Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Fortuna folge ich weiterhin mit Herzblut
KOLUMNE SENF DRUPP Bei Fortuna Düsseldorf geben viele gern ihren Senf dazu. Bei uns dürfen sie das sogar ganz offiziell – und da ist diesmal Dieter Nuhr an der Reihe. Der Fernsehmoderator und Kabarettist erklärt seine Liebe zum Verein.
Als ich 1970 mein erstes Fortunaspiel besuchte, endete es mit einer Enttäuschung: 0:0 gegen Erkenschwick. Ein Lattentreffer kurz vor Ende des Spiels beendete die Hoffnungen eines damals Zehnjährigen, der von ganzem Herzen daran glaubte, dass es sich bei der Wahl seines Heimatvereins um eine alternativlos gute Entscheidung handelte. Was hätte er tun sollen? Sein Vater war Beamter. Ein Umzug nach München und damit ein mehr oder weniger sorgloses Leben kam nicht infrage. Und der Fußballverein, dem man seine Seele vermachte, war damals noch an den Wohnort gebunden. Ein Ausweichen auf Real Madrid oder wenigstens den FC Wolverhampton stand nicht zur Debatte.
Seitdem verfolge ich Fortuna mit großer Sympathie. Nur selten bedauere ich, dass Werner Lungwitz nicht mehr hinten aufräumt. Wenn er damals in den 70ern zum Schuss ausholte, was er häufig tat, dann wusste man, ein Höhepunkt stand bevor. Der Ball flog regelmäßig minimum 20 Meter über das Tor, was beim Rugby einem Fieldgoal entspricht (oder einem Birdy? Meine Regelkenntnis in dieser Sportart hält sich in Grenzen).
Mit Fortuna emotional verbunden zu sein, war nicht immer einfach. Ich habe zahlreiche Ligen kennengelernt und Spieler kommen und gehen sehen, die als Hoffnungsträger gefeiert wurden, woraufhin sich nicht selten herausstellte, dass sie entweder einen Meniskus zu viel oder den Gleichgewichtssinn verloren hatten. Oft wurde erst nach Unterschrift unter den langjährigen Vertrag festgestellt, dass der neue Erfolgsgarant zwar herausragendes Talent hatte, bloß leider im Hürdenlauf oder beim Vielseitigkeitsspringen.
Dass ich dem Verein weiterhin mit Herzblut folge, ist Außenstehenden – vor allem Dortmundern und Kölnern – nur schwer zu erklären. Dabei haben auch deren Vereine schwere Zeiten hinter sich und lange gebraucht, bis sie sich wieder für die Champions League qualifizieren konnten. Bei Köln soll es dann in dieser Saison wieder so weit sein, wie mir ein Bekannter aus Pulheim versicherte...
Nun hat die neue Saison wieder große Erwartungen bei uns Fortunen geweckt. Leider hat die Hoffnung, der Verein unserer Herzen könnte ohne Niederlage durch die Saison gehen, bereits einen kleinen Dämpfer erhalten. Das Testspiel gegen OH Leuven hatte Träume von europäischer Konkurrenzfähigkeit geweckt, vielleicht zu früh, mal schauen...
Ich bin als Tourneegaukler leider nicht oft in der Lage, ins Stadion gehen zu können. Wenn Fortuna nach Aue oder Heidenheim fährt, bin ich meistens ebenfalls auf der Strecke, fast immer in eine andere Richtung. Meine Seele aber, die ich als Zehnjähriger – trotz Erkenschwicker Traumatisierung – der Fortuna überschrieben habe, ist mit den Herren Appelkamp, Hennings und Peterson im roten Bus unterwegs. Und ich bin – trotz erfahrungsbedingter Vorsicht – davon überzeugt, dass es diesmal gut ausgeht.
Wir werden Nürnberg nicht nur am Wochen-, sondern auch am Saisonende hinter uns lassen. Und wenn nicht, auch nicht schlimm. Das Leben geht weiter. Jahrzehnte Fortuna haben bewiesen: Niederlagen sind nicht schön, aber verschmerzbar. Und sie machen Siege so besonders. Am Ende haben wir wenigstens Erkenschwick hinter uns gelassen. Jetzt kann Nürnberg kommen...