Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Das Potenzial der sozialen Medien
Instagram und Co. sind nicht nur oberflächlich. Das SophieScholl-projekt beweist es.
Anlässlich des 100. Geburtstags von Sophie Scholl startete auf Instagram das Langzeit-projekt „Ich bin Sophie Scholl“. Das Social-media-experiment erlaubt allen Nutzern des Kanals, die letzten zehn Monate im Leben der Ns-widerstandskämpferin in Echtzeit mitzuerleben und zu kommentieren.
Fast genauso spannend wie Sophie Scholls Geschichte ist aber die Instagram-studie, die dadurch entsteht. Es ist unglaublich, wie viele Menschen sich plötzlich beteiligen, kommentieren und mitmachen. Der Account hat in wenigen Tagen über 800.000 Follower gewonnen und eine Aufmerksamkeit wie kein anderes Filmprojekt. Besonders ins Auge gestochen ist mir ein Kommentar aus dem Publikum: „Zwischen all dem unnötigen Influencer-quatsch“sei dieser Account anders und eine „tolle Aktion“.
Viele haben leider nicht verstanden, dass es genau um diesen „Influencer-quatsch“geht. Sophie Scholl ist eine Gestalt, die zeigt, was für einen Einfluss Social Media heutzutage hat und was vielleicht nicht passiert wäre, wenn es damals schon derartige Kommunikationskanäle gegeben hätte. Eigentlich geht es aber auch gar nicht darum, dass Instagram eventuell die Macht gehabt hätte, das NS-REgime zu stürzen, sondern darum, dass viele Leute heutzutage nicht kapieren, was „Influencer“eigentlich bedeutet. Figuren wie Greta Thunberg und die Instagram-sophie gehören zu denen, die die Mittel haben, Menschen zu bewegen und einen politischen Gedanken zu teilen. Kanäle wie Instagram beherbergen eben nicht nur oberflächliche Personen mit Aufmerksamkeitsdefizit. Ich hoffe, dass die Aktion nicht nur in geschichtlicher Hinsicht Augen öffnet, sondern auch darüber aufklärt, was Social Media kann.
Ich bin gespannt, wie das Projekt weitergeht und ob die Spannung gehalten werden kann. Hoffentlich macht Instagram keinen Strich durch die Rechnung, denn auf Social Media besteht schnell die Gefahr, dass solch ein Projekt beim Otto Normalnutzer ohne große Account-interaktion nach kürzester Zeit im Algorithmus verschwindet und vergessen wird.
Unsere Autorin ist Start-up-gründerin und Sprecherin der Initiative Nrwalley. Sie wechselt sich hier mit Blogger Richard Gutjahr ab.