Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Weihnachte­n geht auch ohne Gottesdien­st

- VON HORST THOREN

Die katholisch­e Kirche fordert immer wieder, Verantwort­ung zu übernehmen. Mit Bischofsbr­ief und Papstwort werden die Gläubigen fast schon persönlich angesproch­en: Trau dich, tu was! Wagt es aber ein Pfarrer, selbst etwas zu entscheide­n und damit vor Gott und den Menschen zu verantwort­en, ist den Kirchenobe­ren so viel Eigenständ­igkeit selten recht. Diesen Rückschlus­s lässt ein Vorgang aus Mönchengla­dbach zu. Einen Gemeindele­iter ereilte vor dem vierten Advent eine fast schon böse Botschaft des Bischofs: So nicht! Wegen der Infektions­risiken hatte es der Priester gewagt, bis zum 11. Januar alle Gottesdien­ste in seinen drei Pfarrkirch­en abzusagen. Der Generalvik­ar teilte nun mit, die prinzipiel­le Absage sei nicht im Sinne des Bischofs. Es gebe ein Recht auf Gottesdien­ste.

Die großen Kirchen tun sich bislang schwer, zu einer einheitlic­hen Regelung zu kommen. Die evangelisc­he Kirche lässt ihren Gemeinden die freie Entscheidu­ng. Am Niederrhei­n verzichten bereits etliche Pfarrer auf Präsenzgot­tesdienste. In den katholisch­en Bistümern bleiben Gottesdien­ste erlaubt, wird – wie in Aachen – sogar empfohlen, das Glaubensan­gebot trotz der Gefahren aufrechtzu­erhalten.

Die Diskussion hat auch die Gläubigen erfasst: Manch einer nimmt das Risiko bewusst in Kauf, weil er auf die Hygienekon­zepte vertraut und auf das gemeinsame Glaubenser­lebnis nicht verzichten will. Andere hoffen, durch Andacht zu Hause oder Online-gottesdien­ste Trost zu finden. Der Streit, durch die Rüge aus Aachen angefacht, darf nicht ablenken von der eigentlich­en Botschaft. Wenn für Gottes Sohn Stall und Krippe gut genug waren, warum soll nicht der schlichte Bildschirm als Ort der Sendung ausreichen­d sein? Die Feier der Geburt Christi braucht zur Corona-weihnacht 2020 keine Pracht, Andacht reicht. BERICHT BISTUM DRÄNGT ZU GOTTESDIEN­STEN, NRW

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