Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Wirtschaftsweiser für Kopfpauschale
Zum Jahreswechsel wollen 17 Krankenkassen den Zusatzbeitrag erhöhen. Der Ökonom Lars Feld schlägt vor, ihn künftig einkommensunabhängig zu erheben.
DÜSSELDORF Für viele Bürger wird im neuen Jahr die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) teurer, erste Kassen haben bereits eine Erhöhung des Zusatzbeitrags angekündigt. Angesichts des Drucks auf die GKV fordert der Chef der Wirtschaftsweisen, Lars Feld, die Einführung von Kopfpauschalen: „Auf Dauer wäre es gut, wenn die gesetzliche Krankenversicherung stärker über Pauschalen finanziert würde, wie sie die Schweiz hat. Dann wird der Kassenbeitrag nicht einkommensabhängig, sondern pro Kopf entrichtet“, sagte Feld unserer Redaktion. Bei Kopfpauschalen gäbe es ihm zufolge parallel einen umfassenden steuerfinanzierten Sozialausgleich, für den auch Beamte und Selbstständige zahlen müssten, so der Freiburger Ökonom. „Das würde die Belastung des Faktors Arbeit senken.“
Wir sollten beim Zusatzbeitrag wieder damit beginnen“, betonte der Chef der Wirtschaftsweisen. Dieser Beitrag sei schon einmal einkommensunabhängig gewesen, dann habe der Gesundheitsminister Hermann Gröhe ihn ans Einkommen gebunden. „Eine Kopfpauschale beim Zusatzbeitrag erhöht den Wettbewerb unter den Krankenkassen und erlaubt es, zugleich auf Dauer den medizinischen Fortschritt zu finanzieren“, so Feld. Der Heidelberger Professor Paul Kirchhof hatte sich vor Jahren schon einmal für Kopfpauschalen stark gemacht, die Union hatte sich damals am Ende nicht dazu durchringen können. Die SPD hatte die Pläne bekämpft.
Das Gesundheitsministerium hat für 2021 bereits eine Anhebung des durchschnittlichen Zusatzbeitrags um 0,2 Prozentpunkte auf 1,3 Prozent festgelegt. Er kommt zum allgemeinen Beitrag von 14,6 Prozent hinzu. Arbeitgeber und Arbeitnehmer teilen sich den Beitrag. Die ersten 17 Krankenkassen haben bereits angekündigt, den Zusatzbeitrag zum 1. Januar zu erhöhen, darunter einige Betriebskrankenkassen. Andere prüfen eine Erhöhung noch.
Wird der Zusatzbeitrag erhöht, hat der Versicherte ein Sonderkündigungsrecht. Dem Gesundheitsfonds fehlen über 16 Milliarden Euro, der Staat schießt aber nur fünf Milliarden Euro zu. Der Druck auf die Krankenkassen wächst seit Langem. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte schon vor der Pandemie zahlreiche kostenintensive Gesetze erlassen, die Krankenhäuser und Ärzten mehr Geld zukommen ließen. Nun kommen die Kosten der Pandemie hinzu.
Die Techniker-kasse und die AOK haben für 2022 bereits eine Verdoppelung des Zusatzbeitrags vorhergesagt. Der Chef der Techniker-kasse, Jens Baas, warnt seit Langem: Entweder steige 2022 der Bundeszuschuss, oder der Gesundheitsminister müsse Leistungen kürzen oder Patientenzuzahlungen erhöhen.