Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Flut: SPD fordert Verbindungsdaten
Die Opposition will Einblicke in die Kommunikation zwischen den Ministern.
DÜSSELDORF Der politische Streit um die Einschätzung der Flutkatastrophe durch die Landesregierung hat sich am Wochenende zugespitzt. Nach einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“, wonach Umweltministerin Ursula Heinen-esser (CDU) nicht mehr rekonstruieren könne, wann sie erstmals mit dem Ministerpräsidenten über die Katastrophe gesprochen habe, hat die Opposition nun verlangt, dass ihr umfassender Einblick in die Verbindungsdaten aller Kabinettsmitglieder gewährt werden müsse.
Man erwarte, dass jetzt alle rechtlichen und technischen Möglichkeiten ergriffen würden, damit alle Verbindungs- und sonstigen Kontaktdaten – Telefon, E-mail, SMS, Whatsapp – der Kabinettsmitglieder im Zeitraum 9. bis 16. Juli gesichert würden, sagte Spd-fraktionsvize André Stinka unserer Redaktion: „Wir müssen nachträglich lückenlos nachvollziehen können, wie das Krisenmanagement der Landesregierung genau abgelaufen ist und welche Versäumnisse es gab.“
Am Samstag hatte Heinen-esser versucht, die Wogen zu glätten. In einem Gespräch mit der Deutschen Presse-agentur sagte sie, sie habe zu Beginn der Flutkatastrophe regen Kontakt mit der Staatskanzlei von Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) gehabt. „Beginnend ab der
Nacht vom 13. auf den 14. Juli stand ich mit der Staatskanzlei auf Leitungsebene in regelmäßigem Austausch zur hydrologischen Lage in den betroffenen Gebieten“, so Heinen-esser. Am 14. Juli – als die ersten großen Schäden offenbar wurden – habe sie „mehrfach Kontakt mit dem Chef der Staatskanzlei“gehabt und ihm auch die Hochwasser-lageberichte weitergeleitet: „In dieser Zeit stand ich ebenfalls mit dem Ministerpräsidenten im Austausch über die Entwicklungen vor Ort.“
Spd-fraktionsvize Stinka sagte, diese Darstellung werfe neue Fragen auf: „Wen genau hat sie dort in dieser Nacht worüber genau informiert? Warum stand sie erst ab dem 14. Juli mit dem Chef der Staatskanzlei in Kontakt und hat ihm erst dann die Hochwasser-lageberichte weitergeleitet? Welche Schlüsse hat die Landesregierung aus diesem Austausch gezogen? Und nicht zuletzt: Aus welchem konkreten Grund hat der Ministerpräsident trotz dieser Lageberichte entschieden, den Krisenstab des Landes nicht zu aktivieren?“Daher müsse sich die Landesregierung auch weiterhin fragen lassen, was sie in dem Zeitraum vor dem 14. Juli mit den ihr vorliegenden Informationen gemacht habe. „Schließlich ist das Märchen von der Unvorhersehbarkeit klar widerlegt“, so Stinka. Bereits mit den Daten der Europäischen Behörde Efas sei seit dem 9. beziehungsweise 10. Juli klar gewesen, dass ein schlimmes Unwetter mit großen Flutgefahren für weite Teile von NRW kommen würde und dass es selbst an kleinen Bächen zu gefährlichen Überschwemmungen kommen kann. „Da war klar, dass eine Katastrophe kommt. Ab dem Zeitpunkt hätte man alarmiert sein müssen“, so der Spd-politiker. Der Lagebericht des Lanuv vom 13. Juli habe diese Gefahr fortgeschrieben und konkretisiert. „Was seit dem 9. Juli noch eine sehr konkrete und düstere Prognose war, wurde am 13. Juli zu einer schrecklichen Gewissheit.“
Nrw-innenminister Herbert Reul (CDU) hatte nach Kritik der Opposition eingeräumt, dass es ein Fehler gewesen sei, den Krisenstab nicht einberufen zu haben. Grünen-fraktionschefin Verena Schäffer sprach in diesem Zusammenhang von einem Offenbarungseid. Die Antworten des Ministers zeigten, „wie uninformiert und konzeptlos der Innenminister im Bereich des Katastrophenschutzes aufgestellt ist. Das ist erschreckend angesichts der Gefahr für Leib und Leben, die von Katastrophen ausgeht.“
„Das Märchen von der Unvorhersehbarkeit ist klar widerlegt“André Stinka Spd-fraktionsvize