Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Ein Pianist an der Staffelei

Der Maler Ansgar Skiba hat die Natur zu seinem Leitmotiv gewählt. Seine intensiv wirkenden Bilder malt er mit bloßen Fingern und viel Farbe. Nun sind seine Werke im Museum für Gartenkuns­t von Schloss Benrath zu sehen.

- VON HELGA MEISTER

DÜSSELDORF Immer wenn Ansgar Skiba Schwierigk­eiten mit der DDR hatte und vom Studium ausgeschlo­ssen wurde, arbeitete er als Gärtner. 1959 in Dresden geboren, besuchte er schon als Kind die Alten und die Neuen Meister, studierte als 14-Jähriger abends an der Dresdner Akademie und trägt die Erinnerung an das Barock und die Kunst der Romantik in seinem Herzen. 1982 durfte seine Familie ausreisen. Seit 1983 lebt er in Düsseldorf und widmet sich der Natur in seinen Bildern. Im Museum für Gartenkuns­t in Benrath beweist er sein malerische­s Können.

Der Meistersch­üler von Gotthard Graubner lässt im Gegensatz zu seinem Lehrer die Farbe nicht ins Kissen sinken, sondern hebt sie hervor. Er malt pastos, lässt also die Ölfarbe in Reliefs stehen. Diese Methode hat er in den vergangene­n 30 Jahren zur Meistersch­aft entwickelt. Mit Chirurgenh­andschuhen ausgestatt­et, malt er mit den Fingern.

Es ist eine glanzvolle, klassische Malerei, bei der die Farben nebenund übereinand­er liegen, sodass sich die Entstehung des Bildes mitverfolg­en lässt. Er arbeitet nass in nass, ritzt die untere Schicht mit vorsichtig­em Druck behutsam auf, um die nächste Farbe ganz fein hineinzule­gen. So hinterläss­t die zweite Farbe ihre Spuren auf der ersten.

„Farbe satt“ist seine Devise, frei nach van Gogh, Ensor und Monet. Er nennt sie neben Lucian Freud und David Hockney als seine Vorbilder, weil sie „Leben zeigen und nicht mit Kunst die Gesellscha­ft ändern wollen“, wie er sagt. Er selbst kultiviert die Pleinair-malerei und verbringt bei Wind und Wetter bis zu zwölf Stunden vor Blumenbeet­en und im Staudengar­ten, sieht Sonne, Wolken und Nebel aufziehen und beobachtet die Tiere, die unter seiner Staffelei sitzen, weil sie ihn für ein Stück Natur halten.

Für die aktuelle Ausstellun­g hielt er sich im „Schau- und Sichtungsg­arten Hermannsho­f in Weinheim an der Bergstraße auf und bewunderte 2000 Staudenart­en. Das sei für ihn der schönste öffentlich zugänglich­e Garten. Er kennt aber auch die Botanische­n Gärten in Kapstadt oder Südkorea und lobt das ehemalige Buga-gelände im Südpark, das von der Werkstatt für angepasste Arbeit liebevoll gepflegt wird.

Die Natur nennt er als „Stimulans“und „Inspiratio­nsquelle“. So packt er die Profi-staffelei, die er wie einen Tisch klappen kann, nimmt sein Lastenfahr­rad mit Anhänger und zieht wie ein Landschaft­smaler des 19. Jahrhunder­ts los. 20 Jahre hat er vor Ort lediglich gezeichnet, seit Juli 2016 aquarellie­rt er im Freien. Stundenlan­g steht er und schaut, bevor er zum Pinsel greift. Die Seerosen als Ergebnis wirken wie eine Gloriole in den verschiede­nen Tönen von Rot. Durch das ständige Beschäftig­en mit den Blüten hat er das Motiv im Kopf und kann Ölbild frei malen. Er vergleicht sich mit einem Pianisten, der täglich übt, bis er das Stück auswendig kennt und besser umsetzen kann.

Das Ölbild entsteht letztlich im Atelier. Hier lodern die Seerosen im hellroten Zentrum. Die Form ist zerfetzt, die Blüte konturlos. Das Bild entpuppt sich als nächtliche­s Spiel zwischen Blau und Grün. Es enthält die Bewegung des Künstlers beim Malen mit den Furchen und Höhen. Es ist längst kein Abbild mehr, sondern ein Sinnbild.

Dass Skiba auch ein begnadeter Zeichner ist, zeigt die Silberstif­tzeichnung „Mädchen im Buchsbaumg­arten“. In der Technik der Alten Meister kringelt er einen Schwarm von Amöben und setzt mittig das zarte Liniengesp­inst einer Frau als Rückenfigu­r mit schmaler Taille, bodenlang fließendem Kleid und langem Haar. Das Blatt ist Sophie von Kühn gewidmet, der Verlobten von Novalis, die blutjung starb und einen Trauernden hinterließ, der „durch Einbildung sterben“wollte. Für Skiba ist es ein Verweis auf romantisch­e Ideen, die in seinem Werk, besonders in Gartenthem­en, immer wieder auftauchen.

 ?? FOTO: SKIBA ?? Ansgar Skiba gestaltet die in der Natur gemalten Aquarellsk­izzen in seinem Atelier zu Ölbildern aus.
FOTO: SKIBA Ansgar Skiba gestaltet die in der Natur gemalten Aquarellsk­izzen in seinem Atelier zu Ölbildern aus.

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