Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Weihnachten am Sechs-meter-tisch
Großfamilie Stengel feiert in diesem Jahr nur im kleinen Kreis und auf Abstand.
DÜSSELTAL Glücklicher könnte Irene Stengel kaum sein. Weihnachten wird in diesem Jahr ganz anders als sonst und doch genau so, wie sie es geplant hat. Normalerweise kommt ein Großteil der Familie in der Düsseltaler Wohnung der 77-Jährigen zusammen: zwei Söhne und eine Tochter, deren Partner, fünf Enkelkinder plus Anhang und ein Urenkel. Dass das Fest in diesem Jahr kleiner ausfallen muss, war der Seniorin aber schon früh klar. „Mit 14 Leuten gleichzeitig – das machen wir nicht“, sagt sie. „Wir halten uns an die Regeln.“
Also hat die Familie umgeplant, nach den Corona-regeln. Die lauten: Zusätzlich zum eigenen Hausstand können vier weitere Personen aus dem engsten Familienkreis zusammenkommen. Dazu zählen Ehegatten, Lebenspartner, Großeltern, Eltern, Kinder, Enkelkinder, Geschwister und deren Haushaltsangehörige. Kinder bis einschließlich 14 Jahre werden nicht mitgezählt. Für die große Familie Stengel reicht das nicht, um alle an einen Tisch zu bekommen. Aber zumindest der engste Kreis rund um Irene Stengel kann an Heiligabend zusammen feiern, berichtet sie. Und das an einem besonders langen Tisch. Im großen Wohn- und Esszimmer ihrer Enkeltochter will die Familie dieses Jahr zusammenkommen, sagt Irene Stengel. Acht Erwachsene und ein Kind werden dann an einer sechs Meter langen Tafel speisen, um auch genügend Abstand zueinander halten zu können. Ihre Enkelin habe dafür extra Tische geliehen und das Wohnzimmer umgeräumt, berichtet die 77-Jährige. „Jetzt freue ich mich richtig auf Weihnachten.“
Trotz allem ist das Weihnachtsfest bei den Stengels aber auch mit Einschränkungen verbunden. „Sobald ich die Wohnung verlasse, ist die Maske auf der Nase“, sagt die Düsseldorferin. Und das gelte dann eben auch bei kleinen Familienfeiern. Auf Umarmungen verzichte sie bereits seit März vollständig. Und viele ihrer Verwandten wollen sich vor dem Besuch auch einem Corona-test unterziehen. Bislang habe es aber noch keinen Corona-fall in ihrer Großfamilie gegeben, sagt Irene Stengel.
Am ersten Weihnachtsfeiertag komme dann ihr Bruder zu Besuch, erzählt die Düsseldorferin. Alle anderen Besuche, die in einem normalen Jahr an Weihnachten anstehen würden, Treffen mit Freunden und ihren Schwestern, wolle sie nachholen, irgendwann, wenn Maske tragen und Abstand halten nicht mehr notwendig ist. „Man muss es so hinnehmen, wie es ist, und daran mitarbeiten, dass es nicht noch schlimmer wird“, sagt sie.
Deshalb habe sie auch alle Kontakte auf ein Minimum heruntergefahren. Nur die Einkäufe erledigt sie selbst, sagt Irene Stengel. Schließlich wolle sie sich das Kochen des traditionellen Sauerbratens zu Weihnachten nicht nehmen lassen. Vier Kilogramm wird sie für ihre Verwandten zubereiten. Das sei, sagt Irene Stengel, mittlerweile reine Routine – immerhin eine Sache an diesem Weihnachten, die bleibt, wie sie immer war.