Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
(K)eine Frage der Schuld
Das Tv-event „Ferdinand von Schirach: Feinde“schildert einen Fall aus zwei Perspektiven.
(ry) Der Jurist und Schriftsteller Ferdinand von Schirach ist beliebt bei den öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten. So entstanden beim ZDF die Serienadaptionen „Verbrechen“sowie „Schuld“, „Strafe“soll noch folgen. Bei der ARD setzt man hingegen eher auf Filme. Dann aber nicht einfach nur so zum gemütlichen Schauen – das verbieten sich allein die Stoffe der Handlungen –, sondern stets als großes Tv-event. Das begann im Oktober 2016 mit „Terror – Ihr Urteil“, einem Gerichtsdrama um die Frage, ob ein entführtes Passagierflugzeug von einem Kampfpiloten abgeschossen werden darf, wenn dieser davon ausgeht, dass es von den Terroristen in ein vollbesetztes Fußballstadion gelenkt wird. Nach dem Film durften die Zuschauer abstimmen, ob der Pilot freigesprochen oder verurteilt werden sollte. Die Entscheidung wurde im Anschluss in einer Talkrunde debattiert. Ähnlich ging man auch erst vor wenigen Wochen bei „Gott von Ferdinand von Schirach“vor. Die zentrale Frage lautete dieses Mal, ob es ethisch vertretbar ist, dass eine Ärztin ihrem Patienten tödliche Medikamente aushändigt, wenn dieser sein Leben damit selbstbestimmt beenden will. Gesehen wurden die beiden Filme zur jeweiligen Erstausstrahlung im Ersten insgesamt von 6,88 bzw. 3,88 Millionen Zuschauern. An diesem Wochenende gibt es nun ein weiteres Tv-event, doch anders als bei denvorgängern wird für „Ferdinand von Schirach: Feinde“nicht abgestimmt. Stattdessen muss sich das Publikum vor dem Fernseher entscheiden, mit welchem von zwei Filmen es beginnen will. Um 20.15 Uhr startet das Erste mit „Gegen die Zeit“in den Abend, während sämtliche Dritten Programme „Das Geständnis“zeigen. Im Anschluss – entweder direkt oder mit kurzer Unterbrechung – ist dann der jeweils andere Film zu sehen. Erzählt wird die Geschichte der zwölfjährige Lisa von Bode (Alix Heyblom), die auf dem Weg zur Schule entführt wird. Ihr Kidnapper will sie erst wieder freilassen, wenn ihm ihre Eltern fünf Millionen Euro zahlen. Die Polizei beginnt ihre Ermittlungen, und Kommissar Peter Nadler (Bjarne Mädel) stößt schnell auf Georg Kelz (Franz Hartwig), den er der Tat verdächtigt. Nadler zwingt Kelz mit unlauteren Mitteln ein Geständnis ab, und der Fall geht vor Gericht. Verteidiger Biegler (Klaus Maria Brandauer) richtet sich dort gegen den Ermittler und will seinem Mandanten über das Fehlverhalten Nadlers zur Freiheit verhelfen. Ein solch umfangreiches Projekt zu entwickeln, bedarf natürlich genauester Planung. Das bedeutete für Regisseur Nils Willbrandt, der gemeinsam mit Jan Ehlert das Drehbuch geschrieben hat, eine Menge Arbeit: „Es gab eine Vorlage von Ferdinand von Schirach, auf deren Basis Jan Ehlert und ich uns zu den Drehbüchern vorgearbeitet haben. Wir haben diskutiert, geschrieben, gefeilt, und als wir fertig waren, haben wir wieder von vorne angefangen. Es war ein kleinteiliger Prozess, den Jan und ich zuvor schon ausführlich bei den Schirach-„schuld“-filmen eingeübt hatten. Ein Produzent und ein Regisseur schreiben zusammen nach Ferdinand von Schirach – klar, da wurde natürlich intensiv geforscht. Als wir die Drehbücher dann für ‚wetterfest‘ hielten, las Ferdinand von Schirach gegen und korrigierte.“Mit den beiden Spielfilmen ist allerdings noch nicht Schluss. So zeigt das Erste zwischen den beiden Werken die Doku „Recht oder Gerechtigkeit?“, die die Schuldfrage von einem Testpublikum diskutieren lässt. Außerdem bietet One mit „Der Prozess“um 23.15 Uhr eine zugespitzte Version der Geschichte in 45 Minuten Länge.