Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Der umständliche Kampf gegen den Bärenklau
Invasive Arten sind gefährlich für das Ökosystem. Die Stadt versucht, sie ohne Gift zu bekämpfen, und nimmt dafür viel Mühe in Kauf.
DÜSSELDORF Bis zu drei Meter hoch können die Stauden wachsen, sie bilden markante Köpfe mit zahlreichen weißen Blüten aus: Der Riesenbärenklau, auch Herkulesstaude genannt, kann in der Landschaft reizvoll aussehen, sein Wachstum in Düsseldorf ist jedoch aus mehreren Gründen problematisch. Das städtische Gartenamt geht seit Jahren gegen den ursprünglich aus dem Kaukasus stammenden Bärenklau vor und bekämpft ihn so gut es geht, so wie auch andere Pflanzen, die kein Teil des hiesigen Ökosystems sind.
Invasive Pflanzenarten – also solche, die sich in einem System ausbreiten, in dem sie natürlich nicht vorkommen – sind ein Problem, weil sie heimische Arten verdrängen. Im Falle des Bärenklaus kommt erschwerend hinzu, dass die Pflanze Giftstoffe enthält, die in Zusammenhang mit Sonnenlicht für schmerzhafte Blasen und Verbrennungen sorgen kann – teils sogar ohne direkten Kontakt mit dem Bärenklau. Daher liegt ein besonderes Augenmerk bei der Bekämpfung nicht-heimischer Arten auf dieser Pflanze, darüber hinaus aber auch auf anderen Gewächsen wie dem Japanknöterich und dem Götterbaum, die beide ursprünglich in Ostasien beheimatet sind.
Größere Vorkommen des Bärenklaus, die die Stadt im Blick hat, befinden sich in den Naturschutzgebieten Urdenbacher Kämpe, Rotthäuser Bachtal und Pillebachtal/ Gallberg. Vor allem in der Urdenbacher Kämpe gibt es ein sehr genaues Bild der Lage: Seit mehr als zehn Jahren wird dort die Fläche eines ehemaligen Altrheinarmes renaturiert, in diesem Rahmen werden die Pflanzenarten genau erfasst. Zuletzt wurde beobachtet, dass sich der Bärenklau etwas zurückzieht. Durch die fehlende Regulation des Wassers und die teilweise Überflutung des Gebiets kann sich die ansonsten sehr widerstandsfähige Pflanze offenbar nicht gut halten.
„Dabei ist eine weitere problematische Art aufgefallen – der Seidige oder Weiße Hartriegel. Die ursprünglich in Amerika beheimatete Gehölzart ist als Ziergehölz nach Europa gekommen. Wegen seiner Fähigkeit, in feuchten und nassen Flächen zu wachsen, ist der Weiße Hartriegel in der Lage, auch heimische Arten zu verdrängen und dadurch ökologische Schäden zu verursachen. Wegen seiner zahlreichen wurzelnden Ausläufer ist er schwer zu bekämpfen“, heißt es vom Düsseldorfer Gartenamt.
Und auch weitere Arten breiten sich langsam aus: So haben Gartenamt und die Biologische Station auf Haus Bürgel festgestellt, dass sich der als Gartenpflanze beliebte Kirschlorbeer im Naturschutzgebiet Urdenbacher Kämpe ausbreitet. Grund dafür sind wahrscheinlich illegal entsorgte Gartenabfälle – auch der Bärenklau kam ursprünglich als Zierpflanze nach Zentraleuropa, bevor er hier verwilderte.
Dort, wo die Gesundheit der Bürger, die Verkehrssicherheit oder die Stabilität des heimischen Ökosystems bedroht ist, geht die Stadt Düsseldorf gegen invasive Pflanzenarten vor. Das ist jedoch mit viel Aufwand und entsprechenden Kosten verbunden: Der Bärenklau etwa muss im Frühjahr vor dem Austrieb zehn bis 15 Zentimeter tief ausgestochen werden, die Pflanzenstücke müssen danach verbrannt werden, damit sie nicht erneut anwachsen. Sind die Pflanzen bereits ausgetrieben, müssen die Dolden abgeschlagen werden, bevor die Samen reif sind; die Arbeiter tragen dabei Schutzanzüge. Die Bekämpfung geht über Jahre, denn die Samen sind acht bis zehn Jahre im Boden überlebensfähig.
