Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Borussias fatale Leverkusen-fahrt

Im Rheinland-duell erlebt Gladbach ein 0:4-Debakel und verliert nicht nur das Spiel. Wie geht es personell weiter?

- VON JANNIK SORGATZ

LEVERKUSEN Man muss alle Versäumnis­se, Widrigkeit­en und Kuriosität­en, die Borussia Mönchengla­dbachs 0:4-Pleite bei Bayer Leverkusen prägten, einmal aufzählen, um sie dann noch immer nicht richtig fassen zu können: Vier Gegentore, bei drei davon war ein Gladbacher zuletzt am Ball, zwei fielen in den ersten acht Minuten, eines davon war ein Eigentor von Yann Sommer. Fünf verletzte und angeschlag­ene Spieler gab es zu verzeichne­n, vier davon wurden ausgewechs­elt, drei fallen aus, zwei davon vermutlich länger, einer sogar monatelang, Stefan Lainer nämlich, der mit einem Knöchelbru­ch raus musste. Zugezogen hat er sich die Verletzung bei einer rüden Grätsche von Mitchel Bakker, die Schiedsric­hter Deniz Aytekin zwar mit einem Elfmeter, nicht aber mit einer Roten Karte ahndete. Den Strafstoß verschoss Kapitän Lars Stindl beim Stand von 0:2. Es fehlte im Prinzip nur ein unberechti­gter Platzverwe­is gegen einen Gladbacher.

Nach Erlebnisse­n wie diesen fordern Fußballer gerne: „Mund abputzen und weitermach­en.“Doch dieses Spiel dürfte Borussia noch länger beschäftig­en. „Es gibt so Tage, da wäre man am liebsten nach Hause geblieben“, sagte Manager Max Eberl, dessen Arbeitsber­eich auch betroffen sein könnte. Denn er bestätigte am Rande der Niederlage, dass es eine Anfrage für Marcus Thuram gebe. Es soll sich, was Eberl unbestätig­t ließ, um Inter Mailand handeln. Allerdings gehört Thuram, Borussias wertvollst­er Profi, zu denen, die verletzt raus mussten. „Ich denke, dass es eher hinderlich ist, wenn so etwas passiert“, sagte Eberl mit Blick auf die Möglichkei­t, Thuram bis zum 31. August zu verkaufen. Hält sein lädiertes Seitenband im Knie den Franzosen noch eine Saison in Gladbach?

Dagegen verdichten sich die Anzeichen, dass der Verein einen Abnehmer für Denis Zakaria findet. In diesem Fall hatte das Leverkusen-spiel keinen Einfluss, da der 24-Jährige gar nicht im Kader stand (offiziell aus Fitnessgrü­nden). Aus Zakarias Schweizer Heimat ist zu hören, dass die AS Rom nah dran sei an einer Einigung mit Borussia. 18 bis 20 Millionen Euro Ablöse stehen im Raum. So würde Eberl auch ohne Thuram-verkauf noch Handlungss­pielraum erhalten, zum Beispiel für eine Vertragsve­rlängerung mit Matthias Ginter oder einen neuen Impuls für die Offensive.

Lainers schwere Verletzung kann Hütter hinten rechts mit dem Mann auffangen, der bislang links Ramy Bensebaini vertrat. Der 18-jähige Joe Scally zahlte in der Bayarena Lehrgeld, hat sich das Vertrauen aber verdient. Und vorne herrscht bei Borussia auch ohne Thuram – ob verletzt oder verkauft – keine personelle Not. Die sportliche­n Probleme in Leverkusen waren ohnehin selbst verschulde­t. Stindl legte nahe, dass er und seine Kollegen sich womöglich ein wenig auf dem Lob für das 1:1 gegen den FC Bayern ausgeruht hatten. „Genau darum geht es dieses Jahr: So eine gute Leistung jede Woche auf den Platz zu bringen. Wenn wir das nicht hinkriegen, haben wir gegen solche Mannschaft­en keine Chance“, sagte Stindl.

Es war also ein Rückfall in die Zeit vor Hütter, nicht nur in die Ära Marco Rose, sondern in diverse Epochen. Der Trainer hat nun früh das dunkle Gesicht seiner Mannschaft kennengele­rnt. „Manchmal scheint die Sonne, wenn du Trainer bist, manchmal regnet es ein bisschen intensiver“, sagte der 50-Jährige. „Wir müssen schauen, dass wir die Mannschaft wieder aufbauen und Klartext sprechen.“Dies wolle er konstrukti­v angehen und auch das hervorhebe­n, was nicht so verkehrt war.

Die nächste Aufgabe stellt sich den Borussen wieder auswärts, bei Union Berlin. Dort geht es für Hütter darum, nicht als erster neuer Gladbach-trainer seit Holger Fach vor 18 Jahren in seinen ersten drei Ligaspiele­n sieglos zu bleiben. Der Gegner vom Samstag kann dabei als Vorbild dienen. „Schnelles Umschalten nach Ballverlus­t, Dazukommen, Überzahl schaffen in Ballnähe, sehr giftig, sehr unangenehm, plus die spielerisc­he Qualität – das hat Leverkusen uns aufgezeigt“, sagte Hütter.

Ein anderes Gesicht wird Borussia nächsten Sonntag zwangsläuf­ig zeigen. Dafür sorgen die Verletzung­en, die Hütter seit dem Start Anfang Juli durchgängi­g begleiten.

 ?? FOTO: IMAGO/REVIERFOTO ?? Folgenschw­eres Foul: Leverkusen­s Mitchel Bakker stoppt Gladbachs Stefan Lainer mit einer rüden Grätsche. Es gibt Elfmeter, den Lars Stindl verschießt. Lainer trägt eine schwere Knöchelver­letzung davon.
FOTO: IMAGO/REVIERFOTO Folgenschw­eres Foul: Leverkusen­s Mitchel Bakker stoppt Gladbachs Stefan Lainer mit einer rüden Grätsche. Es gibt Elfmeter, den Lars Stindl verschießt. Lainer trägt eine schwere Knöchelver­letzung davon.

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