Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Till Krägeloh ist der neue Chef des Zakk.
TILL KRÄGELOH Der neue Leiter des Zakk über Kultur, Corona und Ideen für ein neues Festival in Düsseldorf
DÜSSELDORF Till Krägeloh ist mit 16 regelmäßig von Moers ins Zakk nach Düsseldorf gefahren. Sein Vater bringt ihn und seine Kumpels mit dem Auto hin. In Bremen macht er sein Abi und kellnert 15 Jahre in einem Kurgasthaus, in dem das erste Punkkonzert des Nordwestens stattfindet. Ab 1. April ist er neuer Geschäftsführer im Zakk. Auch so ein besonderer Ort, findet Krägeloh.
Guten Morgen? Beim letzten Mal haben Sie mich noch mit „Moin“begrüßt. Üben Sie rheinische Mentalität?
TILL KRÄGELOH Das stimmt, normalerweise sage ich „Moin“. Üben muss ich aber nichts, die Mentalität des Rheinlands ist mir vertraut. Ich habe die ersten Jahre meines Lebens am Niederrhein verbracht, in Keeken im Kreis Kleve. Später dann in Moers. In der Ecke habe ich viele Freunde. Die andere Hälfte meines Lebens war ich im Norden, das hat mich natürlich geprägt. Man hört es auch.
Als Leiter des Watt En Schlick Fests sind Sie kampferprobt – haben Sie keine Angst, dass es Ihnen in Düsseldorf langweilig werden könnte? KRÄGELOH Garantiert nicht. Ich freue mich tierisch auf meine neue Aufgabe. Ich mag Herausforderungen. Das Zakk zu leiten, ist eine solche Herausforderung. Wir werden schöne neue Sachen entwickeln, mit dem Team und mit den Menschen, die das möchten. Ich freue mich sehr darüber, dass man einem Norddeutschen das Zakk in Düsseldorf anvertraut. Ernsthaft: Ich bin hochmotiviert, weil mir sehr viel Vertrauen geschenkt wird.
Das Watt En Schlick Fest sei Ihre große Liebe, haben Sie mal gesagt. War's das jetzt?
KRÄGELOH Das Fest wird es weiterhin ein Mal im Jahr geben und ich werde der Festival- und künstlerische Leiter bleiben. Das ist mit dem Zakk-vorstand so besprochen. Das Festival ist immer noch meine Leidenschaft. Ich bin darüber sehr gut vernetzt und bin sicher, dass wir Synergien zugunsten des Zakk schaffen können. Der Geist des Festivals, das ja interdisziplinär ist, ist dem des Zakk nicht unähnlich. Es treten teilweise dieselben Künstler auf, Rocko Schamoni, Studio Braun oder Element of Crime oder Blond und Fatoni.
Ihr erstes Konzert waren die Absolute Beginner im Zakk.
KRÄGELOH Das war 1999, die Band hatte mit „Bambule“gerade ihren Durchbruch geschafft. Mein Vater hat mich und ein paar Freunde damals dann nach Düsseldorf gefahren und draußen gewartet, wir hatten ja noch keinen Führerschein. Bei mir ging die popmusikalische Bildung damals mit Hip-hop los. Rap, Basketball – der Stil hat mich geprägt.
Schlägt Ihr Herz nach wie vor für den Hip-hop?
KRÄGELOH Heute bin ich sehr viel breiter aufgestellt, auch wenn HipHop ein Favorit geblieben ist. Während meines Studiums habe ich als DJ Geld verdient und bin jahrelang durch den Nordwesten getourt. Da lernt man sehr viel gute Musik kennen. Und das Nachtleben. Damals habe ich verstanden, dass es um mehr geht als nur darum, den Plattenteller zu drehen. Ein Gespür für gute Musik muss man sich erobern, das muss wachsen.
Der aktuelle Kultur-entzug schmerzt. Was brauchen die Menschen jetzt und was, wenn die Pandemie im Griff ist?
KRÄGELOH Jetzt Zuversicht und Hoffnung, nach Covid Mut und Vertrauen. Die Kultur muss gerade sehr zurückstecken, resigniert aber nicht, sondern kämpft. Die Sehnsucht der Menschen nach Begegnung ist groß. Auch nach Berührung.
Welche neuen Veranstaltungsformate sehen Sie in Zukunft? KRÄGELOH Einige digitale Formate werden bleiben. Vor allem in der Übergangszeit werden wir hybride Varianten beibehalten, damit niemand ausgeschlossen wird, der sich eventuell noch nicht wieder in eine Kulturveranstaltung traut oder einer Risikogruppe angehört. Das bedeutet auch, dass Menschen, die aus anderen Gründen, etwa weil sie körperlich beeinträchtigt sind, nie ein Konzert besuchen konnten, künftig die Chance erhalten, dies von zu Hause aus zu tun. Alle sollen Kunst genießen können. Das ist ein wichtiger und permanenter Auftrag an uns Kulturschaffende.
Viele Menschen lieben Festivals. Das Open Source Festival ist tot, der Gründer nach Berlin abgewandert. Sie kommen nach Düsseldorf. Schon eine Idee für ein Festival am Rhein?
KRÄGELOH Eine Idee habe ich noch nicht, aber ich finde das perspektivisch sehr interessant. Düsseldorf mit seiner kulturellen Tradition braucht so etwas. Ich empfinde es auch als reizvoll, Orte zu entwickeln, die man als Kulturorte noch gar nicht gesehen hat. Man muss tollkühn sein und braucht ein bisschen Naivität. Und Menschen, die Power haben. Dann kann man viel erreichen.
Sind Sie tollkühn genug?
KRÄGELOH Ein bisschen tollkühn bin ich schon. Ich habe jedenfalls genug Energie, um mit dem Team einiges auf die Beine zu stellen.
Was hat Sie am Zakk gereizt? Das ausgezeichnete Musikprogramm?
KRÄGELOH Auch. Und ich finde die Vorstellung toll, Geschäftsführer eines der ältesten soziokulturellen Zentren in Deutschland zu sein, das so breit aufgestellt ist und viel Gestaltungsspielraum bietet.
Das Zakk ist ein Zentrum, das konsequent gesellschaftspolitisch relevante Themen aufgreift. Sind Sie ein politischer Mensch?
KRÄGELOH Absolut. Man kann nicht nichtpolitisch sein.
Sie haben Kulturwissenschaften und Wirtschaftswissenschaften studiert. Was verbindet diese beiden Disziplinen?
KRÄGELOH Mir ging es darum, die wirtschaftswissenschaftlichen Hintergründe zu durchdringen, die ja durchaus in den Kontext von Kultur hineinreichen. Als Kulturunternehmer habe ich wirtschaftliche Verantwortung, der ich nur mit dem angemessenen Know-how gerecht werden kann. Während des Studiums war es sehr spannend zu beobachten, wie unterschiedlich die Menschen des jeweils anderen Studiengangs waren. Das sind zwei Welten, womit ich überhaupt kein Problem hatte.
Welches Album ist in diesen Zeiten unverzichtbar? Wie klingt ein Hoffnungsmacher?
KRÄGELOH Bilderbuch, „Vernissage My Heart“, ein Album über Freundschaft, Annäherung und Freiheit.