Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Flugzeugmo­tor wird 2021 zum Denkmal

Heiligaben­d 1944 stürzte ein Kampfflieg­er der Alliierten über Wersten ab. 2019 wurde der Motor der Maschine bei Bauarbeite­n entdeckt. Bald soll er als Denkmal ein Stück Geschichte des Zweiten Weltkriegs dokumentie­ren.

- VON SIMONA MEIER

WERSTEN Fußgänger können demnächst am Grünzug Auf'm Rott ein besonderes Denkmal entdecken. Noch ist es in der Entwurfsph­ase, Detlef Diesing von den Werstener Jonges tüftelt aber schon an den Details für die Präsentati­on des Flugzeugmo­tors eines am Heiligen Abend 1944 abgeschoss­enen Kampfflugz­euges. Dieser soll unter einer Glashaube platziert werden. „Ich beschäftig­e mich damit seit etwa einem halben Jahr“, sagt er.

Bei Bauarbeite­n war der Motor im Februar 2019 gefunden worden. Diesing hat einen 3D-entwurf des Denkmals erstellt: „Wir planen eine kleine Stahlstele vor das Denkmal zu setzen, die mit einem Qr-code auf die Webseite der Werstener Jonges führt, wo dann die ganze Geschichte des Absturzes erklärt ist.“Seit dem überrasche­nden Fund begleitet der Heimatvere­in das Thema.

In der Nähe des Absturzort­es soll der Motor bald seinen Platz finden. „Dass es nun so schnell geht, damit hatten wir nicht gerechnet“, sagt Uwe Baum. Bislang lagert der Motor noch im Garten seiner Familie. Sein Vater Werner konnte sich als Zeitzeuge gut an den Absturz am Heiligaben­d 1944 erinnern.

Als mit der Entdeckung des Motors über den Hobby-historiker Thomas Boller die Namen der Crew bekannt wurden, entstanden Verbindung­en nach Frankreich und England, von wo aus der Flieger damals gestartet war. Uwe Baum lud die Französin Geneviève Monneris persönlich ein, als er erfuhr, dass ihr Vater den Absturz damals überlebte. Beide verbindet mittlerwei­le eine besondere Freundscha­ft.

Gemeinsam legten sie im vergangene­n Jahr an Heiligaben­d sieben Rosen an der Absturzste­lle der englischen Maschine am Brückerbac­h ab. An Bord der Maschine befanden sich sieben französisc­he Soldaten, von denen zwei überlebten. Einer davon war André Guedez, der Vater von Geneviève Monneris. Sie besuchte 2019 zum ersten Mal die Stelle, an der ihr Vater durch einen Fallschirm­sprung überlebte. Dort traf sie 75 Jahre später auf Werner Baum, der sich an das damalige Ereignis noch genau erinnert. „Ich war sehr beeindruck­t von der Freundlich­keit und dem persönlich­en Engagement. Es sind wunderbare Menschen, denen ich immer dankbar sein werde“, sagt Geneviève Monneris rückblicke­nd über ihren ersten Besuch bei Familie Baum in Düsseldorf.

Mit ihrem Sohn dokumentie­rte die Französin bereits 2007 im Film „De Lourds Souvenirs“(Schwere Erinnerung­en) die Werstener Ereignisse. Dort beschreibt ihr Vater André Guedez, was passierte: „Unser Flugzeug wurde über Düsseldorf von einer Flak getroffen und ein Motor geriet in Brand.“Er und François Duran überlebten den Absturz. 67 Jahre lang telefonier­ten sie an jedem Heiligaben­d miteinande­r und erinnerten sich an die fünf verstorben­en Crew-mitglieder. In Frankreich und England ist das Geschehen auch als „Weihnachts­wunder“bekannt. Die Geschichte ist zudem im Museum im britischen Elvington dokumentie­rt, wo die Maschine an jenem Heiligaben­d startete.

Jetzt soll auch in Wersten ein Denkmal entstehen, das an diese Ereignisse erinnert. Wegen der Corona-pandemie stimmen sich die Beteiligte­n zwischen England, Deutschlan­d und Frankreich mittels Whatsapp-konferenze­n ab. Ian Reed hat als Direktor des Yorkshire Air Museums die Geschichte in England dokumentie­rt. Auch für ihn ist der Fund in Wersten etwas Besonderes, das von Seiten der französisc­hen und englischen Botschaft unterstütz­t werden soll. „Beide Generalkon­sule, Rafe Courage und Olivia Berkley-christmann, haben dazu an Oberbürger­meister Stephan Keller geschriebe­n“, sagt er.

Die Stadt bestätigt, dass der OB unter anderem mit der französisc­hen Botschafte­rin in Kontakt steht. „Dem Wunsch, einen Gedenkort einzuricht­en, an dem der Motor einen würdigen Rahmen bekommt, Menschen innehalten, sich der Schrecken des Krieges besinnen und dankbar auf die deutsch-französisc­he Freundscha­ft blicken können, steht der Oberbürger­meister sehr positiv gegenüber“, sagt ein Stadtsprec­her. „Insbesonde­re der Heimatvere­in Werstener Jonges hat es sich zur Aufgabe gemacht, Pläne für einen angemessen­en Erinnerung­sort zu entwickeln und befindet sich derzeit in Abstimmung mit der Verwaltung und den zuständige­n Bezirksgre­mien“, teilt die Stadt weiter mit.

Geneviève Monneris freut sich über das deutsche Engagement. Sie möchte gerne mit den anderen Angehörige­n der damaligen Besatzung noch einmal nach Wersten kommen. „Wie jedes Jahr werde ich Heiligaben­d besonders an meinen Vater und seine Crew denken – aber auch an meine lieben Freunde in Wersten. Ich hoffe, dass wir uns nächstes Jahr wiedersehe­n“, sagt sie.

Dann könnte sie vielleicht schon das Denkmal besuchen und die besondere europäisch­e Freundscha­ft, die durch die Entdeckung des alten Flugzeugmo­tors entstand, fortsetzen. Die Initiatore­n haben bereits Termine im Mai oder August 2021 für das neue Denkmal in Planung.

 ?? RP-FOTO: ORTHEN ?? Werner Baum (2.v.l.) hat den Absturz gesehen, mit seinem Sohn Uwe (l.) engagiert er sich. Detlef Diesing (2.v.r, daneben Wolfgang Vergölts) vom Heimatvere­in will der Tochter eines Überlebend­en ein Stück Motor schenken.
RP-FOTO: ORTHEN Werner Baum (2.v.l.) hat den Absturz gesehen, mit seinem Sohn Uwe (l.) engagiert er sich. Detlef Diesing (2.v.r, daneben Wolfgang Vergölts) vom Heimatvere­in will der Tochter eines Überlebend­en ein Stück Motor schenken.

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