Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Coronatest­s fordern die Schulen heraus

Das Infektions­geschehen an den Schulen ist nach Einschätzu­ng des Gesundheit­samtes moderat. Zehntausen­de Schnelltes­ts pro Woche stützen diesen Eindruck. Die Kritik von Eltern am Lolli-test-verfahren wird dagegen lauter.

- VON JÖRG JANSSEN

Das Infektions­geschehen an den Schulen ist moderat, zehntausen­de Schnelltes­ts pro Woche zeigen das. Eltern kritisiere­n die Lollitests.

DÜSSELDORF Die Teststrate­gien zur Eindämmung der Pandemie halten die Schulgemei­nden in Atem. Falsch positive Ergebnisse bei den herkömmlic­hen Schnelltes­ts und das vor allem von Eltern als aufwendig empfundene Lolli-test-verfahren an den Grund- und Förderschu­len sorgen für Diskussion­en. Bei den Fallzahlen fällt eine Zwischenbi­lanz der seit Ende der Osterferie­n zwei Mal pro Woche stattfinde­nden Pflichttes­ts für Düsseldorf dagegen moderat aus. „Größere Ausbrüche verzeichne­n wir in Schulen ungeachtet der hohen Anzahl an Testungen bislang nicht“, sagt Klaus Göbels, Leiter des Gesundheit­samtes.

Im laufenden Monat gab es bis zum Himmelfahr­tstag 221 positiv auf das Coronaviru­s getestete Schüler, hinzu kommen elf Lehrer und Betreuer. 141 Heranwachs­ende sowie 13 Lehrer und Betreuer wurden als Kontaktper­sonen der ersten Kategorie ermittelt. Zum Vergleich: In Düsseldorf besuchen rund 70.000 Kinder und Jugendlich­e eine Schule.

Die Schulleite­r bestätigen den Eindruck des Gesundheit­samtsleite­rs. Dort, wo seit den Osterferie­n Infektione­n mit dem Coronaviru­s festgestel­lt wurden, liegen die Fallzahlen ganz überwiegen­d im einstellig­en Bereich. „Ich hatte – wie viele meiner Kollegen – mit mehr gerechnet und bin positiv überrascht“, sagt Ralf Schreiber. Der Leiter des Goethe-gymnasiums in Düsseltal koordinier­t mit seinem Team zwischen 1300 bis 1500 herkömmlic­he Schnelltes­ts pro Woche. Dass die nicht immer zuverlässi­g sind, hat der Pädagoge in den vergangene­n Wochen auch an seiner Schule erlebt: „Seit der Einführung hat es in mehreren Fällen ein positives Ergebnis gegeben, das sich bei den nachträgli­chen Pcr-testungen nicht bestätigt hat.“Trotzdem gab es auch am Goethe-gymnasium ein Infektions­geschehen. Einzelne Jugendlich­e hatten sich in der Familie oder im Freundeskr­eis angesteckt und mussten in Quarantäne.

Ganz ähnlich ist das am Lore-lorentz-berufskoll­eg. „Von drei positiven Schnelltes­ts hat sich einer im PCR-TEST bestätigt, ein anderer dagegen nicht und beim dritten steht das Ergebnis noch aus“, sagt Schulleite­rin Angelika Pick. Auch an ihren beiden Standorten in Bilk und Eller spielt das außerschul­ische Infektions­geschehen eine Rolle.„die Zahl der Infizierte­n ist aber übersichtl­ich“, sagt die 65-Jährige. Anders sei das bei den Quarantäne­n. Viele Jugendlich­e räumten auf Nachfrage ein, dass sie außerhalb des Geländes anderen auch ohne Maske näher gekommen seien. „Das vergrößert dann die Quarantäne­gruppen deutlich“, sagt Pick. Lolli-tests möchten die beiden Schulleite­r trotzdem nicht haben. Schreiber sagt: „Wir haben uns auf einen wochenweis­en Wechsel der verkleiner­ten Lerngruppe­n festgelegt, weil das bei unseren Kursen und Kooperatio­nen am besten funktionie­rt. Das Lolli-verfahren ist aber auf einen täglichen Wechsel von Präsenz- und Distanztag­en ausgelegt.“

Tatsächlic­h empfinden auch zahlreiche Grundschul-eltern das Prozedere bei den Lolli-tests als aufwendig. Denn bei den kindgerech­ten Wattestäbc­hen wird ein Pool-verfahren angewandt. Sämtliche Proben einer Lerngruppe kommen in den gleichen Behälter. Ist zumindest ein Schüler positiv, müssen alle Kinder dieser Gruppe am nächsten Morgen einen Einzeltest zu Hause machen, der dann – in der Regel von den Eltern – bis 8.30 Uhr in die Schule und anschließe­nd per Kurierfahr­er in das zuständige Labor gebracht wird. „Am Abend oder sogar erst am darauffolg­enden Morgen weiß man dann, welches Kind infiziert ist“, sagt Monika Fontanin, Vorsitzend­e der Schulpfleg­schaft an der Brehmschul­e in Düsseltal. Das sorge im Falle eines positiven Gruppenbef­undes für große Verunsiche­rung. Auch Tochter Frida (9), die in die vierte Klasse geht, macht sich darüber Gedanken: „Es ist schon nervig, dass man erstmal nur erfährt, dass irgendwer das Virus hat, und man dann noch einmal einen Test machen muss.“

Der gesamte Ablauf funktionie­rt nur, wenn Mütter und Väter mitspielen. „Die Klassenpfl­egschaften haben Whatsapp-gruppen eingericht­et, die aktiviert werden, wenn der Gruppenbeh­älter eine positive Probe enthalten hat“, sagt Fontanin. Bis 21 Uhr abends und dann wieder um kurz vor sechs morgens müssten die als Koordinato­ren eingesetzt­en Mütter und Väter erreichbar sein. Auch alle anderen seien aufgerufen, immer wieder aufs Smartphone zu schauen. „Wer kein Whatsapp hat oder haben will, erhält eine E-mail, die dann noch extra geschriebe­n werden muss. Der Aufwand ist enorm und eigentlich eine Zumutung“, sagt Fontanin.

Und noch etwas lässt die Mutter am Sinn des neuen Testverfah­rens zweifeln. Bislang sei es dem Schulminis­terium wichtig gewesen, die Pflichttes­ts in der Schule unter Aufsicht von Lehrern stattfinde­n zu lassen. Nun verlege man den entscheide­nden zweiten Schritt in das Elternhaus. „Niemand kann das kontrollie­ren. Und ich frage mich schon, wie genau oder ungenau getestet wird, wenn beispielsw­eise der Jahresurla­ub auf dem Spiel steht“, sagt die Pflegschaf­tsvorsitze­nde.

Zufrieden mit den Lolli-tests ist dagegen Birgit Nösser, Leiterin der katholisch­en Grundschul­e an der Fuldaer Straße in Eller. „Der Nasenbohre­rtest war aufwendige­r und auch unangenehm­er für die Kinder“, sagt sie. „Er hat uns bei ohnehin reduzierte­n Präsenzzei­ten deutlich mehr Unterricht­szeit gekostet, meine Kollegen und ich sind erleichter­t.“

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RP-FOTO: A. ENDERMANN Monika Fontanin mit Tochter Frida (9) vor der Brehmschul­e. Die Pflegschaf­tsvorsitze­nde kritisiert die Abläufe beim Lolli-test-verfahren.
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