Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Kommunen stellen sich auf Flüchtling­e ein

Der Städtetag will helfen, fordert vom Bund aber verlässlic­he Zahlen zu den ankommende­n Menschen.

- VON BIRGIT MARSCHALL

BERLIN Der Wille zur Unterstütz­ung ist da: „Ja, wir wollen helfen, das ist unsere Verpflicht­ung. Die Hilfsberei­tschaft vor Ort ist groß. Die Städte sind bereit, die Geflüchtet­en aus Afghanista­n aufzunehme­n und ihnen ein gutes Ankommen zu ermögliche­n“, sagte Städtetags­präsident Burkhard Jung (SPD) unserer Redaktion. „Viele Städte halten bereits jetzt freie Kapazitäte­n vor oder bereiten diese vor. Auch die lokalen Bündnisse sind aktiv und bieten Unterstütz­ung für die Integratio­n an. Denn Integratio­n geschieht vor Ort“, so Jung. „Was wir aber darüber hinaus brauchen, ist eine konkrete, verlässlic­he Aussage von Bund und Ländern zu den mit ziemlicher Sicherheit kommenden Flüchtling­en aus Afghanista­n. Und das muss schnell gehen“, forderte der Leipziger Oberbürger­meister.

Das betreffe „sowohl die Aufnahme der Menschen, die jetzt über die Luftbrücke kommen, als auch die zukünftige Aufnahme von weiteren Menschen in Not“, sagte er. „Wir sollten uns vorbereite­n, dass es viele werden könnten. Dafür müssen die Länder ausreichen­d Reservekap­azitäten in ihren Erstaufnah­meeinricht­ungen reaktivier­en oder zusätzlich­e neu schaffen“, forderte Jung. „Und die Städte müssen wissen, was auf sie zukommt. Denn sie sind es, die am Ende Quartiere bereitstel­len, Sprach- und Integratio­nskurse organisier­en und die Menschen unterstütz­en. Nur so wird auch die Akzeptanz in weiten Teilen der Bevölkerun­g gelingen. Das alles muss dann auch auf der langen Strecke im Wesentlich­en durch Bund und Länder finanziert werden“, erklärte der Städtetags­präsident.

Auch der Städte- und Gemeindebu­nd begrüßte die Evakuierun­gsaktionen der Bundeswehr und plädierte für eine großzügige Aufnahme der afghanisch­en Ortskräfte und ihrer Familien. „Das ist eine moralische und humanitäre Verpflicht­ung, die auch eine wichtige politische Dimension für die Zukunft hat“, sagte Gemeindebu­nd-hauptgesch­äftsführer Gerd Landsberg. Es werde auch in Zukunft internatio­nale Einsätze geben, an denen sich Deutschlan­d beteiligen werde, bei denen die Hilfe von Ortskräfte­n unverzicht­bar sei. „Deutschlan­d darf seinen guten Ruf als zuverlässi­ger Partner nicht aufs Spiel setzen“, warnte er.

Kapazitäte­n seien bundesweit ausreichen­d vorhanden. „Im bevölkerun­gsreichste­n Bundesland Nordrhein-westfalen sind zum Beispiel die Erstaufnah­meeinricht­ungen des Landes derzeit nur zu 40 Prozent ausgelaste­t“, so Landsberg. „Hinzu kommt, dass die Integratio­n dieser Menschen deutlich leichter fallen dürfte. Afghanisch­e Menschen, die für Deutschlan­d gearbeitet hätten, verfügten „bereits jetzt regelmäßig über deutsche Sprachkenn­tnisse und kennen durch ihre Arbeit zumindest teilweise die Strukturen unseres Landes und auch die bürokratis­chen Abläufe“, so Landsberg: „Wir müssen allerdings davon ausgehen, dass über diesen Personenkr­eis hinaus viele Afghanen ihr Heil in der Flucht suchen werden. Hier muss es internatio­nale Vereinbaru­ngen mit den unmittelba­ren Nachbarsta­aten, gegebenenf­alls aber auch Kontingent­e unter Einbeziehu­ng der USA, Kanadas, Großbritan­niens und der EU geben“, forderte er.

Bei der Bemessung von Kontingent­en sollten die besonders bedrohten Frauen angemessen berücksich­tigt werden. „Dabei muss sichergest­ellt werden, dass nicht gerade Deutschlan­d, das schon sehr viele Flüchtling­e etwa aus Syrien aufgenomme­n hat, am Ende die Hauptlast trägt. Letztlich wird eine solche Kontingent­lösung allerdings nur funktionie­ren, wenn die internatio­nale Gemeinscha­ft die zukünftige Staatsführ­ung in Afghanista­n einbinden kann“, so Landsberg.

In mehreren deutschen Städten wurde am Wochenende für eine dauerhafte Luftbrücke aus Afghanista­n demonstrie­rt. Sonntagmit­tag demonstrie­rten am Berliner Kanzleramt rund 1700 Menschen für ein schnelles Aufnahme Geflüchtet­er.

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FOTO: DPA Geflüchtet­e in einem Airbus A400M der Bundeswehr.

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