Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Der Blick über den Tellerrand
Auch digital kann der Ökumenische Kirchentag segensreich wirken.
In diesen Tagen findet – wenn auch nur digital – der dritte Ökumenische Kirchentag statt. Wie schön wäre es gewesen, wenn katholische und evangelische Christinnen und Christen in Frankfurt leibhaftig hätten gemeinsam feiern, beten, diskutieren und miteinander ringen können! Die Pandemie hat auch hier einen Strich durch die Rechnung gemacht. Dennoch ist das ökumenische Miteinander ein bedeutsames Zeichen – gerade jetzt, hier und heute. Schon das Leitwort des Treffens, „Schaut hin!“, ist mehr als ein Appell an uns alle, nicht wegzuschauen, sondern hinzuschauen auf die Nöte der Menschen und der Menschheit als Ganzes.
Gerade in seiner Schlichtheit ist das Motto auch ein Zeugnis dafür, dass Gott selbst es ist, der hinschaut und seine Welt und uns nicht alleinlässt. Das Vertrauen darauf kann Mut machen. Und es kann Kraft geben zu aktivem Handeln, dazu, Verantwortung zu übernehmen, neue Perspektiven in den Blick zu nehmen und unbequeme Entscheidungen zu treffen. Das gilt für die noch offenen Fragen nach der ersehnten Einheit der Kirchen ebenso wie für die gesellschaftlichen und politischen Fragen, die uns umtreiben: Gerechtigkeit und Frieden, Macht und Moral, Ökologie und Ökonomie, Gesundheit und Nachhaltigkeit. All diese Themen werden auch bei diesem digitalen Ökumenischen Kirchentag eine Rolle spielen. Und das ist gut so.
Noch wichtiger aber ist für mich, dass es diesmal neben den vertrauten Bibelarbeiten bekannter Vertreterinnen und Vertreter beider christlicher Konfessionen auch jüdisch-christliche Bibelarbeiten und eine jüdisch-christlich-muslimische Bibelarbeit geben wird. Damit weitet sich der Blick über den Tellerrand hinaus und lässt etwas von dem erahnen, was der kürzlich verstorbene Hans Küng mit seinem Weltethos-gedanken im Sinn hatte: Die Verständigung zwischen Konfessionen und Religionen und gemeinsam geteilte Werte sind die entscheidende Grundlage für ein friedliches Zusammenleben der Menschheit. Und das nicht nur in Pandemiezeiten.
Unsere Autorin ist Benediktinerin der Abtei St. Hildegard in Rüdesheim-eibingen und stammt aus Ratingen. Sie wechselt sich mit der evangelischen Pfarrerin Friederike Lambrich, Rabbi Jehoschua Ahrens und dem Islamwissenschaftler Mouhanad Khorchide ab.