Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Die meisten Tanzfläche­n bleiben noch leer

Ab Freitag darf in Clubs und Diskotheke­n wieder ohne Abstand und Masken gefeiert werden. Doch so schnell wird das meist nichts.

- VON ALEXANDER ESCH UND UWE-JENS RUHNAU

DÜSSELDORF Obwohl die neue Corona-schutzvero­rdnung des Landes das Partyleben in Clubs und Diskotheke­n ab Freitag wieder zulässt, werden die meisten Tanzfläche­n vorerst leer bleiben. Am Dienstag hat das Land die neuen Regeln mitgeteilt, wonach Besucher nach Vorlage eines Nachweises über Impfung, überstande­ne Infektion oder über einen negativen PCR-TEST ohne Abstand und Maske feiern dürfen. Für viele Betreiber der meist seit anderthalb Jahren geschlosse­nen Lokalitäte­n kam das überrasche­nd, und vor allem größere Läden lassen sich innerhalb dieser kurzen Zeit schlichtwe­g nicht hochfahren.

Total verärgert ist wegen dieser erneut kurzfristi­g geänderten Verordnung Daniel Fritschi vom Club Golzheim unter der Theodor-heuss-brücke. Dabei gebe es keine neue Erkenntnis­lage, die ein so schnelles Vorgehen nötig machen würde. Von einer „Respektlos­igkeit der Branche gegenüber“, spricht er. „Ich brauche mindestens zwei Wochen für einen Schnellsta­rt.“Es müssten Getränke bestellt, DJS gebucht und Personal gefunden werden, was besonders schwer sei. Und ein Hygienekon­zept müsse ausgearbei­tet, beim Gesundheit­samt eingereich­t und genehmigt werden. Einen Umbau im Laden habe er bis zum 27. August geplant, da das Datum nach vorheriger Verordnung eine Öffnung bei Inzidenz unter 35 möglich gemacht hätte. „Jetzt profitiere­n die, die schneller öffnen können.“

Aus Fritschis Sicht seien die neuen Regeln aus „wahlkampft­aktischen Gründen“umgesetzt worden, was auch an der Laufzeit bis 17. September kurz vor der Bundestags­wahl abzulesen sei. „Wir sind dann davon abhängig, wie die Stimmung im Land ist. Von einer langfristi­gen Perspektiv­e kann keine Rede sein.“Zudem sei die neue Freizügigk­eit gerade jetzt angesichts des zunehmende­n Infektions­geschehens nicht zu rechtferti­gen. Widersprüc­hlich findet er auch, warum für Gottesdien­ste keine 3G-regeln mehr gelten und für Clubs verschärft­e. „Das Virus ist nicht religiös.“

Auch Marcel Oelbracht vermisst eine langfristi­ge Perspektiv­e, die für das Hochfahren der Nachtresid­enz nötig sei. „Dafür müssen wir einen sechsstell­igen Betrag investiere­n.“Eine Laufzeit der Verordnung von mindestens zwei bis drei Monaten halte er für sinnvoll. „Ich bin zudem skeptisch, ob die Nachfrage bei unserem Publikum überhaupt da wäre.“Ein großer Teil der Zielgruppe sei nicht geimpft, ein PCR-TEST für Clubbesuch­e auf Dauer viel zu teuer. Oelbracht fürchtet, dass Testnachwe­ise gefälscht werden könnten. „Wir wollen auf keinen Fall ein Treiber der Pandemie sein.“Im Ergebnis habe man sich entschiede­n, in den nächsten Wochen nicht zu öffnen und weitere Umbauten und Renovierun­gsarbeiten vorzuziehe­n.

Auch an der Bolkerstra­ße werden Kuhstall und Oberbayern nicht an diesem Wochenende öffnen. Oliver Stollbrock vom Oberbayern sagt, dass die Vorbereitu­ngen auf Hochtouren liefen, aber wohl erst in den nächsten Wochen abgeschlos­sen seien. Ein strenges Hygienekon­zept kündigt er an. „Wir wollen es so gut wie möglich machen und kein Infektions­geschehen im Laden haben.“Die Pflicht zum PCR-TEST findet er deshalb gut. „Wir hätten sonst wohl eher eine 2G-regel umgesetzt.“Sogar die sanitären Anlagen habe man mittlerwei­le umgebaut, sodass die Besucher möglichst wenig Flächen anfassen müssten.

Auf ein strenges Hygienekon­zept will auch Daniel Vollmer im Schickimic­ki setzen. „Geimpfte und Genesene werden bei uns einen Schnelltes­t vorweisen müssen. Das sind wir unserem Personal schuldig.“Zwar lasse sich ein kleiner Laden wie dieser an der Neustraße schnell wieder öffnen, „wir wollen aber erstmal abwarten, alles gut vorbereite­n und schauen, wie es andere machen.“Frühestens nächste Woche könnte es losgehen, eher im September. Der neue Ratinger Hof soll nicht vor Oktober eröffnen.

Vorsichtig bleibt auch Walid El Sheikh, der 200 Mitarbeite­r beschäftig­t. Zwar habe er wegen der neuen Verordnung alle Kräfte aus der Kurzarbeit zurückgeho­lt, er wolle aber nicht gleich volle Last fahren, das sei weder für die Mitarbeite­r noch für die Gäste von Vorteil. „Nach dem, was in den letzten Monaten geschehen ist, müssen wir uns erst wieder ans Ausgehen und an Dichte gewöhnen“, so El Sheikh. Er bringt das vorerst so auf den Punkt: „75 Prozent sind die neuen 100 Prozent.“

Für das Sir Walter an der Heinrich-heine-allee bedeutet das maximal 300 Gäste, in Vor-corona-zeiten waren es 100 mehr. Es soll auch nicht gleich ein DJ auflegen und für Disco-ekstase sorgen, der Barbetrieb soll dominieren. In der Elephant Bar und der Boston Bar soll die Besucherka­pazität auf 75 bis 80 Prozent reguliert werden.

Das Oh Baby Anna war fast 18 Monate geschlosse­n und hat jetzt, da es wieder losgehen könnte, einen Wasserscha­den. Anfang oder Mitte September werden dort wieder die Türen geöffnet.

 ?? RP-FOTO: ANDREAS BRETZ ?? Geschäftsf­ührer Marcel Oelbracht mitten in der Baustelle der Nachtresid­enz. Weitere Umbauten und Renovierun­gsarbeiten hat er vorgezogen, bis zur Öffnung wird noch einige Zeit vergehen.
RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Geschäftsf­ührer Marcel Oelbracht mitten in der Baustelle der Nachtresid­enz. Weitere Umbauten und Renovierun­gsarbeiten hat er vorgezogen, bis zur Öffnung wird noch einige Zeit vergehen.
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