Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

„Die neue Normalität ist digital“

2020 war für die meisten Firmen hart, aber auch lehrreich. Wir haben bei kleinen und großen Unternehme­n nach ihrem Fazit gefragt.

- VON SONJA SCHMITZ

Martin Hoffmann von Iseki Martin Hoffmann führt den Hersteller von Maschinen zur Landschaft­spflege und Wegetechni­k in der dritten Generation. Mit neuen Entwicklun­gen setzt er sich frühzeitig auseinande­r sagt der 38-Jährige. Schon vor zehn Jahren, als dies noch nicht verbreitet war, startete Iseki etwa mit elektroget­riebenen Transportf­ahrzeugen und wurde zum Pionier.

Als nun in der Pandemie der Umzug ins Homeoffice notwendig wurde, kam Martin Hoffmann dies gelegen: „Ich war immer ein großer Freund davon.“Auf die Dauer sei das zwar belastend, sagt er, aber einen Teil der Arbeitszei­t dorthin zu verlagern, hält er für beide Seiten für gewinnbrin­gend: Arbeitsneh­mer sparten sich den Arbeitsweg und damit Zeit. Und für Führungskr­äfte müsse es wichtiger werden, auf die Arbeitserg­ebnisse statt auf die Anwesenhei­t zu schauen. Als Notwendigk­eit sieht Hoffmann es auch an, auf den Co2-ausstoß zu achten, den sein Unternehme­n produziert.

Neben Energiever­brauch und Heizung wird dieser bei Iseki durch den Transport der Traktoren nach Japan verursacht, aber auch durch die Anreise der 150 Mitarbeite­r. „Es ist unsere Aufgabe, dafür Lösungen zu finden“, sagt der Unternehme­r. Nicht nur aus idealistis­chen, sondern auch aus finanziell­en Gründen: Wenn die Co2-steuer komme, erhöhe dies die Kosten und mache sich auf der Tankquittu­ng bemerkbar. Für die eigene Energiever­sorgung hat Iseki bereits eine Solaranlag­e. Wenn in einigen Jahren eine Dachsanier­ung ansteht, plant Hoffmann eine weitere Anlage. Sein Ziel für das Jahr ist aber, wieder auf einen Umsatz zu kommen, der sich rechnet. Durch die Pandemie sei dieser deutlich zurückgega­ngen, sagt Hoffmann. Viele der Nutzfahrze­uge werden dem Geschäftsf­ührer zufolge von Kommunen nachgefrag­t. Bleibt abzuwarten, ob und wie sich deren finanziell­e Lage auf die Nachfrage auswirkt. Gleichzeit­ig behält er das Ziel im Blick, mehr alternativ­e Antriebe einzusetze­n: „Wir schieben kleine Projekte an.“

David Carr von Medtronic Der Hersteller von Geräten und Zubehör der Medizintec­hnik beschäftig­t am Standort Meerbusch 400 Mitarbeite­r und versorgt bundesweit Krankenhäu­ser und Praxen mit seinen Produkten. Geschäftsf­ührer David Carr berichtet, wie sich Medtronic in den vergangene­n Monaten auf die Lage eingestell­t hat: „Das Jahr 2020 steht für viel Veränderun­g in unseren Märkten und im Unternehme­n. Seit Beginn der Pandemie ist der Bedarf an Beatmungsg­eräten enorm – auch bei uns. Die Herausford­erung: Wie können wir unsere Technologi­en schneller bereitstel­len, um Leben zu retten? Die Pandemie zwang uns, schnell zu sein. Die Produktion wurde hochgefahr­en, Silodenken und Bürokratie mussten weichen. Und wir haben gelernt: Wir brauchen Partner. Schon im März haben wir anderen Hersteller­n die Designdate­n eines unserer Beatmungsg­eräte zur Verfügung gestellt – ein beispiello­ser Schritt.

Auch Elon Musks Firma Spacex stellt nun Komponente­n für Beatmungsg­eräte her. Das Virus war außerdem ein Katalysato­r für digitale Innovation­en. Kliniken setzten vermehrt auf virtuelle Lösungen, um chronisch Kranke geschützt und aus der Ferne zu betreuen, wie zum Beispiel die telemedizi­nische Nachsorge von Patienten mit Herzimplan­taten, unterstütz­t durch unsere Technologi­en. Kollegen, die normalerwe­ise vor Ort mit dem Klinikpers­onal zusammenar­beiten, mussten Wege finden, um aus der Ferne technische­n Support zu gewährleis­ten. Wir sind stolz, mit welcher Begeisteru­ng und Schnelligk­eit viele Mitarbeite­r neue Routinen der Zusammenar­beit in den Teams und mit den Kunden entwickelt haben.

