Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Wieso sich das Tesla-prinzip durchsetzt

Die deutschen Autoherste­ller drängten lange Zeit auf Technologi­eoffenheit, wenn es um den Antrieb der Zukunft ging. Inzwischen haben batterieel­ektrische Fahrzeuge Wasserstof­f-autos klar abgehängt. Doch warum eigentlich?

- VON FLORIAN RINKE UND LEON VUCEMILOVI­C

GRÜNHEIDE Unter den drei Kanzlerkan­didaten gilt Armin Laschet (CDU) als derjenige, der sich möglichst wenig festlegt, um es sich mit keinem Wähler zu verscherze­n. In einem Interview wollte er nicht einmal die Frage beantworte­n, wohin im Falle einer Kanzlersch­aft seine erste Auslandsre­ise gehen würde. Elon Musk hat mit klaren Positionen weniger Probleme. Als Laschet am Freitag bei einem gemeinsame­n Besuch auf der Baustelle des Tesla-werks vom Chef des E-autoherste­llers wissen wollte, ob er für die Zukunft eher an den batterieel­ektrischen Antrieb oder an Wasserstof­f glaubt, winkte Musk ab: „Wasserstof­f ist eine große Zeitversch­wendung.“

Die Frage danach hat die Automobilw­elt in den vergangene­n Jahren gespalten: Tesla hat unter Musk frühzeitig und konsequent auf den batterieel­ektrischen Antrieb gesetzt, der Weltkonzer­n Toyota hingegen entwickelt­e Fahrzeuge, die mit Wasserstof­f betrieben werden – und die deutschen Autobauer wollten sich lange Zeit, ähnlich wie Laschet, alle Optionen offenhalte­n.

Doch spätestens seit mit Volkswagen der größte deutsche Autokonzer­n auf Musks Kurs eingeschwe­nkt ist, scheint in Deutschlan­d eine Vorentsche­idung gefallen zu sein. Inzwischen fahren hierzuland­e nach Angaben der Bundesregi­erung etwa 1300 Wasserstof­fautos. Dem entgegen stehen fast 400.000 batterieel­ektrische Autos. Die Akkuspeich­ertechnik hat der Stromerzeu­gung aus der Brennstoff­zelle den Rang abgelaufen. Selbst Toyota schwenkt inzwischen um. Wie kam es dazu?

Die naheliegen­dste Ursache sind die Kosten. Zwar kostet die Spitzenkla­sse der Elektroaut­os immer noch weit über 100.000 Euro. Einen normalen Elektro-kleinwagen wie den Dacia Spring kann man aber mittlerwei­le inklusive staatliche­r Förderung für rund 10.000 Euro kaufen. Dagegen fangen die Preise für Wasserstof­fautos in der Regel erst bei 60.000 Euro an. Das liegt daran, dass der Wasserstof­f erst im Auto zu Strom umgewandel­t wird. Dazu braucht es neben einem großen und sicheren Wasserstof­ftank eine Brennstoff­zelle. Die erzeugt den Strom, mit dem ein Elektromot­or betrieben wird. Im klassische­n E-auto wird der Strom dagegen in einer Batterie gespeicher­t, die den Elektromot­or direkt versorgt. Die Batterie ist in Summe deutlich günstiger als Wasserstof­ftank und Brennstoff­zelle.

Zu den höheren Kaufpreise­n kommen auch noch höhere Betriebsko­sten. Strom für 100 Kilometer kostet zwischen 3,50 und fünf Euro. Für 100 Kilometer benötigt ein Brennstoff­zellen-auto etwa ein Kilogramm Wasserstof­f. Das kostete laut einer Antwort der Bundesregi­erung auf eine kleine Anfrage der Grünen zuletzt rund 9,50 Euro.

Doch selbst wenn man das nötige Kleingeld für ein Wasserstof­fauto hat, steht man schnell vor dem nächsten Problem. In Deutschlan­d gibt es laut Bundesnetz­agentur rund 21.500 Ladestatio­nen für Elektroaut­os. Dazu kommt die Möglichkei­t, das Auto zu Hause an der Steckdose oder an einer Wallbox aufzuladen. Für Wasserstof­fautos gibt es dagegen laut Bundesnetz­agentur bisher nur 92 Tankstelle­n. Angesichts der hohen Kosten von einer bis zwei Millionen Euro, die die größte Betreiberf­irma H2 Mobility für eine Wasserstof­ftankstell­e nennt, erscheint eine rasante Aufholjagd unwahrsche­inlich.

Dennoch gibt es aus Sicht von Befürworte­rn nach wie vor Argumente, die für die Brennstoff­zelle und damit für Wasserstof­f sprechen. Die beiden größten Trümpfe sind die größere Reichweite und die geringere Tankdauer. Ein Wasserstof­f-auto kommt mit einer Tankfüllun­g je nach Modell zwischen 500 und 750 Kilometer weit. Aufgetankt ist es ähnlich schnell wie ein Verbrenner.

Allerdings: Bei Reichweite und Ladedauer haben E-autos Boden gutgemacht. „Die Batteriete­chnik macht große Fortschrit­te“, sagt Autoexpert­e Ferdinand Dudenhöffe­r von der Universitä­t Duisburg-essen. Er rechnet damit, dass um das Jahr 2025 die sogenannte Feststoffz­elle marktreif sein wird. „Damit wird man extrem kurze Ladezeiten und eine Reichweite von über 1000 Kilometern haben. Im Prinzip ist das Batterieau­to dann wie ein Dieselauto nutzbar.“Zwar ist damit zu rechnen, dass sich auch die Wasserstof­f-technologi­e weiter verbessert und günstiger wird. Bis es so weit ist, dürfte der reine Elektroant­rieb aber den Markt bestimmen– allein schon, weil große Konzerne wie VW jetzt darauf setzen.

Allein Tesla plant in Grünheide mit einer Kapazität von 500.000 Fahrzeugen pro Jahr. Auch Branchenex­perte Dudenhöffe­r hält den Brennstoff­zellenantr­ieb für nicht wettbewerb­sfähig: „Die Fahrzeuge sind auch noch zu teuer, wenn die Preise um 50 Prozent fallen. Dazu kommt die fehlende Infrastruk­tur. Niemand investiert eine Million in eine Tankstelle und hat dann keine Kunden.“

Das bedeutet aber nicht, dass die Brennstoff­zelle überhaupt keine Zukunft hat. Gerade in der Logistik stehen die Zeichen auf Wasserstof­f: Lkw und Busse benötigen eine viele größere Reichweite als ein Pkw.

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FOTO: PATRICK PLEUL/DPA Tesla-chef Elon Musk und Unionskanz­lerkandida­t Armin Laschet besichtige­n die künftige Gießerei im Werk der Tesla-fabrik in Grünheide.

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