Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Anwälte nehmen Luca-app ins Visier
Bei der Vergabe sollen mehrere Bundesländer gegen geltendes Recht verstoßen haben.
HAMBURG Die Bundesnotbremse ist in den vergangenen Tagen immer wieder als Möglichkeit diskutiert worden, um die Pandemie zu bekämpfen. Insofern verwundert es zunächst, dass der Chaos-computer-club (CCC) diese nun fordert, um den Einsatz eines Instruments zu stoppen, das genau bei der Bekämpfung dieser Pandemie helfen soll. Doch die It-experten meinen es im Fall der Luca-app völlig ernst: „Die nicht abreißende Serie von Sicherheitsproblemen und die unbeholfenen Reaktionen des Herstellers zeugen von einem grundlegenden Mangel an Kompetenz und Sorgfalt“, heißt es in einer Stellungnahme der It-experten. Dennoch würden viele Bundesländer Steuergelder verschwenden, um die App anzuschaffen. Der CCC fordert daher ein Moratorium sowie eine Überprüfung der Vergabepraktiken durch den Bundesrechnungshof.
Die Luca-app wurde vom Berliner Unternehmen Nexenio entwickelt und wird unter anderem vom Musiker Smudo von der Band Die Fantastischen Vier unterstützt. Mit der Technologie sollen Kontaktdaten digital erfasst werden können. Die speziell im vergangenen Sommer praktizierte Zettelwirtschaft würde dadurch entfallen.
Ein Großteil der Bundesländer hat inzwischen Verträge mit den Entwicklern der Luca-app abgeschlossen – für insgesamt rund 20 Millionen Euro. Allein Bayern kostet der Rahmenvertrag 5,5 Millionen Euro, Niedersachsen und Hessen zahlen drei beziehungsweise zwei Millionen Euro. Die Verträge wurden oft sehr kurzfristig abgeschlossen. In Fall von Niedersachsen wurde beispielsweise nach eigener Aussage nicht einmal die landeseigene Datenschutzbeauftragte vor der Vergabe am Verfahren beteiligt, obwohl es massive Kritik von Datenschützern an der Luca-app gibt.
Konkurrenten der Luca-macher üben gleichzeitig massive Kritik an der Vergabepraxis. Sie fühlen sich übergangen und prüfen aktuell, welche juristischen Schritte möglich sind. In NRW, Thüringen und Sachsen, die bislang keinen Rahmenvertrag mit den Luca-machern abgeschlossen haben, ging Anfang dieser Woche ein Schreiben der Berliner Kanzlei Sammler Usinger ein. „Wir wenden uns an Sie, um ein faires und wettbewerbliches Verfahren bei der Einführung einer App zur digitalen Kontaktnachverfolgung zu gewährleisten“, heißt es darin. Denn die Luca-macher schließen auch in Nordrhein-westfalen bereits viele Städte und Landkreise als „Modellregionen“an. Diese können das Angebot dann drei Monate lang kostenlos testen. Das Kalkül ist klar: Wenn sich das Angebot bewährt und Öffnungen ermöglicht, steigt so der Druck von unten auf die Bundesländer, doch einen Rahmenvertrag abzuschließen.
Man habe die Länder im Auftrag der Firma Scanactor angeschrieben, sagt Rechtsanwältin Monika Prell von Sammler Usinger. Bislang geht die Kanzlei noch nicht juristisch gegen die Vergabe in anderen Bundesländern vor. Doch das könnte sich ändern, denn die Kanzlei sieht in mehreren Punkten Verstöße gegen geltendes Vergaberecht. Die Länder beziehungsweise der Dienstleister Dataport, der das Vergabeverfahren ohne Teilnahmewettbewerb für zehn Bundesländer organisiert hat, weisen das zurück.