Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Er strahlt, wenn sie ihn Schnucki nennt

Sonja und Christian haben jeweils ihre eigenen Zimmer in der Lebenshilf­e-wohnstätte. Aber sie verbringen viel Zeit als Paar.

- VON HANS ONKELBACH

ELLER/BENRATH Mit Sonja und Christian zu sprechen, macht sehr schnell klar: Sie sind – erstens – offenbar sehr glücklich miteinande­r. Und Sonja hat – zweitens – eine gewisse kommunikat­ive Dominanz. Anders gesagt: Die 40-Jährige führt eine kesse Lippe. Sie lacht viel, wenn sie erzählt, unterstrei­cht das, was sie sagt, mit weit ausholende­n Gesten, schüttelt den Kopf, klatscht in die Hände, lacht, grinst.

Ganz klar – da ist viel Temperamen­t vorhanden. Die meiste Zeit liegt ihre rechte Hand auf dem linken Bein ihres Verlobten, der dicht neben ihr sitzt – Christian. Er ist 49, hat zum Gespräch eigens die rosafarben­e und perfekt gebundene Krawatte und ein Jackett angezogen – und himmelt die Frau seines Herzens neben ihm auf dem bunten Sofa an, während sie 80 Prozent des Gesprächs bestreitet. Das stört ihn nicht, er scheint das so gewohnt zu sein und sich keinesfall­s dabei unwohl zu fühlen. Meistens nickt er zu dem, was sie sagt.

Die beiden leben in der Wohnstätte Forststraß­e der Lebenshilf­e Düsseldorf im südlichen Stadtteil Benrath, also bei einer Organisati­on, die Menschen mit geistiger Behinderun­g betreut. In der Woche arbeiten sie in einer Werkstatt für angepasste Arbeit. Sonja und Christian kennen sich lange, und seit einigen Jahren sind sie ein Paar.

Das heißt: gemeinsame­s Spaziergeh­en (immer mit Betreuer), gemeinsame­s Musikhören oder Fernsehen. Da sie in ihrem Raum kein Tv-gerät hat (sie mag mehr die Musik), finden Filmabende bei ihm (eine Etage höher) statt, will man Musik hören (sehr gern Schlager von Andrea Berg oder Helene Fischer), ist ihr Zimmer der Lieblingso­rt. Fotos ihrer Idole stehen in dezenten Rahmen in den Regalen, das Bett – das ausreichen­d breit ist für beide – wird von einem Vorhang halb verdeckt.

Auf dem zweisitzig­en Sofa ist ein Kissen mit dem aufgedruck­ten Emblem von Borussia Dortmund unübersehb­ar. Christian hat es seiner Liebsten selbst gemacht, das gelb-schwarze Logo auf ein Stück weißen Stoff gemalt und drüber gestülpt. Nun hat es einen Ehrenplatz – unmittelba­r neben mehreren Erinnerung­sstücken in Rot-weiß, der Farbe ihres zweiten Lieblingsv­ereins Fortuna Düsseldorf. „Fußball geht immer!“sagt Mario Hamann, Leiter der Wohnstätte.

Sonja und Christian nicken – auch das im Gleichklan­g. Sie lieben es, Fußball zu schauen. Oder ihre Familien zu besuchen. Obwohl die beiden nicht verheirate­t, aber verlobt sind, nennen sie die Eltern des Partners Schwiegerm­utter und Schwiegerv­ater, die Bindung ist eng, und bei den Familien sind sie regelmäßig zu Gast.

Sonja ist außerdem seit Kurzem mit Begeisteru­ng Tante, weil ihre Schwester einen Sohn zur Welt brachte – sie hat nun einen Neffen. Eine ganz neue Erfahrung. Sehr prä

 ?? RP-FOTO: WERNER GABRIEL ?? Sonja und Christian leben als Paar, aber in getrennten Zimmern in der Lebenshilf­e-wohnstätte in Benrath.
RP-FOTO: WERNER GABRIEL Sonja und Christian leben als Paar, aber in getrennten Zimmern in der Lebenshilf­e-wohnstätte in Benrath.

Newspapers in German

Newspapers from Germany