnahmte Geld stammt mutmaßlich von deutschen Senioren, die am Telefon auf die Betrugsmasche hereingefallen waren. Wie das Landeskriminalamt mitteilte, ist es trotz des Ermittlungserfolgs allerdings so gut wie ausgeschlossen, dass die Geschädigten ihr Geld zurückbekommen. „Das ist ärgerlich. Aber das ist so. Die Konsequenz daraus kann aber nicht sein, dass wir solchen Sachen nicht mehr nachgehen“, sagte Jungbluth.
Aus Justizkreisen hieß es: „Die Türkei reagiert in solchen Fällen sehr formal.“Meist erkenne der Staat im Abschöpfungsrecht keinen Werteersatz, sondern handle nach dem Grundsatz: „Wenn diese Uhr konkret aus der Tat stammt, dann könnte sie zurückgeführt werden. Bei Schmuck mag das noch gehen. Aber bei Geld ist der Nachweis fast unmöglich.“Geschädigte können zwar zivilrechtlich gegen diese Praxis vorgehen und versuchen, das Geld in der Türkei einzuklagen. Experten stufen die Aussichten aber als schlecht ein.
Auch Shisha-bars spielten bei den Ermittlungen eine Rolle. „Wir haben festgestellt, dass dort entsprechende Geschäfte gemacht wurden. So konnte man dort Spenden für die sogenannten Abholer abgeben, also für diejenigen, die das Geld bei den Opfern einsammeln“, sagte der zuständige Einsatzleiter beim LKA.