Um den Aufwand zu reduzieren, probiere die Stadt alternative Methoden zur Bekämpfung aus: „Das Gartenamt hat jetzt die Pflanzen mit speziellen Heißwasser-lanzen behandelt, die das heiße Wasser bis in die Rhizome leiten. Das Prozedere erforderte fünf Arbeitsgänge während der Vegetationszeit zwischen Mai und September. Die Erfahrungen haben gezeigt, dass die Maßnahme bei kleineren Beständen erfolgreich, bei größeren Beständen jedoch nur mäßig effektiv war. Aufwand und Kosten standen nicht im Verhältnis zum Ergebnis“, so ein Sprecher der Stadt.
Und auch andere invasive Pflanzenarten bedeuten für die Stadt einen Aufwand: Im Naturschutzgebiet Pillebach wird im Sommer monatlich der Japanknöterich geschnitten, am Brückerbach wird er mittels Schafbeweidung bekämpft – zusätzlich muss jedoch auch dort gemäht werden.
Daher ruft die Stadt die Bürger auf, möglichst nicht fahrlässig zur Ausbreitung von Pflanzenarten beizutragen. Dies geschieht vor allem durch nicht fachgerecht entsorgte Gartenabfälle. Das Gartenamt nimmt zudem unter 0211 8994800 sowie gartenamt@duesseldorf.de Meldungen zu Vorkommen von Riesenbärenklau an besonders sensiblen Orten, etwa an Spielplätzen, entgegen.
Gegen potenziell gefährliche Arten vorzugehen, ist aus Sicht des Naturschutzes vertretbar und teilweise sogar notwendig. Das sagt Ulf Schmitz, Experte für invasive Arten beim Naturschutzbund Nabu Düsseldorf. „Bärenklau und auch Japanknöterich gehören zu den Pflanzen, die in unserem Ökosystem tatsächlich problematisch sind, weil sie sehr ausbreitungsfreudig sind und mit heimischen Arten konkurrieren“, sagt Schmitz. Das richtige Mittel, um diese Arten in den Griff zu bekommen, sei die Mahd. „Ich lehne eine chemische Bekämpfung völlig ab, zum einen, weil sie das Grundwasser gefährdet, zum anderen, weil sie im betreffenden Bereich auch die heimische Flora vernichtet“, so der Umweltschützer. Zudem können Samen oder Rhizome – unterirdische Kriechsprossen – der invasiven Arten unter der Erde überleben, und sich nach dem Auskeimen ungestört verbreiten. „Die beste Möglichkeit ist häufiges Mähen der Bestände – das hat die Stadt ja auch früher auf Rasenflächen sehr oft gemacht, der hohe Aufwand kann hier kein Argument sein“, sagt Schmitz. Er betont jedoch auch, dass längst nicht alle vom Menschen eingeschleppten Arten schädlich für das Ökosystem sind. „Die Faustregel: Von tausend Arten, die neu in einen Lebensraum kommen, können sich hundert halten, zehn breiten sich aus und nur eine wird zum Problem.“Arten wie Strahlenlose Kamille oder Kanadisches Berufkraut sind ebenfalls nicht heimisch, inzwischen aber Teil der hiesigen Flora, ohne andere Arten zu verdrängen. Ulf Schmitz betont jedoch auch, dass es nicht nur die prominenten Vertreter wie Bärenklau und Japanknöterich seien, die für die biologische Stabilität gefährlich werden können. „Gerade im Bereich der Wasserpflanze gibt es mehrere Arten, die angestammte Spezies bedrohen können, zum Beispiel das Brasilianische Tausendblatt. Da man die Folgen jedoch im Alltag nicht sieht, gibt es hier weniger Aufmerksamkeit – und auch weniger Initiative, sie zu bekämpfen.“