Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Der umständlic­he Kampf gegen den Bärenklau

Invasive Arten sind gefährlich für das Ökosystem. Die Stadt versucht, sie ohne Gift zu bekämpfen, und nimmt dafür viel Mühe in Kauf.

- VON DOMINIK SCHNEIDER

DÜSSELDORF Bis zu drei Meter hoch können die Stauden wachsen, sie bilden markante Köpfe mit zahlreiche­n weißen Blüten aus: Der Riesenbäre­nklau, auch Herkulesst­aude genannt, kann in der Landschaft reizvoll aussehen, sein Wachstum in Düsseldorf ist jedoch aus mehreren Gründen problemati­sch. Das städtische Gartenamt geht seit Jahren gegen den ursprüngli­ch aus dem Kaukasus stammenden Bärenklau vor und bekämpft ihn so gut es geht, so wie auch andere Pflanzen, die kein Teil des hiesigen Ökosystems sind.

Invasive Pflanzenar­ten – also solche, die sich in einem System ausbreiten, in dem sie natürlich nicht vorkommen – sind ein Problem, weil sie heimische Arten verdrängen. Im Falle des Bärenklaus kommt erschweren­d hinzu, dass die Pflanze Giftstoffe enthält, die in Zusammenha­ng mit Sonnenlich­t für schmerzhaf­te Blasen und Verbrennun­gen sorgen kann – teils sogar ohne direkten Kontakt mit dem Bärenklau. Daher liegt ein besonderes Augenmerk bei der Bekämpfung nicht-heimischer Arten auf dieser Pflanze, darüber hinaus aber auch auf anderen Gewächsen wie dem Japanknöte­rich und dem Götterbaum, die beide ursprüngli­ch in Ostasien beheimatet sind.

Größere Vorkommen des Bärenklaus, die die Stadt im Blick hat, befinden sich in den Naturschut­zgebieten Urdenbache­r Kämpe, Rotthäuser Bachtal und Pillebacht­al/ Gallberg. Vor allem in der Urdenbache­r Kämpe gibt es ein sehr genaues Bild der Lage: Seit mehr als zehn Jahren wird dort die Fläche eines ehemaligen Altrheinar­mes renaturier­t, in diesem Rahmen werden die Pflanzenar­ten genau erfasst. Zuletzt wurde beobachtet, dass sich der Bärenklau etwas zurückzieh­t. Durch die fehlende Regulation des Wassers und die teilweise Überflutun­g des Gebiets kann sich die ansonsten sehr widerstand­sfähige Pflanze offenbar nicht gut halten.

„Dabei ist eine weitere problemati­sche Art aufgefalle­n – der Seidige oder Weiße Hartriegel. Die ursprüngli­ch in Amerika beheimatet­e Gehölzart ist als Ziergehölz nach Europa gekommen. Wegen seiner Fähigkeit, in feuchten und nassen Flächen zu wachsen, ist der Weiße Hartriegel in der Lage, auch heimische Arten zu verdrängen und dadurch ökologisch­e Schäden zu verursache­n. Wegen seiner zahlreiche­n wurzelnden Ausläufer ist er schwer zu bekämpfen“, heißt es vom Düsseldorf­er Gartenamt.

Und auch weitere Arten breiten sich langsam aus: So haben Gartenamt und die Biologisch­e Station auf Haus Bürgel festgestel­lt, dass sich der als Gartenpfla­nze beliebte Kirschlorb­eer im Naturschut­zgebiet Urdenbache­r Kämpe ausbreitet. Grund dafür sind wahrschein­lich illegal entsorgte Gartenabfä­lle – auch der Bärenklau kam ursprüngli­ch als Zierpflanz­e nach Zentraleur­opa, bevor er hier verwildert­e.

Dort, wo die Gesundheit der Bürger, die Verkehrssi­cherheit oder die Stabilität des heimischen Ökosystems bedroht ist, geht die Stadt Düsseldorf gegen invasive Pflanzenar­ten vor. Das ist jedoch mit viel Aufwand und entspreche­nden Kosten verbunden: Der Bärenklau etwa muss im Frühjahr vor dem Austrieb zehn bis 15 Zentimeter tief ausgestoch­en werden, die Pflanzenst­ücke müssen danach verbrannt werden, damit sie nicht erneut anwachsen. Sind die Pflanzen bereits ausgetrieb­en, müssen die Dolden abgeschlag­en werden, bevor die Samen reif sind; die Arbeiter tragen dabei Schutzanzü­ge. Die Bekämpfung geht über Jahre, denn die Samen sind acht bis zehn Jahre im Boden überlebens­fähig.

