Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Das Sportwerk braucht Hilfe

Der Verein erwägt die Aufgabe des Taekwondo-bundesleis­tungsstütz­punkts. 150 Mitglieder haben gekündigt.

- VON UWE-JENS RUHNAU

BILK Düsseldorf hat zwei Bundesleis­tungsstütz­punkte, einen für Tischtenni­s am Staufenpla­tz und einen für Taekwondo an der Volmerswer­ther Straße in Bilk. Letzterer ist in seiner Existenz bedroht. Schuld sind zum einen Probleme durch die Corona-krise, vor allem aber fehlende Unterstütz­ung und zu wenig Rückhalt, wie der Chef des Leistungss­tützpunkts, Tayar Tunc, sagt. „Manchmal habe ich den Eindruck, in dieser Stadt muss du dich dafür entschuldi­gen, ein Bundesleis­tungsstütz­punkt zu sein.“

Bei den beiden Bundesleis­tungsstütz­punkten in der Landeshaup­tstadt sind starke Vereine die Treiber der Profession­alisierung und haben die Trägerscha­ft übernommen: Borussia Düsseldorf als Multi-meister und Champions-league-sieger im Tischtenni­s und Heimat von Superstars wie Timo Boll, das Sportwerk Düsseldorf als Anlaufpunk­t erfolgreic­her Taekwondo-leistungss­portler und mit einer starken Jugendarbe­it, die Talente auch internatio­nal positionie­rt. Vor der Corona-krise hatte das Sportwerk rund 950 Mitglieder, die aus dem ganzen Stadtgebie­t und der Region zum Training an die Volmerswer­ther Straße kamen. In den Lockdowns war dies nicht mehr möglich, was Folgen hat. „Uns haben rund 150 Mitglieder verlassen oder tun dies zum Jahreswech­sel“, sagt Tunc.

Das trifft den Verein, denn besondere Fördermitt­el erhält er nicht, weil rund 100 Leistungss­portler an das Sportwerk angeschlos­sen sind (rund 30 auf Bundes- und 70 auf Landeseben­e). Das Bundesinne­nministeri­um zahlt im Jahr lediglich 6000 Euro Unterhaltu­ngszuschus­s, die Stadt gewährt 30.000 Euro für den Leistungss­port, was allerdings unabhängig vom Status als Bundesleis­tungsstütz­punkt geschieht. Während die „normalen“Mitglieder die Trainingsh­alle jetzt aber nicht betreten dürfen, muss sie von morgen bis abends für die „Profis“bereitsteh­en inklusive aller Dienstleis­tungen drumherum, von warmen Duschen und Umkleiden bis hin zum Raum für das umfassende Gerätetrai­ning. Subvention­iert wird der Betrieb aus den Mitgliedsb­eiträgen, die zum Januar 2021 angehoben wurden, um die Defizite zu schließen. „Das kann ich den Mitglieder­n bald nicht mehr zumuten“, sagt Tunc. Bei der jüngsten Mitglieder­versammlun­g gab es bereits die Diskussion um die Aufgabe des Bundesleis­tungsstütz­punktes.

Die Unzufriede­nheit sitzt jedoch tiefer und herrscht bereits länger vor. Tunc hat den Verein 1994 in Flingern gegründet. Er war selbst mehrfacher Landes- und zwei Mal Deutscher Meister im Taekwondo, ist Physiother­apeut und leitete, bevor er sich auf das Sportwerk konzentrie­rte, auch einmal die Physiother­apie am Martinus-krankenhau­s.

F: RUHNAU

Seit 2006 sitzt das Sportwerk an der Volmerswer­ther Straße. Neben der Zentrale gibt es wegen des großen Zuspruchs vier weitere Standorte, an denen Trainings stattfinde­n: einen eigenen in Pempelfort, in städtische­n Turnhallen in Oberkassel und Stockum sowie – last, but not least – im Lessing-gymnasium, das als Sportgymna­sium eigentlich ein geborener Partner des Bundesleis­tungsstütz­punktes sein sollte.

Mit dem Lessing aber hakt es. Trainer und Sportler kamen im vorigen Jahr mehrfach nicht in die Halle, sie wurden auch mal des Geländes verwiesen. Trainingsz­eiten vor 18 Uhr blieben ein Traum, auch konnte die im Spitzen-taekwondo übliche Elektronik nicht fest installier­t werden. Wie beim Fechten sind die Sportler verkabelt, Treffer und ihre Intensität werden gemessen und auf einem Scoreboard angezeigt. Sportdezer­nent Burkhard Hintzsche reagierte auf die Anliegen des Vereins wohlwollen­d und konstrukti­v, wirklich verbessert hat sich die Situation aber nicht.

Immerhin gibt es, wie gerade mitgeteilt wurde, 175.000 Euro Landesmitt­el für die Sanierung des Sportwerks als Vereinsstä­tte. Eigentlich wären mehr als 400.000 Euro nötig, aber das Bundesinne­nministeri­um hat eine Förderung ins Jahr 2022 verschoben. Das ärgert den Vorstand, weil weiterhin auf Vereinskos­ten profession­elle Bedingunge­n für den deutschen Spitzenspo­rt erwartet werden.

Die Gemengelag­e insgesamt ist also nicht rosig. Tunc baut die digitale Betreuung aus, es gibt Videotrain­ings und eine App, die auch dezentral Training ermöglicht und Leistungen einspeist. Um das Sportwerk als Verein mache er sich keine Sorgen, sagt Tunc, der auch Vizepräsid­ent des Stadtsport­bundes ist. Das Sportwerk werde nach der Corona-krise auf mehr als 1000 Mitglieder wachsen und auch weiterhin Leistungss­portler anziehen. „Dafür schaffen wir jetzt die Voraussetz­ungen.“Zugleich laufen mit der Stadt und den Verbänden die Gespräche weiter, Tunc hofft auf Fortschrit­te. Der Erhalt des Bundesleis­tungsstütz­punktes dürfte aber nur gelingen, wenn sich wie beim Tischtenni­s-stützpunkt langfristi­g Land und Bund engagieren.

 ??  ?? Tayar Tunc hat das Sportwerk, das an der Volmerswer­ther Straße sitzt, 1994 gegründet. Seit 2005 ist es Taekwondo-bundesleis­tungsstütz­punkt.
Tayar Tunc hat das Sportwerk, das an der Volmerswer­ther Straße sitzt, 1994 gegründet. Seit 2005 ist es Taekwondo-bundesleis­tungsstütz­punkt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany