Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Die meisten Tanzflächen bleiben noch leer
Ab Freitag darf in Clubs und Diskotheken wieder ohne Abstand und Masken gefeiert werden. Doch so schnell wird das meist nichts.
DÜSSELDORF Obwohl die neue Corona-schutzverordnung des Landes das Partyleben in Clubs und Diskotheken ab Freitag wieder zulässt, werden die meisten Tanzflächen vorerst leer bleiben. Am Dienstag hat das Land die neuen Regeln mitgeteilt, wonach Besucher nach Vorlage eines Nachweises über Impfung, überstandene Infektion oder über einen negativen PCR-TEST ohne Abstand und Maske feiern dürfen. Für viele Betreiber der meist seit anderthalb Jahren geschlossenen Lokalitäten kam das überraschend, und vor allem größere Läden lassen sich innerhalb dieser kurzen Zeit schlichtweg nicht hochfahren.
Total verärgert ist wegen dieser erneut kurzfristig geänderten Verordnung Daniel Fritschi vom Club Golzheim unter der Theodor-heuss-brücke. Dabei gebe es keine neue Erkenntnislage, die ein so schnelles Vorgehen nötig machen würde. Von einer „Respektlosigkeit der Branche gegenüber“, spricht er. „Ich brauche mindestens zwei Wochen für einen Schnellstart.“Es müssten Getränke bestellt, DJS gebucht und Personal gefunden werden, was besonders schwer sei. Und ein Hygienekonzept müsse ausgearbeitet, beim Gesundheitsamt eingereicht und genehmigt werden. Einen Umbau im Laden habe er bis zum 27. August geplant, da das Datum nach vorheriger Verordnung eine Öffnung bei Inzidenz unter 35 möglich gemacht hätte. „Jetzt profitieren die, die schneller öffnen können.“
Aus Fritschis Sicht seien die neuen Regeln aus „wahlkampftaktischen Gründen“umgesetzt worden, was auch an der Laufzeit bis 17. September kurz vor der Bundestagswahl abzulesen sei. „Wir sind dann davon abhängig, wie die Stimmung im Land ist. Von einer langfristigen Perspektive kann keine Rede sein.“Zudem sei die neue Freizügigkeit gerade jetzt angesichts des zunehmenden Infektionsgeschehens nicht zu rechtfertigen. Widersprüchlich findet er auch, warum für Gottesdienste keine 3G-regeln mehr gelten und für Clubs verschärfte. „Das Virus ist nicht religiös.“
Auch Marcel Oelbracht vermisst eine langfristige Perspektive, die für das Hochfahren der Nachtresidenz nötig sei. „Dafür müssen wir einen sechsstelligen Betrag investieren.“Eine Laufzeit der Verordnung von mindestens zwei bis drei Monaten halte er für sinnvoll. „Ich bin zudem skeptisch, ob die Nachfrage bei unserem Publikum überhaupt da wäre.“Ein großer Teil der Zielgruppe sei nicht geimpft, ein PCR-TEST für Clubbesuche auf Dauer viel zu teuer. Oelbracht fürchtet, dass Testnachweise gefälscht werden könnten. „Wir wollen auf keinen Fall ein Treiber der Pandemie sein.“Im Ergebnis habe man sich entschieden, in den nächsten Wochen nicht zu öffnen und weitere Umbauten und Renovierungsarbeiten vorzuziehen.
Auch an der Bolkerstraße werden Kuhstall und Oberbayern nicht an diesem Wochenende öffnen. Oliver Stollbrock vom Oberbayern sagt, dass die Vorbereitungen auf Hochtouren liefen, aber wohl erst in den nächsten Wochen abgeschlossen seien. Ein strenges Hygienekonzept kündigt er an. „Wir wollen es so gut wie möglich machen und kein Infektionsgeschehen im Laden haben.“Die Pflicht zum PCR-TEST findet er deshalb gut. „Wir hätten sonst wohl eher eine 2G-regel umgesetzt.“Sogar die sanitären Anlagen habe man mittlerweile umgebaut, sodass die Besucher möglichst wenig Flächen anfassen müssten.
Auf ein strenges Hygienekonzept will auch Daniel Vollmer im Schickimicki setzen. „Geimpfte und Genesene werden bei uns einen Schnelltest vorweisen müssen. Das sind wir unserem Personal schuldig.“Zwar lasse sich ein kleiner Laden wie dieser an der Neustraße schnell wieder öffnen, „wir wollen aber erstmal abwarten, alles gut vorbereiten und schauen, wie es andere machen.“Frühestens nächste Woche könnte es losgehen, eher im September. Der neue Ratinger Hof soll nicht vor Oktober eröffnen.
Vorsichtig bleibt auch Walid El Sheikh, der 200 Mitarbeiter beschäftigt. Zwar habe er wegen der neuen Verordnung alle Kräfte aus der Kurzarbeit zurückgeholt, er wolle aber nicht gleich volle Last fahren, das sei weder für die Mitarbeiter noch für die Gäste von Vorteil. „Nach dem, was in den letzten Monaten geschehen ist, müssen wir uns erst wieder ans Ausgehen und an Dichte gewöhnen“, so El Sheikh. Er bringt das vorerst so auf den Punkt: „75 Prozent sind die neuen 100 Prozent.“
Für das Sir Walter an der Heinrich-heine-allee bedeutet das maximal 300 Gäste, in Vor-corona-zeiten waren es 100 mehr. Es soll auch nicht gleich ein DJ auflegen und für Disco-ekstase sorgen, der Barbetrieb soll dominieren. In der Elephant Bar und der Boston Bar soll die Besucherkapazität auf 75 bis 80 Prozent reguliert werden.
Das Oh Baby Anna war fast 18 Monate geschlossen und hat jetzt, da es wieder losgehen könnte, einen Wasserschaden. Anfang oder Mitte September werden dort wieder die Türen geöffnet.