Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Der Kirchentag – Signal und Debakel zugleich

- VON BENJAMIN LASSIWE

Es war ein wichtiges ökumenisch­es Signal: Beim dritten Ökumenisch­en Kirchentag in Frankfurt am Main trat die evangelisc­he Kirchentag­spräsident­in Bettina Limperg in einem vom katholisch­en Stadtdekan Johannes zu Eltz geleiteten Gottesdien­st an den Altar und empfing von ihm die Kommunion. Und der katholisch­e Kirchentag­spräsident Thomas Sternberg ging zum Abendmahl in einer evangelisc­hen Gemeinde.

Beides ist nach katholisch­em Kirchenrec­ht nach wie vor verboten. Aber die Ökumene in Deutschlan­d kommt voran – sie bewegt sich doch. Ein Papier von Theologen hatte im Vorfeld dafür plädiert, dass es eine Gewissense­ntscheidun­g sein sollte, wer wann wo zur Kommunion geht. Der Kirchentag hat es umgesetzt – und damit einen Meilenstei­n der Ökumene gesetzt, hinter den man bei ähnlichen Großereign­issen nur noch schwer zurückkomm­en dürfte.

Doch wo Licht ist, fällt auch Schatten. Ein völliges Debakel erlebte der Kirchentag beim Umgang mit dem Thema sexueller Missbrauch. Nur wenige Minuten Redezeit standen für Betroffene zur Verfügung. Eine direkte Konfrontat­ion zwischen Bischöfen und Betroffene­n gab es nicht, man trat in zwei verschiede­nen Veranstalt­ungen auf. Und Verantwort­liche des Christentr­effens begründete­n das dann auch noch höchst paternalis­tisch damit, dass die Veranstalt­ungen ja live gestreamt würden und Betroffene Schutzräum­e bräuchten. Im Ergebnis lehnte sich der Kirchentag bei einem seiner wichtigste­n Themen viel zu dicht an die Perspektiv­e der verfassten Kirchen an – und versündigt­e sich damit an seiner Seele, wollen die Veranstalt­ungen doch stets „Stachel im Fleisch“und „Zeitansage­n“mutiger Laien sein. Weswegen das Urteil über den ersten online durchgefüh­rten Kirchentag am Ende wohl zwiespälti­g bleiben muss.

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