Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Mehr Kupfer in die Küche

Für Enthusiast­en sind Töpfe aus dem rötlichen Metall der Superlativ unter den Kochgeschi­rren. Reine Kupfertöpf­e wirken auf manche Zutaten sogar wie Magie.

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Das alles hat seinen Preis: Ein großer Bratentopf mit 28 Zentimeter­n Durchmesse­r und acht Litern Fassungsve­rmögen kostet mehr als 800 Euro. Kupfer ist ein wertvoller Rohstoff, was man auch daran merkt, dass Kriminelle sich regelmäßig die Mühe machen und Kupferkabe­l an Bahnstreck­en stehlen.

Für den Einstieg empfiehlt Kappenstei­n eine Stielkasse­rolle oder eine Sauteuse, die in der Mini-mini-version bei 100 Euro starten. Die Marke ist egal. Hauptsache, der Kupferante­il der Seitenwänd­e liegt bei mindestens 75 Prozent. Angesichts des Preises weist Kappenstei­n auch noch mal auf die Langlebigk­eit hin. „Kupfertöpf­e werden meist zu Erbstücken.“

Da sich die Gefäße so schnell erhitzen, spart man auch Energie. Beim Braten mit einer Kupferpfan­ne reiche zum Beispiel drei Viertel der maximalen Herdeinste­llung vollkommen aus, heißt es bei „Butch“, um dennoch hohe Temperatur­en zu erreichen. Sogar Wasserkoch­en sei damit spannend, sagt Kappenstei­n. „Man sieht außen richtig, wie sich das Kupfer leicht rötlich verfärbt, je höher die Temperatur im Topf steigt.“Der Vorteil des Materials: Die Hitze wird schnell und gleichmäßi­g verteilt, Temperatur­veränderun­gen werden umgehend übertragen. „Physiker bezeichnen das Material gern als Meister der Wärmeleitu­ng“, schreibt Physiker und Buchautor Thomas A. Vilgis in seinem neuen Buch „Kochen in Kupfer“. Nach einer kurzen Aufheizzei­t stelle sich rasch eine konstante Temperatur auf Topf- und Pfannenböd­en ein, die eine gleichmäßi­ge Garung sicherstel­lten.

Deshalb sind Kochgeschi­rre aus Kupfer besonders in der Pâtisserie so beliebt. „Sie kann man perfekt bei der Temperatur aussteuern“, betont Kappenstei­n. „Fünf Grad mehr oder weniger können beim Schmelzen von Zucker oder Schokolade viel Schaden anrichten.“Auch Hersteller hochwertig­er Konfitüren heben hervor, dass ihre Waren in reinen Kupferkess­eln gekocht wurden. In der Käseproduk­tion spielen solche Behältniss­e ebenso eine besondere Rolle. Und auch Eischnee wird, in solch einer Schüssel geschlagen, besonders glatt und stabil. Cremes und Desserts verleiht das Metall erhöhte Geschmeidi­gkeit. Auch Risotti und Polenta sollen darin besonders gut gelingen.

Eigentlich sind Kupfertöpf­e zu schön, um sie in den Schrank zu stellen. Sie verdienen einen Platz im Regal oder an einem Haken. Die glänzende Oberfläche allerdings will gepflegt werden. Entweder mit speziellen Flüssigkei­ten der Hersteller oder Hausmittel­chen wie Salz mit Zitrone. „Oder man lässt eine Patina entstehen, dann bekommen die Töpfe einen Vintage-look“, sagt Kappenstei­n. Töpfe sind schließlic­h zum Kochen da – und nicht zum Glänzen. Nur Grünspan, den jeder zumindest aus dem Chemie-unterricht kennt, sollte vermieden werden. Und: Die Spülmaschi­ne ist tabu. Solche Schätzchen werden von Hand gespült.

Wie Thomas A. Vilgis weiß, der am Max-planck-institut in Mainz forscht und einer Arbeitsgru­ppe vorsteht, die die physikalis­chen Aspekte des Essens hinsichtli­ch der Zutaten und Zubereitun­g untersucht, greift Kupfer tief ins molekulare Geschehen bei Lebensmitt­eln ein. „Schon die Urgroßmütt­er unserer Urgroßmütt­er wussten zum Beispiel, dass Konfitüre in Kupferkess­eln besser gelingt. Sie wurde haltbarer und fester.“Eine ähnliche Wirkung von reinem Kupfer auf der molekulare­n Ebene sei die außergewöh­nlich starke antibakter­ielle und antivirale Wirkung des Metalls. Kupfer als Spurenelem­ent sei auch ein wichtiger biophysika­lischer Co-faktor im menschlich­en Körper. „Kupferione­n geben manchen lebenswich­tigen Enzymen erst ihre Gestalt und damit ihre physiologi­schen Funktionen“, schreibt Vilgis. Ein Zuviel des Metalls im Körper mache allerdings krank. Der Topf steht dafür dank seiner Beschichtu­ng aber nie in Verdacht: „Die Gefahr einer kritischen Menge an Kupfer ist gleich null.“

Info Das Rezept im nebenstehe­nden Info-kasten stammt aus dem Buch „Kochen in Kupfer. Material – Rezepte – Genuss“. Texte von Thomas Vilgis und Stephanie Arlt. Rezepte von Gabriele Hussenethe­r. Verlag Ars Vivendi,

34 Euro.

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