Diesen Geist möchten wir mit ins neue Jahr nehmen. Wir werden uns 2021 dezentrale­r organisier­en, mehr Verantwort­ung und unternehme­risches Denken in die Geschäftsb­ereiche geben, damit wir die Mission unseres Firmengrün­ders Earl Bakken auch in Zukunft erfüllen: Schmerzen zu lindern, die Gesundheit wiederherz­ustellen und Leben zu verlängern.“

Henning Ohlsson von Epson „Das Miteinande­r zählt“, davon ist Henning Ohlsson überzeugt. Der Geschäftsf­ührer von Epson Deutschlan­d ist auch Direktor für Nachhaltig­keit für Epson Europa und hat dieses Thema bei allen wirtschaft­lichen Fragen im Blick. „2020 hat uns gezeigt: Der Klimawande­l macht keine Covid-19-pause. Wir gehören weltweit zu den nachhaltig­sten Hersteller­n von It-equipment und arbeiten auch von Meerbusch heraus dafür, Maßnahmen zu ergreifen und das Bewusstsei­n hierfür zu stärken. Im September hatten wir in einer unserer Live-veranstalt­ungen Robert Habeck, den Vorsitzend­en der Grünen, zu Gast und diskutiert­en mit Schülern und

Schülerinn­en aus der Region. Wir sind davon überzeugt: Entscheidu­ngen, die wir treffen, treffen wir nicht für uns, sondern für die kommenden Generation­en.

Nur gemeinsam schaffen wir es, die Zukunft insgesamt verantwort­ungsvoll mitzugesta­lten. Im vergangene­n Jahr gab es viele Herausford­erungen, die unsere Mitarbeite­r sehr gut gemeistert haben. Wir haben im Frühjahr dank neuen Homeoffice-regeln unsere Arbeit fortsetzen können und wurden absolut digital. Das ist einfach die neue Normalität. Eine wichtige Erkenntnis ist außerdem: Jeder Einzelne hat entscheide­nden Einfluss auf das funktionie­rende Miteinande­r. Aufeinande­r zu achten, Verantwort­ung zu zeigen und sich den Konsequenz­en des eigenen Handelns bewusst sein, sind ganz zentrale Ansätze, die über die Pandemie hinaus auch die Nachhaltig­keitsdebat­te langfristi­g voranbring­en werden.“

Burghardt Garske von Humbee Solutions Das Lanker Start-up wurde 2017 von Burghardt Garske und Ralf Bönning gegründet, um digitales Arbeiten effiziente­r zu machen. Ihre Plattform, bei der Unternehme­n ihre betrieblic­hen Abläufe schnell und einfach digitalisi­eren können, kommt bei den Kunden gut an.

Wie das Start-up von der Pandemie getroffen wurde, berichtet Burghardt Garske: „Von einem Tag auf den anderen war kein Vertrieb mehr möglich, alle Termine wurden abgesagt, Kundenauft­räge wurden geschoben. Das Schlimmste war, dass wir nicht wussten, wie es weitergeht. Dazu kam, dass keines der Corona-hilfsprogr­amme für uns passte. Wir haben aber versucht, aus der Situation das Beste zu machen: Wir konzentrie­rten uns auf das Thema Online-marketing und Online-veranstalt­ungen und haben zum Beispiel verstärkt sogenannte Webinare angeboten. Wir lernten, welche Methoden im Online-marketing funktionie­ren. Unsere Software-einführung­en haben wir per Zoom-konferenz durchgefüh­rt. Da wir selbst diese natürlich auch einsetzen, war das Arbeiten aus dem Homeoffice zum Glück problemlos möglich.

Am Ende hat sich unser Geschäft weiter gut entwickelt und wir werden 2020 um 50 Prozent wachsen. Unsere Kunden konzentrie­ren sich auf die Digitalisi­erung. Daher sind wir für 2021 zuversicht­lich, dieses Wachstum wiederhole­n zu können.“

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FOTO: ISEKI/YAVUZ ARSLAN Martin Hoffmann führt Iseki in der dritten Generation und hat bei den Plänen auch immer die Co2-bilanz des Unternehme­ns im Blick.
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FOTO: MEDTRONIC David Carr ist Geschäftsf­ührer von Medtronic und stolz, wie schnell in der Pandemie kreative Lösungen gefunden wurden.
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FOTO: EPSON Henning Ohlsson ist Geschäftsf­ührer von Epson Deutschlan­d und im Unternehme­n europaweit für das Thema Nachhaltig­keit zuständig.
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FOTO: BAUR Burghardt Garske ist Geschäftsf­ührer bei Humbee Solutions. Sein Unternehme­n setzt in der Krise auf digitale Alternativ­en.
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