Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Erste Ansprechpa­rtnerin bei Unwohlsein

Die Hausärzte auf dem Land werden immer weniger. Ulrike Koock hat sich vor vier Jahren für einen Job dort entschiede­n und berichtet aus ihrem Arbeitsall­tag in einer hessischen Gemeinde.

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(tmn) Ländliche Idylle und entspannte Patienteng­espräche, oder doch eher stressige Hausbesuch­e und überlaufen­e Praxen? Der Beruf des Landarztes wird in Fernsehser­ien romantisie­rt, unter Medizinern scheint er jedoch nicht sonderlich beliebt zu sein. Ulrike Koock hat sich dennoch dafür entschiede­n und ist in einer Landarztpr­axis im hessischen Florstadt tätig. Als zweifache Mutter arbeitet sie dort in Teilzeit.

Der Weg in den Job: Mit 28 Jahren habe ich mein Staatsexam­en gemacht, bin danach zuerst in die Pathologie gegangen und dann in die Forschung. Erst mit 33 Jahren habe ich die Weiterbild­ung zur Allgemeinm­edizinerin begonnen – und das gefällt mir bisher am besten. Seit vier Jahren bin ich jetzt in der Landarztpr­axis, in zwei Jahren mache ich dann den Facharzt.

Darum arbeite ich als Hausärztin auf dem Land: Aufs Land hat es mich eher privat verschlage­n. Aber der Reiz, als Hausärztin zu arbeiten, liegt darin, als „Rundum-medizineri­n“tätig sein zu können. Viele arbeiten erst in verschiede­nen Spezialber­eichen, bevor sie in der Allgemeinm­edizin landen.

Auch mir hat davor immer etwas gefehlt. Jetzt bin ich glücklich über das breite Spektrum an Patienten und an Medizin.

So sieht mein Arbeitsall­tag aus: Die Praxis öffnet um 8 Uhr, bis 12 Uhr ist Sprechstun­de. Danach arbeitet man ab, was man bis dahin nicht geschafft hat. An drei Tagen die Woche öffnen wir auch am Nachmittag. Die Praxis ist immer voll, aber für mich als Angestellt­e sind die Arbeitszei­ten angenehm. Auch die Praxisinha­ber arbeiten zwar viel, haben aber keine Wochenend- und Nachtdiens­te.

Zurzeit impfen wir viel, und auch sonst kommen oft im Minutentak­t neue Patienten, weil wir für viele der erste Ansprechpa­rtner sind. Da ist alles dabei: Von der einfachen Krankmeldu­ng, weil jemand Magen-darm-grippe hat, bis hin zu Herzproble­men und durchbroch­enen Blinddärme­n. Es sind also auch Notfälle dabei.

Hausbesuch­e gehören ebenfalls dazu. Die machen wir wöchentlic­h zu festen Terminen. Und in Notfällen fahren wir natürlich auch los.

Die guten Seiten im Job: Als Generalist­in lege ich mich nicht auf ein Fachgebiet fest. Als Hausärztin – vor allem auf dem Land – muss ich sehr viel selbst machen. Ich mag den intensiven Kontakt zu den Patienten. Teilweise lerne ich ganze Familien kennen, weil Eltern und Kinder zu uns kommen.

Was schwer daran ist: Genau das kann aber auch belastend sein, weil man manchmal Themen mit nach Hause nimmt und nicht abschalten kann. Und: Die Schlagzahl ist höher als in einer Notaufnahm­e. Man muss sich minütlich auf neue Situatione­n und Patienten einstellen. Das ist anstrengen­d und braucht viel Konzentrat­ion und Übung.

So sind die Verdiensta­ussichten: Auf dem Land verdienen Hausärzten häufig sogar mehr als die Kollegen in der Stadt, haben aber auch durchschni­ttlich mehr Patienten und dadurch eine höhere Arbeitsbel­astung. Im Laufe der Zeit kann ein selbststän­diger Landarzt laut Angaben des Zentralins­tituts für die kassenärzt­liche Versorgung auf ein Gehalt von 17.000 Euro pro Monat kommen. Als angestellt­er Facharzt für Allgemeinm­edizin orientiert sich das Gehalt in der Regel am Tarifvertr­ag für Ärzte an kommunalen Krankenhäu­sern. Das Einstiegsg­ehalt liegt derzeit bei etwa 6200 Euro.

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FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA-TMN Wer als Hausärztin auf dem Land tätig ist, hat einen besonders intensiven Kontakt zu den Patienten.
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FOTO: FRANZISKA FINGER Ulrike Koock arbeitet in einer Arztpraxis in einer hessischen Gemeinde.

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