Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Ein Leben für die Wissenschaft
Drei Jahre nach dem Tod von Nemo spielt der kleine Otter immer noch eine wichtige Rolle in Wolfgang Gettmanns Leben. Die Zwei waren unzertrennlich. Und auch an den Aquazoo denkt der frühere Direktor gern zurück.
STOCKUM/HILDEN Die Namen Gettmann und Nemo, gehören einfach zusammen. Wolfgang Gettmann ist der ehemalige Direktor des Aquazoos in Stockum. Und Nemo, seiner Gattung nach ein Kurzkrallen-otter, war sein Haustier. „War“, denn Nemo ist vor drei Jahren im ungewöhnlich hohen Otter-alter von zwölf Jahren verstorben. Im Hause Gettmann ist er unvergessen. Der promovierte Zoologe stellt trotzdem klar, dass „Otter normalerweise keine Haustiere sind, auch wenn in Japan sogenannte Otter-cafés geöffnet werden.“Das findet er übrigens furchtbar und hat schon Beschwerde geführt.
Als im November 2013 der Aquazoo seine Türen schloss, damit die Landeshauptstadt als Träger renovieren konnte, hatte auch der Direktor seinen letzten Arbeitstag. Fast 20 Jahre war bis dahin der studierte Fachmann aus Saarbrücken Hausherr über Aquarien, Terrarien und anderer Gehege, deren tierische Lebewesen, Pfleger und Mitarbeiter. Bekannt wurde er weit über die Landesgrenzen hinaus mit seinem pelzigen, zahmen ständigen Begleiter Nemo, den er gerne zu Fernseh-auftritten mitnahm. „Wir haben damals viele Prominente kennengelernt“, erzählt der 72-Jährige schmunzelnd im heimischen Wohnzimmer in Hilden.
Stefan Raab und Günther Jauch hätten allerdings Angst gehabt, den kleinen Wassermarder auf die Schulter zu nehmen. Frank Elstner sei ein „toller Typ“und habe beide besonders beeindruckt. Auch Edeltraud Gettmann erinnert sich liebevoll: „Nemo hatte ja bei uns sein eigenes (Bade)zimmer. Und einen in ganz Europa gültigen Impfpass. Bei unseren Wohnwagen-urlauben durfte er dann am Fußende schlafen.“Heute gibt es nur noch einen ausgestopften Wasser-marder im Haus. Er ist eine Leihgabe aus Münster, die Nemo ähnelt.
Genug der Trauer: Wolfgang Gettmann ist so fit und engagiert, dass er den Übergang in die Rente vor sechs Jahren gar nicht wahrnahm. Vorträge auszuarbeiten, wissenschaftliche Artikel zu schreiben und eine eigene Homepage zu entwickeln hatte er sich vorgenommen. Fachartikel und interessante Fotos wurden inzwischen veröffentlicht. Stolz präsentiert er seinen umfangreichen
Beitrag „Mäuse auf Briefmarken“in einer Fachzeitschrift. Auf sowas kommt man nur, wenn man erstens begeisterter Briefmarkensammler ist und zweitens ernsthaftes Interesse an Klein-säugetieren hat.
Das hat er auch im vergangenen Jahr als Referent der Ausstellung „Danke, Maus“im Fabry-museum bewiesen. Letzteres hatte bereits 2016 mit ihm als Kurator die Ausstellung „Der Otter ist ein listig und boßhafftig Thier“gezeigt. Gerne erinnert er sich an berufliche Zeiten, als er mit einem Frettchen und dessen Nachwuchs in der Tasche quer durch die Kunstabteilung marschierte, weil er in der zoologischen Abteilung des Hessischen Landesmuseums in Darmstadt arbeitete. Auch Insekten finden lebhaftes Interesse bei dem Mann, der sich selbst als „Multi-dilettant“bezeichnet. Das kann man so natürlich nicht stehen lassen, denn es ist nach eigenem Bekunden sein größtes Interesse, naturwissenschaftliche Erkenntnisse zu vermitteln. Deshalb hat er in seiner beruflichen Laufbahn auch als Lehrer gearbeitet.
Gettmann ist heute noch ein akribischer Sammler von Mineralien, Fossilien, Münzen, Messern oder Foto-apparaten. Auch von Filmen:
„Ich besitze alle mit Johnny Depp.“Er spielt Geige (seine Frau Kontrabass) und war mit dem Orchester der Landesregierung auf Tournee. Sportlich zieht es den Hildener zum Paddeln an den Elbsee. Er besitzt drei Kajaks. „Zuletzt waren wir am Lech und der Schlei.“Ansonsten wird montags Tischtennis gespielt. Und dann gibt es noch die Mitgliedschaft im Lions-club. „Insgesamt war ich dreimal Präsident, weil ich schon in Bad Dürkheim während meiner Tätigkeit als Chef des Pfalzmuseums für Naturkunde dabei war.“
Heute beobachtet der 72-Jährige bei seinen Spaziergängen mit seiner Frau und Familienhund „Basko“, ein Hovawart, „einen dramatischen Rückgang unserer heimischen Tierarten. So viele Insekten und Vogelarten fehlen inzwischen ganz.“Wolfgang Gettmann weiß, wovon er spricht und fordert: „Die Leute sollten mehr auf die Wissenschaft hören. Es muss Schluss sein mit dieser Schotter-gärten-mentalität.“