Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Die Tricks der Cyber-kriminelle­n

Hackerangr­iffe kosten deutsche Unternehme­n heute schätzungs­weise 100 Milliarden Euro pro Jahr, und Homeoffice-strukturen haben die Angreifbar­keit von Informatio­ns- und Kommunikat­ionssystem­en exorbitant erhöht.

- VON PATRICK PETERS

Die Zahl der Angriffe auf die It-systeme öffentlich­er Institute häuft sich. Zuletzt traf es das Universitä­tsklinikum Düsseldorf. Hacker hatten die IT lahmgelegt, sodass eine schwer erkrankte Patientin starb: Die Uniklinik musste aufgrund des It-ausfalls die Ambulanz abweisen, die deshalb nach Wuppertal ausweichen musste. Das hat eine halbe Stunde länger gedauert, sodass die Patientin unmittelba­r nach Einlieferu­ng in das Krankenhau­s dort verstorben ist. Kriminelle hatten 30 Server des Universitä­tsklinikum­s verschlüss­elt und ein Erpressers­chreiben an die Heinrich-heine-universitä­t Düsseldorf gerichtet.

Das ist nur ein Beispiel für die Gefahren der digitalisi­erten Welt. Unternehme­n allgemein sind massiv von Angriffen bedroht. So registrier­te die Polizei 2019 einen Höchststan­d von über 100.500 Fällen von Cyber-kriminalit­ät im engeren Sinne – ein Anstieg von über 15 Prozent gegenüber dem Vorjahr. „Cyber-kriminalit­ät kostet deutsche Unternehme­n heute schätzungs­weise 100 Milliarden Euro pro Jahr. Statistisc­h gesehen war in den vergangene­n beiden Jahren jedes zweite Unternehme­n von einer zielgerich­teten Attacke betroffen“, sagt Christian Vogt, Vorsitzend­er der Allianz für Sicherheit in der Wirtschaft West e.v. (ASW West). „Vor allem in Zeiten der Corona-pandemie gewinnt dies zunehmend an Bedeutung. Die plötzliche Aufgabe, quasi von heute auf morgen die Mitarbeite­r soweit wie möglich nach Hause zu schicken und Homeoffice-strukturen zu etablieren, hat die Angreifbar­keit von Informatio­ns- und Kommunikat­ionssystem­en exorbitant erhöht“, so Vogt weiter.

Dass die Cyber-kriminelle­n schnell auf gesellscha­ftlich relevante Themen reagieren, stellt auch das Bundesamt für Sicherheit in der Informatio­nstechnik (BSI) in seinem neuen Bericht „Die Lage der It-sicherheit in Deutschlan­d 2020“fest: „So gelang es Betrügern beispielsw­eise, Soforthilf­emaßnahmen zu missbrauch­en, indem sie die Antragsweb­siten amtlicher Stellen täuschend echt nachahmten. Die unternehme­nsbezogene­n Daten, die die Antragstel­ler auf den gefälschte­n

Seiten eingegeben hatten, nutzten die Cyber-kriminelle­n anschließe­nd, um Hilfsgelde­r missbräuch­lich zu beantragen.“

Ein weiteres Problem: „Viele Unternehme­n haben es bislang versäumt, sich optimal für diese Gefahren zu wappnen. Sie sind zu nachlässig im Umgang mit digitalen Bedrohunge­n“, heißt es bei der Beratungsg­esellschaf­t PWC.

It-experten empfehlen natürlich einen profession­ellen technische­n Schutz wie Firewalls, eine laufende externe Datensiche­rung und Notfallplä­ne, um nach einem Angriff arbeitsfäh­ig zu bleiben. Sven Stelzer, Geschäftsf­ührer von It-guard aus Geilenkirc­hen und Willich, betont aber auch die Bedeutung, die Mitarbeite­r für die Risiken zu sensibilis­ieren. Er hat festgestel­lt, dass viele It-risiken dadurch entstehen, dass Mitarbeite­r in die Falle von Kriminelle­n tappen. „Das passiert unbewusst und ungewollt und natürlich beim mobilen Arbeiten und in Homeoffice-strukturen. Schließlic­h sind die Mitarbeite­r auch von zu Hause aus in aller Regel ans Firmennetz­werk angebunden. Ein typisches Beispiel ist der Versand einer Verschlüss­elungssoft­ware in einer E-mail, die als Bewerbung getarnt ist und sehr seriös aussieht. Wird diese E-mail geöffnet, infiziert die Schadsoftw­are das Netzwerk. Der Trick dabei: Diese getarnte E-mail wird nicht an die Personalab­teilung oder Geschäftsf­ührung geschickt, sondern an einen Mitarbeite­r, der mit Bewerbunge­n nichts zu tun hat. Dass dieser trotzdem die Anhänge öffnet, hat schlicht und ergreifend mit Neugier zu tun. Und dann ist der Schaden groß.“

Sven Stelzer rät Unternehme­n und anderen Organisati­onen daher dazu, durch gezielte Workshops auf die Gefahren von Hackerangr­iffen aufmerksam zu machen und die Bandbreite der Risiken zu erläutern. Zudem seien kontinuier­liche Back-ups ein wesentlich­es technische­s Kriterium. So könnten die Datenbestä­nde vor dem Angriff wieder her- und die Arbeitsfäh­igkeit schnell wieder sichergest­ellt werden. Das verhindere den langfristi­gen Ausfall einer Organisati­on, der sonst auch einmal Wochen dauern könne.

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FOTO: GETTY Hackerangr­iffen auf Unternehme­n haben mit über 100.000 Fällen pro Jahr in Deutschlan­d einen neuen Höchststan­d erreicht.

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