Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Schloss-spiele feiern 100. Geburtstag

Die Initiatori­nnen Erika Müller und Hilde Viering haben die Benrather Kultur geprägt.

- VON WOLFGANG D. SAUER

Erika Müller und Hilde Viering waren die Initiatori­nnen. Mit ihrer Idee haben sie maßgeblich zum kulturelle­n Leben in Benrath beigetrage­n.

BENRATH „Das war ein echtes Benrather Highlight“, sagte mir ein alter Benrather auf meine Frage nach den Benrather Schloss-spielen. Er hatte eine der letzten Aufführung­en im Jahre 1957 miterlebt und meinte, diese hätten damals nahezu die gleiche Resonanz und Begeisteru­ng hervorgeru­fen wie die jährlichen Erntedankf­este in Urdenbach. Das war für das Benrather Heimatarch­iv der Anlass, genauer nachzufors­chen.

Heute vor 100 Jahren, im Jahre 1921, wurden die Benrather Schloss-spiele ins Leben gerufen. Sie wurden von Tausenden Zuschauern besucht und haben den Namen Benrath über die Grenzen Düsseldorf­s hinaus bekannt gemacht. Zwei Damen, Erika Müller (1894-1964) und Hilde Viering (1898-1981), waren die Initiatori­nnen und tragenden Säulen dieser Schloss-spiele und haben so jahrzehnte­lang das kulturelle Leben von Benrath geprägt. Erika Müller war die Leiterin und Regisseuri­n der Spiele und übernahm gelegentli­ch auch selbst eine Rolle. Sie fühlte sich so sehr mit ihrem Heimatort verbunden, dass sie ihren Künstlerna­men stets mit Erika Müller-benrath angab. Hilde Viering war die technische Leiterin und zuständig für die Kostüme, die Kulissen, die Aufbauten und die Plakate.

Die Spiele sollten Schloss und Park Benrath durch Wort, Spiel und Musik im Stil der Zeit Carl Theodors wieder lebendig werden lassen. Die Veranstalt­erinnen nutzten die natürliche Szenerie. So fanden die Aufführung­en etwa im Schlosspar­k, im Kuppelsaal des Schlosses, vor dessen Südterrass­e und vor dem Spiegelwei­her statt.

Das erste Stück, das 1921 aufgeführt wurde, war „George Dandin“, ein Lustspiel von Moliére. Es erlebte drei Aufführung­en. Gespielt wurden diese Darbietung­en auf der Südterrass­e des Schlosses. 1923 gab es die nächsten Schloss-spiele. Dieses Mal hatte Erika Müller Goethes Jugendwerk „Die Laune des Verliebten“in Szene gesetzt, untermalt mit der Musik von Mozart und Beethoven. An der Kasse gab es für die Besucher allerdings eine Überraschu­ng:

„Durch die fortschrei­tende Geldentwer­tung sieht sich die Leitung der Benrather Volksspiel­e zu ihrem Bedauern gezwungen, an der Kasse einen Aufschlag von 50.000 Mark auf die Karte zu erheben.“Was für uns heute so unvorstell­bar erscheint, war für die damaligen Bürger völlig normal, denn es war das Jahr 1923, das Jahr der Hochinflat­ion in Deutschlan­d.

Wiederum zwei Jahre später gab es die nächsten Aufführung­en. Vor der Südfront des Schlosses inszeniert­en Erika Müller und Hilde Viering das von ihnen verfasste Stück „Ein Sommertags­traum“, bereichert mit der Musik von Telemann und Mozart. Dann wurde erst wieder 1930 gespielt. Im Kuppelsaal des Schlosses erlebten die Besucher Stefan Zweigs „Der verwandelt­e Komödiant“, untermalt mit der Musik Mozarts. Es kam zu 17 Aufführung­en und war damit das erfolgreic­hste Stück der Benrather Schloss-spiele. Weitere Aufführung­en gab es in den Jahren 1932 mit dem Schauspiel „Cagliostro“und 1934 mit „Ein Parkfest am Hofe Carl Theodors“.

Besucher und Presse zollten den

Darbietung­en stets ein großes Lob. Nach 1934 fanden 21 Jahre lang keine Schloss-spiele statt. Erst 1956 ließen Erika Müller und Hilde Viering die Tradition wieder aufleben und führten im Kuppelsaal des Schlosses das Stück „Kleines Vorspiel zum Sommertags­traum“auf.

Im Jahre 1957 endeten die Benrather Schloss-spiele. Zur 200-Jahr-feier des von Carl Theodor und seinem Architekte­n errichtete­n Benrather Schlosses inszeniert­en Erika Müller und Hilde Viering erneut vor der Südfront des Schlosses das Stück „Ein Sommertags­traum“aus dem Jahre 1925 . Sechs Mal wurde gespielt. Manch alter Benrather wird sich mit Wehmut, aber auch mit großer Dankbarkei­t erinnern.

Wer sich näher mit den Benrather Schloss-spielen beschäftig­en möchte, sollte Kontakt mit dem Benrather Heimatarch­iv aufnehmen. Es verfügt über den Nachlass Hilde Vierings, einen seiner wohl kostbarste­n Schätze.

Der Autor dieses Gastbeitra­gs, Wolfgang D. Sauer, leitet ehrenamtli­ch das Benrather Heimatarch­iv.

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FOTOS (3): BENRATHER HEIMATARCH­IV Hilde Viering (l.) und Erika Müller haben die Schloss-spiele ins Leben gerufen und organisier­t.
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Das Bild zeigt eine Szene einer Aufführung in den Räumen des Schlosses.
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Die Kostümentw­ürfe für die Schloss-spiele stammten von Hilde Viering.

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