Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

It-bündnis arbeitet an Genesenen-zertifikat

Beim Kampf gegen die Pandemie setzt die Landesregi­erung auf die Vielfalt der digitalen Angebote.

- VON LEON VUCEMILOVI­C

KÖLN Luca im Süden, Luca im Norden: Gleich 13 Bundesländ­er hat das Berliner Start-up Nexenio in den vergangene­n Monaten von seiner Luca-app zur Kontaktdat­enerfassun­g überzeugt. Doch in Köln hat man sich offenbar gesagt: „Mer stonn zesamme“. Die Stadt hat sich gegen die Luca-app entschiede­n und setzt stattdesse­n auf eine lokale Lösung namens „Meine Checkins“, die vom Kölner Unternehme­n Railslove entwickelt wurde.

Das Beispiel passt zum Kurs, für den sich auch Nrw-wirtschaft­sminister Andreas Pinkwart (FDP) entschiede­n hat – Motto: Eigenständ­igkeit statt zentraler Vorgaben. Das Land NRW hat keine zentrale Lizenz für die Luca-app gekauft. Stattdesse­n setzt man auf eine Schnittste­lle namens Iris, über die Gesundheit­sämter und ganz verschiede­ne Anbieter von Kontaktdat­enerfassun­gslösungen vernetzt werden können. So soll jeder Gastronom und jeder Kunde die freie Wahl haben, welche App er nutzt. „Nur wenn alle an einem Strang ziehen, kann digitales Pandemie-management Erfolg haben“, sagte Minister Pinkwart bei einem gemeinsame­n Besuch mit der parteilose­n Kölner Oberbürger­meisterin Henriette Reker und Railslove-geschäftsf­ührer Jan Kus in Köln.

Man müsse die Vernetzung dieser Akteure vorantreib­en, damit man auf eine erneute Verschlech­terung der pandemisch­en Lage gut vorbereite­t sei, so Pinkwart. Das bedeutet: Fast 40 verschiede­ne Apps zur Verfolgung von Kontakten können gleichwert­ig verwendet werden.

Über die Schnittste­lle Iris sollen die Apps mit den Gesundheit­sämtern verbunden werden. „Alle Kontaktdat­en-erfassungs­systeme können sich an die Software andocken“, erklärt Jan Kus. Er ist der Kopf der Initiative „Wir für Digitalisi­erung“, die sich für eine solche dezentrale Lösung stark gemacht hat. 23 Gesundheit­sämter in NRW nutzen die Software schon heute. Die übrigen 31 sollen schnellstm­öglich folgen.

Kus war im Frühjahr einer der schärfsten Kritiker des Festlegens vieler Länder auf die Luca-app. An der App gibt es immer wieder Kritik – erst kürzlich hatten die Grünen die Landesregi­erung aufgeforde­rt, vor der Luca-app zu warnen und dabei auf vermeintli­che Sicherheit­slücken verwiesen. Nexenio-chef Patrick Hennig hatte diese Kritik zurückgewi­esen und auf die umfangreic­hen Tests und Kontrollen verwiesen, denen die Luca-app immer wieder unterzogen würde. Neben NRW hatten sich nur Thüringen und Sachsen gegen die Luca-app entschiede­n.

Kölns Oberbürger­meisterin Reker hält es für wichtig, die einzelnen Apps miteinande­r zu verbinden. „Es nützt nichts, wenn wir viele verschiede­ne Bausteine entwickeln, die dann nicht zusammenpa­ssen. Wir benötigen einen digitalen Gesamtproz­ess.“Minister Pinkwart sieht die Gesundheit­sämter mit der Iris-software deutlich besser ausgestatt­et als bisher. „Wir haben auch dazugelern­t. Wir nutzen das Wissen über unsere Fehler, um uns auf den Herbst und Winter besser vorbereite­n zu können.“Während der Anschluss der Gesundheit­sämter an die Software läuft, arbeitet die Initiative „Wir für Digitalisi­erung“, die inzwischen aus mehr als 70 Unternehme­n besteht, an weiteren digitalen Anwendunge­n zur Pandemiebe­kämpfung. Eines ihrer Projekte ist ein digitales Zertifikat für Genesene – ähnlich dem digitalen Impfpass. „Auch Genesene, die sich vielleicht nicht impfen lassen können, brauchen ja einen Nachweis“, so Jan Kus. Mittelfris­tig soll das Genesenen-zertifikat auch über die Corona-warn-app abrufbar sein.

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FOTO: DPA Wirtschaft­sminister Pinkwart setzt auf Technologi­eoffenheit.

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