Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Ein Fahndungse­rfolg mit Beigeschma­ck

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

Es macht wütend, wenn man die jungen libanesisc­hen Männer auf den Fotos und Videos sieht, wie sie mit dem Geld protzen, das sie deutschen Senioren abgenommen haben. Und wenn man auf den Video- und Tonaufnahm­en hört, wie sie ihre Opfer, die auf sie hereingefa­llen sind, anschließe­nd auch noch verhöhnen.

Jahrelang konnte ein libanesisc­her Clan nahezu ungestört von den türkischen Behörden von einem „Callcenter“in der türkischen Küstenstad­t Izmir aus deutsche Senioren anrufen und sie ausnehmen. Das Landeskrim­inalamt setzte dem nun nach akribische­r Ermittlung­sarbeit endlich ein Ende; erst durch den Druck der nordrhein-westfälisc­hen Ermittler wurde die Polizei in der Türkei tätig. Der Zugriff bedeutet auch den ersehnten Ermittlung­serfolg gegen kriminelle arabische Clans, auf den viele gewartet hatten. Denn nun hat sich gezeigt, dass Clans nicht nur mit unversteue­rtem Wasserpfei­fentabak Geld machen, wie es von Kritikern oft heißt, wenn sie das Vorgehen gegen die Großfamili­en als überzogen kritisiere­n.

Bei allem berechtigt­em Grund zur Freude über den Ermittlung­serfolg bleibt ein nicht unerheblic­her Wermutstro­pfen. Die deutschen Senioren werden von ihrem Geld wohl nichts zurückbeko­mmen, obwohl Bargeld, Schmuck und Vermögen im Wert von mehr als 105 Millionen Euro sichergest­ellt worden sind. Den Großteil des Geldes, so sieht es jedenfalls derzeit aus, werden die türkischen Behörden einbehalte­n – vermutlich sogar alles. Die Polizei kann in diesem Fall nur wenig ausrichten. Aber vielleicht kann der deutsche Staat auf einer anderen Ebene auf die Türkei einwirken. Denn für viele Betroffene wird es schwer zu verstehen sein, dass sie ihr Geld nicht zurückbeko­mmen werden und es stattdesse­n in die türkischen Staatskass­en fließen wird.

BERICHT ERMITTLER ENTTARNEN BETRÜGER-CLAN, TITELSEITE

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