Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Bald drei Prozent Inflation?
Nach dem Schub in den USA werden auch in Europa steigende Preise erwartet.
DÜSSELDORF Eine Inflationsrate von vier Prozent – das hat es in Deutschland fast 30 Jahre nicht mehr gegeben. 1993 lag die Rate mal bei 4,5 Prozent, danach ging es runter. In den USA dagegen sind die Preise im April wieder um 4,2 Prozent geklettert, das war der steilste Anstieg seit 2008. Steht so etwas in Europa auch bevor? In der Eurozone betrug die Rate im März 1,7 Prozent, Tendenz steigend.
Inflation bedeutet, dass Verbraucher für gleiches Geld weniger Waren kaufen können. Das merkt man derzeit unter anderem an den Tankstellen, an denen die Co2-bepreisung das Benzin noch teurer machen wird, aber auch bei einigen Lebensmitteln, Dienstleistungen und Baumaterialien. Was wiederum für Ökonomen ein gutes Zeichen ist, ein Hinweis darauf, dass sich die Wirtschaft von der Krise erholt. „Es ist klar, dass in diesem Jahr die Inflationsraten weiter steigen werden. Nach dem coronabedingten Preisdämpfer im letzten Jahr gibt es nun aufgrund von Impferfolgen und Lockerungen preistreibende Sondereffekte“, erklärt Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Deka-bank. Die Inflationsdaten aus den Vereinigten Staaten seien „ein echter Hingucker“gewesen.
Aber: Die Amerikaner berechnen ihre Preise aus verschiedenen Indizes, und dabei sticht vor allem der Energiepreisindex ins Auge. Im ersten Quartal des vergangenen Jahres ist in den Vereinigten Staaten nämlich unter anderem der Ölpreis in den Keller gegangen, der nun jenseits des Atlantiks wieder deutlich höher liegt. Der Preis für ein Fass der Nordseesorte Brent beispielsweise hat sich seit Frühjahr 2020 verdreifacht. Preisanstieg bei Energie insgesamt: 25 Prozent. Rechnet man dieses Plus heraus, kommen die Amerikaner „nur“noch auf eine Inflationsrate von drei Prozent.
Drei Prozent – das sagen Experten auch für die Eurozone voraus, beispielsweise Isabel Schnabel, Mitglied des Direktoriums der Europäischen Zentralbank. Die Euro-banker sprechen aber vorerst von einem temporären Effekt, weil auch in Europa die Enregiepreise einiges verzerren und in Deutschland zu Jahresbeginn zusätzlich die Wiederererhöhung der Mehrwertsteuer von 16 auf 19 Prozent eine Rolle gespielt hat. Andererseits dürften die Konsumausgaben mit größeren Möglichkeiten zum Essengehen, Urlaubmachen und Einkaufen die Nachfrage und damit die Preise ankurbeln.