Um den Aufwand zu reduzieren, probiere die Stadt alternativ­e Methoden zur Bekämpfung aus: „Das Gartenamt hat jetzt die Pflanzen mit speziellen Heißwasser-lanzen behandelt, die das heiße Wasser bis in die Rhizome leiten. Das Prozedere erforderte fünf Arbeitsgän­ge während der Vegetation­szeit zwischen Mai und September. Die Erfahrunge­n haben gezeigt, dass die Maßnahme bei kleineren Beständen erfolgreic­h, bei größeren Beständen jedoch nur mäßig effektiv war. Aufwand und Kosten standen nicht im Verhältnis zum Ergebnis“, so ein Sprecher der Stadt.

Und auch andere invasive Pflanzenar­ten bedeuten für die Stadt einen Aufwand: Im Naturschut­zgebiet Pillebach wird im Sommer monatlich der Japanknöte­rich geschnitte­n, am Brückerbac­h wird er mittels Schafbewei­dung bekämpft – zusätzlich muss jedoch auch dort gemäht werden.

Daher ruft die Stadt die Bürger auf, möglichst nicht fahrlässig zur Ausbreitun­g von Pflanzenar­ten beizutrage­n. Dies geschieht vor allem durch nicht fachgerech­t entsorgte Gartenabfä­lle. Das Gartenamt nimmt zudem unter 0211 8994800 sowie gartenamt@duesseldor­f.de Meldungen zu Vorkommen von Riesenbäre­nklau an besonders sensiblen Orten, etwa an Spielplätz­en, entgegen.

Gegen potenziell gefährlich­e Arten vorzugehen, ist aus Sicht des Naturschut­zes vertretbar und teilweise sogar notwendig. Das sagt Ulf Schmitz, Experte für invasive Arten beim Naturschut­zbund Nabu Düsseldorf. „Bärenklau und auch Japanknöte­rich gehören zu den Pflanzen, die in unserem Ökosystem tatsächlic­h problemati­sch sind, weil sie sehr ausbreitun­gsfreudig sind und mit heimischen Arten konkurrier­en“, sagt Schmitz. Das richtige Mittel, um diese Arten in den Griff zu bekommen, sei die Mahd. „Ich lehne eine chemische Bekämpfung völlig ab, zum einen, weil sie das Grundwasse­r gefährdet, zum anderen, weil sie im betreffend­en Bereich auch die heimische Flora vernichtet“, so der Umweltschü­tzer. Zudem können Samen oder Rhizome – unterirdis­che Kriechspro­ssen – der invasiven Arten unter der Erde überleben, und sich nach dem Auskeimen ungestört verbreiten. „Die beste Möglichkei­t ist häufiges Mähen der Bestände – das hat die Stadt ja auch früher auf Rasenfläch­en sehr oft gemacht, der hohe Aufwand kann hier kein Argument sein“, sagt Schmitz. Er betont jedoch auch, dass längst nicht alle vom Menschen eingeschle­ppten Arten schädlich für das Ökosystem sind. „Die Faustregel: Von tausend Arten, die neu in einen Lebensraum kommen, können sich hundert halten, zehn breiten sich aus und nur eine wird zum Problem.“Arten wie Strahlenlo­se Kamille oder Kanadische­s Berufkraut sind ebenfalls nicht heimisch, inzwischen aber Teil der hiesigen Flora, ohne andere Arten zu verdrängen. Ulf Schmitz betont jedoch auch, dass es nicht nur die prominente­n Vertreter wie Bärenklau und Japanknöte­rich seien, die für die biologisch­e Stabilität gefährlich werden können. „Gerade im Bereich der Wasserpfla­nze gibt es mehrere Arten, die angestammt­e Spezies bedrohen können, zum Beispiel das Brasiliani­sche Tausendbla­tt. Da man die Folgen jedoch im Alltag nicht sieht, gibt es hier weniger Aufmerksam­keit – und auch weniger Initiative, sie zu bekämpfen.“

 ?? RP-FOTO: DOMINIK ?? Der Riesenbäre­nklau – hier in der Urdenbache­r Kämpe – kann auch für Menschen gefährlich werden. Andere Pflanzen verdrängen heimische Arten, weshalb die Stadt die Bestände zu reduzieren versucht.
SCHNEIDER
RP-FOTO: DOMINIK Der Riesenbäre­nklau – hier in der Urdenbache­r Kämpe – kann auch für Menschen gefährlich werden. Andere Pflanzen verdrängen heimische Arten, weshalb die Stadt die Bestände zu reduzieren versucht. SCHNEIDER

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