Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Straßenbahn über die Heuss-brücke?
Die Rheinbrücke muss sowieso erneuert werden. Das könnte die Chance für einen großen Wurf im Nahverkehr sein.
Die Theodor-heuss-brücke muss sowieso erneuert werden. Im Zuge dessen könnte auch eine neue Bahnverbindung entstehen,
DÜSSELDORF
Die Politik sucht Ideen für neue Straßenbahnstrecken – eine der spektakulärsten könnte über den Rhein führen. Zur Diskussion steht der Plan, eine neue Schienenverbindung vom Gewerbegebiet Seestern über die Theodor-heuss-brücke und weiter bis zum Staufenplatz in Grafenberg zu bauen. Von dort könnte die Bahn durch einen Tunnel nach Ludenberg und dann weiter bis zur Bergischen Kaserne fahren – oder sogar nach Mettmann. Was der Plan ist und was dafür und dagegen spricht:
Der Verlauf
Politik und Verwaltung wollen unvoreingenommen alle Ideen zur Netzerweiterung prüfen. Darunter sind auch sogenannte Tangenten, also Strecken, die Stadtteile ohne Fahrt durch die Innenstadt verbinden. Die sogenannte Nordtangente könnte an der bestehenden Haltestelle Prinzenallee in Lörick starten, über die Brücke führen – und einfach der B7 bis zum Staufenplatz folgen, wo es einen Anschluss zum bestehenden Netz gäbe. Die Bahn könnte dort in einen Tunnel einfahren, den Grafenberger Wald unterqueren und erst auf dem Gallberg in Ludenberg wieder an die Oberfläche kommen. Dort könnte sie wieder der B7 folgen, entweder bis zur Bergischen Kaserne oder sogar nach Mettmann. Eine andere Variante wäre, dass die Strecke stattdessen weiter entlang der Schlüterstraße durch das Neubaugebiet Grafental und teils über die alte Güterzugstrecke bis zur Erkrather Straße verläuft.
Chancen
Zwei Punkte machen diese Idee interessant. Der eine ist, dass die Theodor-heuss-brücke und auch eine Reihe von anderen Ingenieursbauwerken an der B7 sowieso saniert werden müssen. Der 1957 eröffneten Schrägseilbrücke droht sogar ein Abriss. Dadurch böte sich die Chance, sie gleich für eine „B7-bahn“umzubauen. Das würde eine baldige Grundsatzentscheidung zumindest für das Stück bis zum Staufenplatz voraussetzen. Daher ist die Debatte durchaus dringend. Das Gewerbegebiet Seestern würde durch die Strecke näher an die Innenstadt rücken, die Verbindung von Golzheim in den Osten würde besser. Der östliche Teil würde ein Problem lösen, an dem die Politik seit langem knapst. Schon das bis 2020 regierende Ampel-bündnis aus SPD, Grünen und FDP ließ eine Bahn auf den Gallberg prüfen. Damals zeigte sich, dass eine oberirdische Strecke über oder neben der B7 nicht möglich ist (obwohl sie nun wieder als Option eingetragen ist.) Der Tunnel könnte die Lösung sein. „Das wäre ein Meilenstein“, sagt Fdp-verkehrspolitiker Manfred Neuenhaus. „Erst die Schienenanbindung würde eine Weiterentwicklung des Düsseldorfer Ostens ermöglichen.“Auf dem Gelände der Bergischen Kaserne soll ein Wohngebiet entstehen. Bei der Weiterführung nach Mettmann würde sich die Frage stellen, ob sie für ausreichend viele Fahrgäste attraktiv ist, da die Fahrt in die Innenstadt lange dauern würde. Die Option durch Grafental würde dieses Quartier anbinden – und die (noch genutzte) Zugstrecke durch Flingern einbinden, die immer wieder Anlass zu Planspielen gibt.
Risiken
Mit mehr als 70.000 Autos pro Tag ist die B7 die am stärksten befahrene Straße in der Innenstadt. Die Bahn könnte sich die Spur mit Autos teilen – dann stünde sie aber mit im Stau. Wenn sie eigene Spuren bekommen soll, muss zumindest auf Abschnitten eine Fahrspur für Autos wegfallen, etwa auf der Heinrichstraße. Das wäre eine weitreichende Entscheidung für eine Verkehrswende. Sowieso ist offensichtlich, dass es sich um ein Mammutprojekt handelt, spätestens mit dem Tunnel unter dem Wald. Dazu kämen möglicher Anwohnerprotest, mögliche Umweltprobleme, technische Fragen – kurz: Bis zum Bau werden Jahre vergehen, falls das Projekt überhaupt verfolgt wird. Der Verkehrsausschuss-vorsitzende Norbert Czerwinski (Grüne) spricht von einem „sehr vagen“Plan, verweist aber auf die Klimaziele der Bundesregierung, die eine Verdopplung der Öpnv-fahrgäste bis 2030 vorsehen. „Wenn man auf lange Sicht denkt, lohnt die Überlegung.“