Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Wenn die Novemberhi­lfe nicht hilft

Obwohl zahlreiche Unternehme­n auch schon von den Auswirkung­en des Lockdowns im November hart getroffen wurden, haben sie keinerlei Anspruch auf Erstattung ihrer Umsatzverl­uste.

- VON ALEXANDER ESCH

DÜSSELDORF Als im November Restaurant­s und Hotels in den nächsten Lockdown geschickt wurden, hat es auch den Wäschedien­st Heinze voll erwischt. Der fast 40 Jahre alte Betrieb an der Ulmenstraß­e durfte zwar weiter öffnen, doch ein großer Teil der Kundschaft fehlte von einem Tag auf den anderen. „60 Prozent unserer Umsätze machen wir mit Gastronomi­e, Hotels und Events“, sagt Inhaber Wolfgang Heinze. Doch während die Unternehme­n in diesen Branchen Anspruch auf die Erstattung von 75 Prozent ihrer Umsätze haben, geht die sogenannte Novemberhi­lfe an Heinze vorbei.

„Das ist ein großes Ärgernis und eine Ungerechti­gkeit. Ich zahle für diese Krise“, sagt der 62-Jährige. Zwar haben zum Teil auch Unternehme­n Anspruch auf die Novemberhi­lfe, die im Zuge der neuen Corona-schutzvero­rdnung nicht schließen mussten. Aber die Hürden sind hoch. Heinze müsste der Regelung zufolge mindestens 80 Prozent seiner Umsätze mit direkt von den Schließung­en betroffene­n Unternehme­n erzielen. Dann hätte er Anrecht auf volle Unterstütz­ungsleistu­ngen. Mit rund 60 Prozent Umsatzeinb­ruch hat er jedoch keinerlei Anspruch auf Erstattung. „Wir fallen einfach durchs Raster.“

Mit „wir“meint er seine noch verblieben­en 16 Mitarbeite­r, zwei Stellen hat er schon abgebaut. Auch er selbst ist ganz direkt betroffen. „Als Inhaber einer Personenge­sellschaft bekomme ich kein Gehalt, sondern lebe davon, was als Gewinn übrig bleibt. Und in Kurzarbeit schicken kann ich mich nicht.“Für Heinze heißt das, dass er von Rücklagen leben muss. „Ich bin darüber nicht glücklich, aber ich werde die Krise überstehen.“Immerhin gehören Ärzte und Labore für Corona-tests zu den Kunden seines Lieferdien­stes, während die Umsätze für die Vip-logen bei Fortuna schon länger wegfallen.

Mit seinem Problem ist Heinze nicht allein. Es gibt viele indirekt vom Lockdown betroffene Unternehme­n, die durch das Hilfsnetz rutschen. Die Kosmetiker­in Myriam Cammarata von Let's Beauty an der Jägerstraß­e zählt dazu. „Hier passiert großes Unrecht“, sagt sie. Kosmetik-studios haben in Bezug auf die Novemberhi­lfe das Problem, dass sie mit Fußpflege und Verkauf von Produkten oft mehr als 20 Prozent ihres Umsatzes erzielen. Bei ihr seien es im November vergangene­n Jahres 21,24 Prozent gewesen, eigentlich zu viel für Novemberhi­lfe. Sie habe über ihren Steuerbera­ter dennoch einen Antrag gestellt und eine Abschlagsz­ahlung erhalten. „Bleibt abzuwarten, ob ich zurückzahl­en muss. Wer soll bei dem Wirrwarr noch durchblick­en?“

Die Not mancher Betriebe kann Alexander Konrad, Sprecher der Düsseldorf­er Handwerksk­ammer, nachvollzi­ehen. Junge Unternehme­n seien besonders betroffen, da ihnen oft Rücklagen fehlten. Die Kammer sei im Gespräch mit der Politik. „Wir lassen da nicht locker.“Eine Lösung könne sein, gleitende Übergänge zu vereinbare­n, so dass nicht weiterhin die harte Grenze von 80 Prozent gelte.

Das hält auch Carsten Nicklaus, stellvertr­etender Vorsitzend­er des Steuerbera­terverband­s Düsseldorf, für eine mögliche Gangart. Er macht noch einen weiteren Vorschlag. „Es sollten Sonderantr­äge möglich sein, wenn Unternehme­n besonders hart erwischt wurden und kein Hilfssyste­m greift.“Allerdings gebe es bislang kein Signal von Bund oder Land, dass das initiativ erfolgreic­h sein könnte. Zumindest aber sollte aus seiner Sicht eine Stelle eingericht­et werden, an die sich Betroffene wenden können.

Sein Rat an die Steuerbera­ter-kollegen, die zurzeit einer „erhebliche­n Mehrbelast­ung“ausgesetzt seien: Bei der Antragsste­llung im Zweifel für das Unternehme­n entscheide­n und das genau begründen und dokumentie­ren. „Da ist man sonst schnell beim Vorwurf des Subvention­sbetrugs.“Und wer kein Anrecht auf Novemberhi­lfen habe, solle zumindest prüfen, ob Überbrücku­ngshilfen möglich sind, die bei bestimmten Umsatzeinb­ußen die Fixkosten ersetzen.

Nicklaus zeigt aber auch Verständni­s für die Politik, da sie schlicht Förderkrit­erien habe festlegen müssen, um Mitnahmeef­fekte zu verhindern. Allerdings komme es bei der Novemberhi­lfe auf der anderen Seite zu einer Überkompen­sation, wenn etwa das Take-away-geschäft von Mcdonald's oder Starbucks stark profitiere, da es nicht gegengerec­hnet werden müsse.

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RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Wolfgang Heinze in seiner Wäscherei an der Ulmenstraß­e: Ihm fehlen die Kunden, Novemberhi­lfe bekommt er jedoch nicht.

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