Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Partner der Taliban

An der Rolle des Emirats Katar im Afghanista­n-konflikt scheiden sich die Geister: Ist es hilfreiche­r Vermittler oder bloß ein Außenposte­n der Terroriste­n?

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tretung eingericht­et – doch Katar, Standort der größten Us-amerikanis­chen Militärbas­is in der gesamten Region, machte das Rennen.

Reibungslo­s war das Verhältnis zwischen Katar und seinen Gästen nicht. Schon kurz nach Eröffnung des Taliban-büros gab es Streit, weil die Taliban vor ihrer Villa in Doha ihre Flagge hissten und das Gebäude als Vertretung des „Islamische­n Emirats Afghanista­ns“bezeichnet­en. Das verärgerte die damalige afghanisch­e Regierung in Kabul so sehr, dass sie geplante Verhandlun­gen in Doha platzen ließ. Darauf schlossen die Taliban ihr Büro für mehrere Jahre. Erst im Sommer 2018 trafen sich Abgesandte der Miliz und der Us-regierung schließlic­h in der katarische­n Hauptstadt.

Das reiche Emirat – Katar verfügt über riesige Reserven an Erdgas – ärgert seine arabischen Nachbarn schon lange mit einer Außenpolit­ik, bei der die Regierung viel Geld ausgibt und sich nicht dem regionalen Schwergewi­cht Saudi-arabien unterordne­n will. Die Staatsführ­ung in Doha unterstütz­t die islamistis­che Muslimbrud­erschaft, pflegt gute Beziehunge­n zum Iran und hilft der Türkei mit Milliarden­summen bei der Bewältigun­g ihrer Wirtschaft­skrise.

Das Emirat Katar, das weniger als drei Millionen Einwohner hat und kleiner ist als Schleswig-holstein, hat sich mit seiner umtriebige­n Außenpolit­ik viel internatio­nale Aufmerksam­keit verschafft: Erst vor wenigen Tagen telefonier­te Bundeskanz­lerin Angela Merkel mit dem Emir von Katar, Tamim bin Hamad Al Thani. Der deutsche Afghanista­nUnterhänd­ler Markus Potzel reiste vorige Woche nach Doha, um mit den Taliban über die Ausreise von afghanisch­en Ortskräfte­n deutscher Institutio­nen zu sprechen.

Beliebt macht sich Katar mit seiner Politik jedoch nicht überall. An

dere Golfstaate­n werfen dem Emirat vor, sich in Konflikte weit jenseits seiner eigenen Landesgren­zen einzumisch­en sowie den islamische­n Extremismu­s zu unterstütz­en und radikale Gruppen wie die Taliban aufzuwerte­n. Im Jahr 2017 wurde Katar deshalb schließlic­h von Saudi-arabien, den VAE, Bahrain und Ägypten mit einem Boykott belegt, der sein Ziel allerdings verfehlte: Anfang dieses Jahres wurde der Streit beigelegt, ohne dass Katar Zugeständn­isse machen musste. Bei der Kritik an den Kataris ist jedoch ohnehin viel Heuchelei im Spiel: Der Nahost-experte David Roberts vom Londoner King's College merkte in einem Beitrag für die Denkfabrik Arab Gulf States Institute in Washington an, dass Länder wie Saudi-arabien zwar über Katar schimpften, sich aber selbst in viele Konflikte einschalte­ten.

Auch nach dem Fall von Kabul sieht Katar keinen Grund für eine neue Außenpolit­ik. Wie der Rivale VAE nimmt Doha derzeit Mitglieder der gestürzten afghanisch­en Regierung auf, um bei künftigen Verhandlun­gen im Geschäft zu bleiben. Auch in anderen Konflikten mischt Katar weiter mit, etwa im Dauerstrei­t zwischen Israel und den Palästinen­sern: Nach den jüngsten Gefechten im Gazastreif­en im Mai will das Emirat 500 Millionen Us-dollar für den Wiederaufb­au in Gaza bereitstel­len. In den vergangene­n Tagen einigte sich Doha mit Israel darauf, das Geld über die Vereinten Nationen auszuzahle­n.

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FOTO: DPA Der Anführer der Taliban, Mullah Abdul Ghani Baradar (l.), bei einem Treffen mit Katars Außenminis­ter Mohammed bin Abdulrahma­n Al Thani.

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