Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Wieso sich das Tesla-prinzip durchsetzt
Die deutschen Autohersteller drängten lange Zeit auf Technologieoffenheit, wenn es um den Antrieb der Zukunft ging. Inzwischen haben batterieelektrische Fahrzeuge Wasserstoff-autos klar abgehängt. Doch warum eigentlich?
GRÜNHEIDE Unter den drei Kanzlerkandidaten gilt Armin Laschet (CDU) als derjenige, der sich möglichst wenig festlegt, um es sich mit keinem Wähler zu verscherzen. In einem Interview wollte er nicht einmal die Frage beantworten, wohin im Falle einer Kanzlerschaft seine erste Auslandsreise gehen würde. Elon Musk hat mit klaren Positionen weniger Probleme. Als Laschet am Freitag bei einem gemeinsamen Besuch auf der Baustelle des Tesla-werks vom Chef des E-autoherstellers wissen wollte, ob er für die Zukunft eher an den batterieelektrischen Antrieb oder an Wasserstoff glaubt, winkte Musk ab: „Wasserstoff ist eine große Zeitverschwendung.“
Die Frage danach hat die Automobilwelt in den vergangenen Jahren gespalten: Tesla hat unter Musk frühzeitig und konsequent auf den batterieelektrischen Antrieb gesetzt, der Weltkonzern Toyota hingegen entwickelte Fahrzeuge, die mit Wasserstoff betrieben werden – und die deutschen Autobauer wollten sich lange Zeit, ähnlich wie Laschet, alle Optionen offenhalten.
Doch spätestens seit mit Volkswagen der größte deutsche Autokonzern auf Musks Kurs eingeschwenkt ist, scheint in Deutschland eine Vorentscheidung gefallen zu sein. Inzwischen fahren hierzulande nach Angaben der Bundesregierung etwa 1300 Wasserstoffautos. Dem entgegen stehen fast 400.000 batterieelektrische Autos. Die Akkuspeichertechnik hat der Stromerzeugung aus der Brennstoffzelle den Rang abgelaufen. Selbst Toyota schwenkt inzwischen um. Wie kam es dazu?
Die naheliegendste Ursache sind die Kosten. Zwar kostet die Spitzenklasse der Elektroautos immer noch weit über 100.000 Euro. Einen normalen Elektro-kleinwagen wie den Dacia Spring kann man aber mittlerweile inklusive staatlicher Förderung für rund 10.000 Euro kaufen. Dagegen fangen die Preise für Wasserstoffautos in der Regel erst bei 60.000 Euro an. Das liegt daran, dass der Wasserstoff erst im Auto zu Strom umgewandelt wird. Dazu braucht es neben einem großen und sicheren Wasserstofftank eine Brennstoffzelle. Die erzeugt den Strom, mit dem ein Elektromotor betrieben wird. Im klassischen E-auto wird der Strom dagegen in einer Batterie gespeichert, die den Elektromotor direkt versorgt. Die Batterie ist in Summe deutlich günstiger als Wasserstofftank und Brennstoffzelle.
Zu den höheren Kaufpreisen kommen auch noch höhere Betriebskosten. Strom für 100 Kilometer kostet zwischen 3,50 und fünf Euro. Für 100 Kilometer benötigt ein Brennstoffzellen-auto etwa ein Kilogramm Wasserstoff. Das kostete laut einer Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Grünen zuletzt rund 9,50 Euro.
Doch selbst wenn man das nötige Kleingeld für ein Wasserstoffauto hat, steht man schnell vor dem nächsten Problem. In Deutschland gibt es laut Bundesnetzagentur rund 21.500 Ladestationen für Elektroautos. Dazu kommt die Möglichkeit, das Auto zu Hause an der Steckdose oder an einer Wallbox aufzuladen. Für Wasserstoffautos gibt es dagegen laut Bundesnetzagentur bisher nur 92 Tankstellen. Angesichts der hohen Kosten von einer bis zwei Millionen Euro, die die größte Betreiberfirma H2 Mobility für eine Wasserstofftankstelle nennt, erscheint eine rasante Aufholjagd unwahrscheinlich.
Dennoch gibt es aus Sicht von Befürwortern nach wie vor Argumente, die für die Brennstoffzelle und damit für Wasserstoff sprechen. Die beiden größten Trümpfe sind die größere Reichweite und die geringere Tankdauer. Ein Wasserstoff-auto kommt mit einer Tankfüllung je nach Modell zwischen 500 und 750 Kilometer weit. Aufgetankt ist es ähnlich schnell wie ein Verbrenner.
Allerdings: Bei Reichweite und Ladedauer haben E-autos Boden gutgemacht. „Die Batterietechnik macht große Fortschritte“, sagt Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-essen. Er rechnet damit, dass um das Jahr 2025 die sogenannte Feststoffzelle marktreif sein wird. „Damit wird man extrem kurze Ladezeiten und eine Reichweite von über 1000 Kilometern haben. Im Prinzip ist das Batterieauto dann wie ein Dieselauto nutzbar.“Zwar ist damit zu rechnen, dass sich auch die Wasserstoff-technologie weiter verbessert und günstiger wird. Bis es so weit ist, dürfte der reine Elektroantrieb aber den Markt bestimmen– allein schon, weil große Konzerne wie VW jetzt darauf setzen.
Allein Tesla plant in Grünheide mit einer Kapazität von 500.000 Fahrzeugen pro Jahr. Auch Branchenexperte Dudenhöffer hält den Brennstoffzellenantrieb für nicht wettbewerbsfähig: „Die Fahrzeuge sind auch noch zu teuer, wenn die Preise um 50 Prozent fallen. Dazu kommt die fehlende Infrastruktur. Niemand investiert eine Million in eine Tankstelle und hat dann keine Kunden.“
Das bedeutet aber nicht, dass die Brennstoffzelle überhaupt keine Zukunft hat. Gerade in der Logistik stehen die Zeichen auf Wasserstoff: Lkw und Busse benötigen eine viele größere Reichweite als ein Pkw.