Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Bayers Bissigkeit begeistert und weckt Erwartungen
Die Mannschaft von Gerardo Seoane überzeugt beim Sieg gegen Gladbach im Kollektiv. „Das war ein Spiel, das als Messlatte gelten kann“, sagt der Trainer.
LEVERKUSEN Nach dem 4:0 von Nadiem Amiri war die Demütigung komplett – auf dem Rasen und auf den Rängen. Statt Leverkusens üblicher Torhymne erklang die von Mönchengladbach in der Bayarena. Die Fans der Werkself feierten zu den kompositorisch schlichten, aber extrem mitgröltauglichen Klängen von Scooters „Maria“den furiosen Auftritt ihrer Mannschaft, die paar Anhänger der Gäste, die sich irgendwie ins Stadion gemogelt hatten, schüttelten entgeistert die Köpfe. Mit Bayers 4:0 (2:0)-Sieg im Duell der designierten Konkurrenten um einen Platz im oberen Tabellendrittel hatten nach der holprigen Vorbereitung und dem 1:1 bei Union Berlin zum Auftakt wohl selbst die optimistischsten Leverkusener nicht gerechnet.
Sie erlebten einen denkwürdigen Abend beim Heimdebüt des neuen Trainers Gerardo Seoane. Der Spielverlauf kam den Leverkusenern freilich extrem entgegen, war aber auch der Lohn für die kollektiven Mühen. Mitchel Bakker erzwang per Distanzschuss und Innenpfostentreffer ein Eigentor von Gladbachs Keeper Yann Sommer (3.), Patrik Schick legte fünf Minuten später das 2:0 nach. „So eine Startphase wünscht sich natürlich jeder Trainer“, sagte Seoane. Die
„Schuldigen“daran seien die Fans, die der Werkself zum ersten Heimspiel der Saison ein lautstarker Antrieb waren. „Wir kommen heute ins Stadion, sehen die Leute, nach vielen Monaten endlich wieder Zuschauer – das war ein Grund für den furiosen Start, eine zusätzliche Motivationsspritze“, betonte der 42-Jährige. Von Gladbach war in den ersten 20 Minuten indes so gut wie nichts zu sehen. Bayer war zu griffig, bissig, gedankenschnell – und effizient. Vor allem Letzteres war in der vergangenen Rückrunde eine nur selten gezeigte Qualität.
Dass Lars Stindl kurz vor der Halbzeit mit einem Foulelfmeter an Lukas Hradecky scheiterte, passte zur Dramaturgie des Abends, der aus Sicht der Gastgeber wie gemalt verlief. Bakker hatte Stefan Lainer vorab gefoult, der Österreicher musste anschließend gestützt von Betreuern vom Platz humpeln – Verdacht auf Knöchelbruch. Seoane bezeichnete die Parade des Strafstoßes als „Schlüsselszene“.
Denn zur Wahrheit gehört, dass die Gäste keineswegs so chancenlos waren, wie es der Endstand vermuten lässt. Stindl, Florian Neuhaus und Jonas Hofmann vergaben exzellente Gelegenheiten, um die Werskelf doch noch ins Wanken zu bringen oder wenigstens das Ergebnis erträglicher zu gestalten. Spätestens nach dem 3:0 durch Diaby (55.), war der Widerstand der Elf vom Niederrhein indes gebrochen. Leverkusen erspielte sich in der Schlussphase einige gute Chancen. Eine davon nutzte Amiri für den Endstand.
„Das war ein Spiel, das als Messlatte gelten kann“, sagte Seoane. „Die Mannschaft ist sehr solidarisch und kompakt aufgetreten. Ich habe eine tolle Energie gespürt. Das gilt es, in Zukunft zu bestätigen.“Am kommenden Samstag (15.30 Uhr) ist Leverkusen beim FC Augsburg gefordert. Was jetzt Bayers neue Benchmark ist, hat Seoanes Elf gegen Gladbach gezeigt.