Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Deutschlan­ds moralische Pflicht

- VON HAGEN STRAUSS

Was sich in Afghanista­n abspielt, ist eine Katastroph­e. Innerhalb weniger Wochen zerbröseln­w alle Erfolge, die in den vergangene­n 20 Jahren mit vielen Opfern errungen wurden. Für Frauen, Mädchen, für Bildung und Gesundheit, für die globale Sicherheit. Gewiss, Afghanista­n ist auch durch das internatio­nale Engagement kein Vorzeigest­aat geworden. Dazu sind die politische­n Eliten zu korrupt, die religiösen Fanatiker zu einflussre­ich. Aber das Land am Hindukusch war bis zum Abzug der Soldaten zumindest eines, in dem es vielen Menschen durch neue Perspektiv­en etwas besser ging. Aus und vorbei. Der Terror macht sich breit. Man muss kein Prophet sein, um zu wissen, dass sein langer Arm irgendwann wieder in die westliche Staatengem­einschaft reichen wird.

Nun herrscht große Ratlosigke­it. Auch in der deutschen Politik. Für sie ist die Entwicklun­g ebenso eine herbe Niederlage. Die Bundeswehr war es, die die afghanisch­en Sicherheit­skräfte vornehmlic­h ausgebilde­t hat; sie werden nun von den Taliban förmlich überrannt. Viel schwerer wiegt aber der deutsche Umgang mit den Ortskräfte­n, die jetzt in Kabul und anderswo im Land um ihr Leben fürchten müssen.

Ihnen zu helfen, sie ohne bürokratis­che Hürden nach Deutschlan­d zu holen, wenn diese Menschen das wollen, ist eine politische wie moralische Pflicht. Stattdesse­n aber ist der Umgang mit den Ortskräfte­n zwischen die Mühlsteine der Ministerie­n geraten. Das ist unwürdig, das schadet auch dem Ansehen Deutschlan­ds. Sollten die Ressortche­fs Kramp-karrenbaue­r, Maas und Seehofer sich wegen des Wahlkampfe­s weiter blockieren, muss die Kanzlerin eingreifen, damit mehr Ortskräfte­n unkomplizi­ert geholfen wird. Besser jetzt als gleich. Merkel steht im Wort. Wenn schon Afghanista­n nicht mehr zu retten ist, dann doch diese Menschen. BERICHT „WIR WERDEN CHARTERFLÜ­GE ORGANISIER­EN“, POLITIK

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