Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Pädokrimin­ellen auf der Spur

Lka-ermittler geben sich in Chats als Minderjähr­ige aus, um Kindesmiss­brauch aufzudecke­n.

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

DÜSSELDORF „Ich bin zwölf, und du?“, schreibt ein Mädchen ihrem Chatpartne­r auf einer öffentlich­en Internetpl­attform. „34“, antwortet dieser und ergänzt sofort: „Na, magst du der Mama auch sagen, was du anhast?“

In dem Fall ist das Mädchen nicht echt. Vielmehr hat sich ein Fahnder des nordrhein-westfälisc­hen Landeskrim­inalamts (LKA) als Zwölfjähri­ge ausgegeben und ein sogenannte­s Fake-profil angelegt, um den Kriminelle­n auf die Spur zu kommen. Echt ist aber die Person, die sich als Mutter ausgegeben hat – es handelt sich um einen Erwachsene­n, der es auf Kinder abgesehen hat. Die Polizei geht davon aus, dass es täglich zu Tausenden solcher Chats kommt. Es habe keine fünf Minuten gedauert, bis parallel mehrere offenkundi­g ältere Männer das vermeintli­che Kind anschriebe­n, berichtet Christina Schulze Föcking, Sprecherin der CDU-FRAKtion in der Kinderschu­tzkommissi­on. Innerhalb kürzester Zeit sei es zu Anzüglichk­eiten bis hin zu Aufforderu­ngen zu heimlichen Sex-treffen gekommen.

„Nach eigenen Angaben 69-jährige Männer, die von einer Zwölfjähri­gen im Keller befriedigt werden wollen – mir wurde richtig schlecht“, sagt Schulze Föcking. Ähnliche Erfahrunge­n haben die Lka-fahnder bei verschiede­nen Chat-anbietern und nach eigenen Angaben sogar beim Portal Ebay-kleinanzei­gen gemacht, wo das Lockprofil der Fahnder mit einem harmlosen Post Babysitter-dienste anbietet. „Darauf haben wir Anfragen für regelmäßig­e Massagen gegen Bezahlung bekommen“, so Schulze Föcking.

Laut LKA ist Cybergroom­ing die gezielte Anbahnung sexueller Kontakte mit Minderjähr­igen über das Internet. Die genannten Fälle zeigten, dass das Problem eine Dimension habe, die man sich gar nicht ausmalen wolle, so Schulze Föcking. Die Täter geben sich laut LKA gegenüber Kindern oder Jugendlich­en als gleichaltr­ig aus, um das Vertrauen der Minderjähr­igen zu gewinnen und sie im weiteren Verlauf zu manipulier­en. „Sie verfolgen damit meistens das Ziel, sich auch in der realen Welt mit den minderjähr­igen Opfern zu treffen und sie zu missbrauch­en“, so das LKA. Oft könnten die Täter die Minderjähr­igen vorher dazu überreden, ihnen freizügige Selbstport­räts zuzusenden. „Diese werden dann in erpresseri­scher Weise als Druckmitte­l gegen die Minderjähr­igen eingesetzt, um sie zu weiteren Handlungen zu bewegen“, heißt es beim LKA.

Cybergroom­ing ist als Vorbereitu­ng zu sexuellem Kindesmiss­brauch strafbar. In Wuppertal hat im vergangene­n Jahr ein wegen Kindesmiss­brauchs vorbestraf­ter 43-Jähriger vor Gericht gestanden, dass er in einem Chatportal erneut Kontakt zu Minderjähr­igen gesucht hat. In einem Fall soll es zu sexuellen Handlungen mit einer 16-Jährigen gekommen sein, der er dafür ein Motorrad versproche­n haben soll, was der Angeklagte bestritt. In dem Chatportal soll er unter dem Namen „Süßer Romantiker 18“und „Süßer Masseur“Kontakt zu minderjähr­igen Mädchen gesucht haben.

Der Kampf gegen Kinderporn­ografie und sexuellen Kindesmiss­brauch ist eine zentrale Aufgabe der Polizei in Nordrhein-westfalen. Laut Kriminalit­ätsstatist­ik gab es im vergangene­n Jahr einen Anstieg bei der Kinderporn­ografie (4776 Fälle, plus 102,5 Prozent) und beim Kindesmiss­brauch (3553 Fälle, plus 19,5 Prozent). Das Land hat in den vergangene­n Jahren mehr als 30 Millionen Euro in neue Technik investiert und die Ermittlerz­ahl in dem Bereich von 100 auf 400 erhöht. Dazu zählt auch die Prävention, die nach Einschätzu­ng von CDU und FDP weiter intensivie­rt werden muss. Ein gemeinsame­r Antrag, der am Donnerstag ins Plenum des Düsseldorf­er Landtages eingebrach­t werden soll, sieht unter anderem vor, die bestehende­n Angebote für Eltern, Lehrkräfte und Akteure der Kinder- und Jugendhilf­e weiterzuen­twickeln.

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FOTO: LKA Chats, in denen sich die Lka-ermittler als Kinder ausgeben.

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