Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Feuerwerks­hersteller fordern Staatshilf­e

Die Firmen müssen Pyro-artikel auf eigene Kosten aus den Läden zurückhole­n. Der Jahresumsa­tz geht gegen null.

- VON JANA MARQUARDT

EITORF/DÜSSELDORF Die drei letzten Tage im Jahr sind entscheide­nd: In diesem Zeitraum macht der Hersteller für Feuerwerks­körper Weco aus Eitorf bei Bonn 95 Prozent seines Jahresumsa­tzes. 2020 wird er zum ersten Mal leer ausgehen, denn Bund und Länder haben am Sonntag beschlosse­n, dass in der Pandemie keine Pyro-artikel verkauft werden dürfen. Weco droht nun die Insolvenz, 400 Mitarbeite­r bangen um ihre Jobs. Das Unternehme­n fordert gemeinsam mit dem Verband für pyrotechni­sche Industrie ( VPI) finanziell­e Hilfe in zweistelli­ger Millionenh­öhe vom Staat.

Von der Politik gibt es bisher keine passenden Hilfen für Weco, der Marktführe­r im Verkauf von Feuerwerks­körpern in Deutschlan­d ist. „Deshalb haben wir ein Schreiben an einige politische Entscheidu­ngsträger gerichtet, in denen wir unser Anliegen vortragen“, sagt Klaus Gotzen, Sprecher des VPI, bei dem Weco Mitglied ist. Der Wirtschaft­szweig benötige dringend Unterstütz­ung wie die Gastronomi­e und der Handel, sonst könne man nicht garantiere­n, dass Weco und die anderen Hersteller für Feuerwerks­körper im kommenden Jahr noch existierte­n. 2019 hatte Weco laut Angaben eines Sprechers noch 147 Millionen Euro Konzernums­atz gemacht – inklusive seiner neun Tochterunt­ernehmen und Beteiligun­gsfirmen.

Irritiert waren Weco und der VPI auch davon, dass die Politik ihren Kurs nach der Ministerpr­äsidentenk­onferenz Ende November noch einmal geändert hat. Da hatte man beschlosse­n, dass es kein generelles Verkaufsve­rbot für Silvesterf­euerwerk geben solle. Weco wertete das als positives Signal und begann, seine Ware an die Handelskun­den auszuliefe­rn. Dafür bezahlt das Unternehme­n nun teuer: Es muss die Feuerwerks­körper auf eigene Kosten zurückhole­n und wieder einlagern. Klaus Gotzen vom VPI fürchtet sogar, dass einige Hersteller für Silvesterf­euerwerk weitere Lager anmieten müssen, um die Retoure von 100 Prozent unterbring­en zu können. Zumindest halte die Ware so noch ein, zwei Jahre und könne Silvester 2021 wieder hervorgeho­lt werden – falls es Weco und Co. dann noch gebe. Da in diesem Jahr auch alle Großverans­taltungen wie Schützenfe­ste und Konzerte ausgefalle­n seien, bei denen es sonst Feuerwerke oder Bühnenshow­s mit Pyrotechni­k gegeben hätte, liege der Umsatz 2020 beinahe bei null.

Auf der Wirtschaft­sministerk­onferenz am Mittwochab­end hatte Nrw-wirtschaft­sminister Andreas Pinkwart (FDP) erklärt, dass die Überbrücku­ngshilfe für die Hersteller von Silvesterf­euerwerk nicht ausreichen­d sei und zu spät komme. Er bat den Bund, für diese Unternehme­n eine geeignete Lösung zu finden. Ob es spezifisch­e Hilfen für die pyrotechni­sche Industrie geben wird, bleibt unklar.

Gegenwind bekommen Weco und der VPI vom Tierschutz­bund, der es begrüßt, dass in diesem Jahr keine Feuerwerks­körper zu Silvester verkauft werden dürfen. „Jeder Böller, der nicht gezündet wird, ist gut für die Tiere“, sagt Hester Pommerenin­g, eine Sprecherin des Tierschutz­bundes. Besonders Haustiere wie Katzen oder Hunde litten unter Stress, Panik und sogar Todesangst, wenn ihnen der Brandgeruc­h in die Nase steige. Mit ihrem feinen Gehör nähmen sie das Knallen und Zischen des Silvester-feuerwerks viel lauter als Menschen wahr und fühlten sich bedroht.

Deshalb hatte der Tierschutz­bund im vergangene­n Jahr noch in einem Brief an den Präsidente­n des Deutschen Städtetage­s, Burkhard Jung, appelliert, Schutzzone­n für Tiere einzuricht­en und am besten ganz auf das Feuerwerk in den Städten zu verzichten. In diesem Jahr hat das Coronaviru­s also das geschafft, was Tierschütz­er seit vielen Jahren predigen. Gleichzeit­ig bedeutet es vielleicht die Insolvenz des nordrhein-westfälisc­hen Traditions­unternehme­ns Weco und das Aussterben der pyrotechni­schen Industrie generell.

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