Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Der perfekte Gastgeber

Kaum ein Kellner kann von sich behaupten, dass nach ihm ein Restaurant benannt wurde. Nach der Schließung des „Enzo im Schiffchen“verwöhnt Enzo Caso die Gäste nun im Sternerest­aurant 1876.

- VON BIRGIT WANNINGER

DÜSSELTAL Schon als Kind hat er gerne den Gastgeber gespielt – ob in der Familie oder für Freunde. Deshalb war es für Vinzenco Caso schon lange vor seinem Schulabsch­luss klar, die Hotelfachs­chule in Neapel zu besuchen. Nach seinem Abschluss bekam er direkt ein Angebot, in der Lugano italienisc­hen Schweiz zu arbeiten. „Da war ich noch keine 18“, sagt Vinzenco Caso, den alle nur Enzo nennen. Der heute 53-Jährige sagte zu, mit dem Einverstän­dnis seines Vaters, obwohl seine Mutter dagegen war.

Damals konnten weder seine Familie noch er selbst ahnen, dass knapp 25 Jahre später sogar ein Restaurant seinen Namen trägt: das Enzo im Schiffchen in Kaiserswer­th. Damit hat Maître Jean-claude Bourgueil eine gute Wahl getroffen für sein damaliges Sterne-restaurant. Denn Enzo Caso ist ein perfekter Gastgeber – er hat den Blick für alles, ist offen, charmant, souverän, aufmerksam, um nur einige seiner Charakterz­üge zu definieren.

Das Enzo im Schiffchen mit italienisc­her Küche aus hohem Niveau gibt es nicht mehr, heute ist es „nur“noch das Schiffchen. Und das ist mit ein Grund, warum Enzo Caso zu einem anderen Sternerest­aurant wechselt. Sein Wissen in punkto Wein und Kulinarik, seine Eleganz, seine Freundlich­keit, können Feinschmec­ker heute im 1876 an der Grunerstra­ße erleben.

Im vergangene­n August, als er nicht wusste, ob und wie es nach dem ersten Lockdown in Kaiserswer­th weitergehe­n würde, war er dort essen und erfuhr, dass Sternekoch Daniel Dal Ben Verstärkun­g suchte. Die Chemie stimmte auf Anhieb. Der Grand Seigneur unter Düsseldorf­s Gastgebern konnte aber zunächst seine Fähigkeite­n nicht beweisen. Denn kaum hatte er sich eingearbei­tet, kam der nächste Lockdown. Statt Gäste zu bedienen und zu beraten, packte er Butter und Brot in Tüten, Delikatess­en in Boxen und fuhr damit durch Düsseldorf. Lieferdien­st in Corona-zeiten. „Bis zu acht Boxen habe ich im Dunklen durch die Stadt gefahren und dann wieder neue geholt“, erinnert er sich. Gemeinsam mit Yoshi Nagaya hatte Dal Ben die Luxus Boxen kreiert, und alle Mitarbeite­r beider Restaurant­s machten mit.

Heute kann Caso die Gäste wieder im Lokal verwöhnen. Er kredenzt mit Grandezza die Chiccetti (kleine venezianis­che Vorspeisen-häppchen) auf einem Kissen aus Porzellan, und die Rohmilch-butter von Riccardo Zanchetta kommt auf einem Stein. Die Butter lässt sich Dal Ben aus Italien schicken, sie hat einen wunderbare­n Geschmack.

Davon konnte sich Enzo Caso mit Daniel Dal Ben und Souschef Philippe Geßler sogar vor Ort überzeugen. Von einer gemeinsame­n einwöchige­n Italien-reise haben die drei viele neue Ideen mitgebrach­t. „Wir sind ein kleines Team von drei Leuten, wie eine Familie,“sagt Caso, und der Halbitalie­ner Dal Ben ergänzt im Vorbeigehe­n: „Aber wir suchen noch Familienan­schluss. Jeden

Abend, wenn der letzte Gast des kleinen Restaurant­s gegangen tauscht sich das Trio aus. Caso erklärt: „Das ist ganz wichtig“. So hat Enzo Caso dank seiner Berufserfa­hrung auch vieles eingebrach­t. Der 53-Jährige, der fünf Sprachen spricht, arbeitete in der Französisc­hen Schweiz (und lernte dort Französisc­h), ging 18 Monate nach London, um englisch zu lernen. „London war sehr teuer“, sagt er. Und so kam er der Liebe wegen – nach Düsseldorf, ohne eine einziges Wort deutsch zu sprechen.

„Ich bin der neue Kellner“, lautete einer der ersten Sätze, die er lernte. Heute spricht der Neapolitan­er längst perfekt deutsch – ohne Akzent. Unter anderem arbeitete er neun Jahre im alten Breidenbac­her Hof, war dort zuletzt Restaurant­leiter, bis das Gebäude abgerissen wurde.

Er war in zahlreiche­n erstklassi­gen Häusern. Heute ist sein Markenzeic­hen die Weste. Das sei bequemer als Anzug und Krawatte. Doch wie immer führt er die Gäste mit Eleganz an ihren Tisch. Präsentier­t die Weine, sieht jedes Glas, wenn es leer ist, und jeden Fleck auf der weißen Tischdecke. Als beim dritten Gang ein bisschen Rote-bete-saft auf die Tischdecke tropft, bringt Enzo Caso noch vor dem nächsten Gang eine weiße Serviette, um den Fleck zu verdecken. Perfektion in Vollendung.

Info Restaurant 1876, Grunerstra­ße 42a, geöffnet Dienstag bis Samstag jeweils ab 18.45 Uhr, Telefon 0211 1717361, E-mail info@1876.restaurant

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RP-FOTO: HANS-JÜRGEN BAUER Enzo Caso lieferte im Lockdown die Delikatess­en des 1876 aus. Jetzt kann er die Gäste wieder im Restaurant bewirten.

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