Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Zum Heulen!
Es ist wirklich zum Heulen. Da hat sich der FC Barcelona Jahre, vielleicht Jahrzehnte mit derartiger Hingabe verschuldet, dass selbst die sonst so nachsichtige spanische Fußballliga mahnend den Zeigefinger hob und zum Sparen aufrief. Das ist schrecklich, weil sich der Klub nun nicht einmal mehr Lionel Messi leisten kann, dessen großes Geschick auf dem Rasenviereck dem katalanischen Verein nach sehr unterschiedlichen Schätzungen im Jahr zwischen 35 und 70 Millionen Euro wert war. Auf zehn oder 20 Millionen kommt es wahrscheinlich nicht an.
Das fand natürlich auch Messi selbst zum Heulen, und er weinte bei seiner Abschiedspressekonferenz dicke Tränen. Es waren vermutlich ein paar Krokodilstränen dabei, denn während er auf dem Podium vor Rührung kaum einen Satz herausbekam, verhandelte sein Management mit Paris Saint Germain. Schon wenige Tage später sagte Messi in Paris in einer ebenfalls bestens inszenierten Veranstaltung für die Öffentlichkeit die Sätze, die Fußballer sagen, wenn sie einen neuen Verein haben. Von Glück war die Rede, großen Zielen, von Titeln. Geweint hat er nicht.
Es gab auch allenfalls Anlass für Freudentränen, PSG soll dem 34 Jahre alten Argentinier ja für einen
Zweijahresvertrag pro Saison 40 Millionen Euro überweisen.
Das finden wiederum erklärte Anhänger des Financial Fair Play zum Heulen, denn aus laufenden Einnahmen kann das Geld in Corona-zeiten kaum stammen. Die katarische Investorengruppe QSI (Qatar Sports Investments), der das Fußballspielzeug gehört, geht tüchtig in Vorkasse. Und sie leistet sich an Messis Seite unter anderen den italienischen Nationaltorwart Gianluigi Donnarumma, die spanische Verteidiger-legende Sergio Ramos, den einst für 220 Millionen Euro verpflichteten Brasilianer Neymar und das französische Wunderkind Kylian Mbappé – allesamt Spieler, die deutlich über dem Hartz-iv-satz liegen.
Sorgen bereitet das den Katarern nicht. Präsident Nasser Al-khelaifi versichert: „Wir haben die Zahlen gecheckt, wir haben gesehen, dass wir uns Messi leisten können.“Der Weltstar werde in den sozialen Medien und im Merchandising ein „Riesengewinn“, glaubt der Präsident, „Sie werden schockiert sein, wenn wir Ihnen die Zahlen präsentieren“. Viele sind das schon.
Für sie ist zum Heulen, wie sich die katarische Investorengruppe, letzten Endes der Staat Katar, den großen Erfolg ohne Hemmungen kauft. Messis Auftrag lautet schließlich: die Champions League gewinnen. Nach zehn Jahren unanständiger Geldspritzen wollen die Investoren endlich den Henkelpott. Sie müssen nicht einmal fürchten, dass die Gehaltszahlungen an einen der größten Spieler der Geschichte ihr Fußball-unternehmen Paris Saint Germain ruinieren könnte, wie es offenbar in der Fußballfirma FC Barcelona der Fall war.
Hier wie dort wird Messi allerdings nicht auf die Idee kommen, in edler Gesinnung und aus Liebe zum Sport auf hochdotierte Verträge zu verzichten. Das wäre auch ein bisschen viel verlangt. Sein Vermögen wird schließlich auf lediglich rund 500 Millionen Euro geschätzt. Das will gut verwaltet sein, damit es auch übermorgen noch für einen Arztbesuch in Argentinien reicht. Messi hat's nicht leicht. Wirklich zum Heulen.