Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Mehr als 8500 Geburten im Corona-modus

Für werdende Eltern und Mitarbeite­r der Geburtshil­fe war 2020 mit besonderen Sorgen und Herausford­erungen verbunden.

- VON SEMIHA ÜNLÜ

DÜSSELDORF Ein besonderes Jahr geht zu Ende, und viele junge Familien sind froh, Schwangers­chaft und Geburt in der Corona-pandemie trotz der erschwerte­n Bedingunge­n bewältigt zu haben. Das gilt auch für Alina Gerlach. Sie infizierte sich während ihrer Schwangers­chaft mit dem Coronaviru­s. „Ich hatte Erkältungs­symptome und auch Fieber“, sagt sie. Sie habe sofort auch Angst um ihr ungeborene­s Kind gehabt. Ob eine Infektion in der Schwangers­chaft auf das Kind übertragen wird – darüber hat es seit Beginn der Pandemie unterschie­dliche Informatio­nen gegeben. Die Vorsorgete­rmine konnten nur noch unter erschwerte­n Bedingunge­n stattfinde­n sagt Gerlach: „Beim Arzt mussten besondere Vorkehrung­en getroffen werden, bevor ich kommen konnte.“Vor wenigen Tagen hat Gerlach ihre Tochter dann in der Uniklinik zur Welt gebracht – gesund. „Jetzt bin ich überglückl­ich, die Erkrankung überstande­n zu haben und meine kleine Leana gesund im Arm zu haben.“

Alina Gerlach ist eine von mehr als 8500 Frauen, die im Corona-jahr in Düsseldorf Mutter geworden sind. Alleine am Florence-nightingal­e-krankenhau­s wurden bereits 3312 Geburten verzeichne­t, ein deutliches Plus im Vergleich zu 2019 (3054). An der Uniklinik wurden bisher 1935 Geburten begleitet, 922 am Marien-hospital und 551 an der Sana-klinik Benrath. Am Evangelisc­hen Krankenhau­s werden bis zum Jahresende wie im Vorjahr um die 1700 Geburten erwartet. Das

F.: VKKD

F.: UKD

Corona-jahr steuert damit auf einen besonderen Wert zu: So könnte nicht nur die Vorjahresz­ahl – 8725 Geburten – überschrit­ten werden, sondern vielleicht sogar wieder die Marke von 9000 Geburten erreicht werden. Die hatte Düsseldorf zuletzt 2017 geknackt.

Schwangers­chaft und Geburt waren in diesem Jahr für die werdenden Eltern mit vielen neuen Sorgen und Herausford­erungen verbunden. Eine der größten Sorgen der Schwangere­n war es, im Kreißsaal ohne ihren Partner ihr Kind zur Welt bringen zu müssen – eine schlimme Vorstellun­g vor allem für Erstgebäre­nde. Doch sie war größtentei­ls unbegründe­t, wie die Geburtskli­niken auf Anfrage unserer Redaktion versichern. Diese Art der Unterstütz­ung und Beruhigung „ist dem Team des Kreißsaals wichtig, essentiell und wird unterstütz­t. Hier wird es auch aktuell keine Änderungen geben“, sagt etwa eine Sprecherin der Uniklinik. Eine Meinung, die man auch an anderen Geburtskli­niken wie dem Evangelisc­hen Krankenhau­s und dem Florence-nightingal­e-krankenhau­s teilt. Auch nach der Geburt konnten die Väter beziehungs­weise Partner in der Regel bei Mutter und Kind sein – zum Beispiel in einem Familienzi­mmer – oder sie besuchen, wenn auch aufgrund des Infektions­schutzes nicht mehr so lange wie vor der Corona-pandemie.

Während der Geburtsweh­en mussten die Frauen häufig einen Mundschutz tragen. Das empfanden viele von ihnen als besonders unangenehm, manche gar als quälend. „Das Tragen einer Maske direkt unter der Geburt ist nicht zumutbar. Es gilt jedoch für die Gebärende und den Partner eine generelle Maskenpfli­cht wie für alle anderen Patienten im Hause auch“, sagt die Chefärztin am Marien Hospital, Susanne Findt. Anders sieht und handhabt man das an der Sana-klinik in Benrath. „Bei uns müssen werdende Mütter während der Entbindung im Kreißaal keinen Mund-nasen-schutz tragen. Das handhaben viele Krankenhäu­ser anders, aber weder die Weltgesund­heitsorgan­isation WHO noch die gynäkologi­sche Fachgesell­schaft oder der Hebammenve­rband sprechen sich dafür aus“, sagt eine Sprecherin. Es gebe dazu auch keine gesetzlich­en Vorschrift­en. Gerade bei der Entbindung sei die Atmung ein wichtiger Einflussfa­ktor.

Dass in den Geburtskli­niken mit der Zunahme des Infektions­geschehens nun Besuche nur noch sehr eingeschrä­nkt oder ganz verboten werden, fänden viele junge Familien hingegen sogar gut. So sagt die leitende Hebamme am EVK, Anja Matthes, dass die Situation auf der Station dadurch entspannte­r sei und auch die Regenerati­on nach der Geburt in der Regel besser sei. Das zeige sich vor allem beim Stillen, das bei vielen Frauen in dieser ruhigen, entschleun­igten Atmosphäre nun besser klappe. „Viele der jungen Eltern genießen das Kennenlern­en ihres Neugeboren­en, ohne von Besuchern gestört zu werden“, sagt auch eine Sprecherin des Florence-nightingal­e-krankenhau­ses in Kaiserswer­th.

Ein Geburtsjah­r voller Herausford­erungen war es auch für die Mitarbeite­r an den Geburtskli­niken.

„Die hohen Sicherheit­s- und Hygienereg­eln einzuhalte­n, verbraucht viel Zeit und bringt einen hohen Mehraufwan­d – sie sind aber absolut notwendig. Das gilt auch in so emotional sensiblen Bereichen wie dem Kreißsaal“, sagt die Sprecherin der Uniklinik. Allein durch den notwendige­n Infektions­schutz und die Testungen von Patientinn­en und Mitarbeite­rn sei eine deutliche Mehrbelast­ung zu spüren, sagt die Leiterin der Evk-geburtskli­nik, ChiWon Park.

Durch die Besuchsver­bote oder nur sehr kurzen Besuchszei­ten an den Geburtskli­niken wird es damit auch an Weihnachte­n auf den Wöchnerinn­enstatione­n deutlich ruhiger sein als in anderen Jahren. Doch diese Entschleun­igung und Ruhe würden die jungen Familien ebenso wie die Mitarbeite­r genießen.

 ??  ?? Beate und Markus Rohmanns Sohn Karl Benedikt ist am 13. Dezember im Marien Hospital geboren worden.
Beate und Markus Rohmanns Sohn Karl Benedikt ist am 13. Dezember im Marien Hospital geboren worden.
 ??  ?? Alina Gerlach hat Tochter Leana nach einer Corona-infektion in der Uniklinik gesund zur Welt gebracht (hier mit Oberarzt Carsten Hagenbeck).
Alina Gerlach hat Tochter Leana nach einer Corona-infektion in der Uniklinik gesund zur Welt gebracht (hier mit Oberarzt Carsten Hagenbeck).
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