Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Die gelbe Karte der Richter für die Parteien
Das Verfassungsgericht hat dem Wahlrecht, wie es die Koalition gegen die Stimmen der Opposition durchgedrückt hat, eine gelbe Karte gezeigt. Viele Passagen der Entscheidungen belegen die Bedenken des höchsten deutschen Gerichtes. Letztlich stellte es nur wegen der absehbar geringen Auswirkungen die winzige Wahlrechtsreform auf den letzten Metern nicht mehr vom Platz.
Das darf weder als Erfolg für Union und SPD noch als Schlappe für die Opposition gewertet werden. Damit sich das Trauerspiel kraftloser und wirkungsarmer Wahlrechtsreformen nicht wiederholt, brauchen alle Parteien einen Mentalitätswandel. Wer vor Ort gewählt ist, darf zwar seinen Sitz nicht mehr verlieren. Aber er muss sich fragen lassen, was diese „Mehrheit“wert ist, wenn er zwar von allen Kandidaten die meisten Stimmen bekommen hat, letztlich aber nur ein Fünftel der Wähler hinter ihm steht. Auf der anderen Seite führt das jetzige Wahlrecht dazu, dass im Norden bei anderen Parteien zusätzliche Bewerber einziehen, die keine Chance auf ein Mandat gehabt hätten, wenn im Süden andere Wähler nicht ihre Erststimme Kandidaten einer anderen Partei gegeben hätten. Das ist absurd.
Die Lösung ist so schwierig für die Parteien und so einfach in der Sache: Der Bundestag sollte exakt aus zwei Mal 299 Abgeordneten bestehen, wie es das Wahlrecht schon jetzt vorgibt. Die ersten 299 kommen von den Landeslisten gemäß den Anteilen an den Zweitstimmen. Die zweiten 299 kommen aus den 299 Wahlkreisen mit den direkt gewählten Kandidaten. Aber nur, wenn sie beim ersten Anlauf oder bei der Stichwahl 14 Tage später die absolute Mehrheit vor Ort erringen. Dann können sich auch kleinere zusammentun und den Stärksten von ihnen durchbringen. Und der wäre wirklich Repräsentant des Wahlkreises. BERICHT DER AUFGEBLASENE BUNDESTAG, POLITIK