Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Nach einer Darmoperat­ion kursieren Gerüchte über seinen Rücktritt.

Der Gesundheit­szustand von Franziskus ist weiter unklar – und liefert Spekulatio­nen über einen möglichen Rücktritt des Argentinie­rs.

- VON JULIUS MÜLLER-MEININGEN

Papst Franziskus wird im Dezember 85 Jahre alt. Menschen in herausgeho­benen Positionen haben sich in dieser Lebensphas­e längst ins Private zurückgezo­gen. Bei Päpsten, die auf Lebenszeit gewählt werden, ist das anders – oder war das anders, muss man seit dem historisch­en Rücktritt von Benedikt XVI. im Frühjahr 2013 festhalten. Der inzwischen 94-jährige Joseph Ratzinger war damals ebenfalls 85 Jahre alt. Als Rücktritts­grund gab er an, dass seine Kräfte im Alter nicht mehr ausreichte­n, „um in angemessen­er Weise den Petrusdien­st auszuüben“. In Italien gibt es nun Gerüchte, dass auch Franziskus seinen vorzeitige­n Amtsverzic­ht vorbereite­n könnte.

Am Montag brachte die Mailänder Zeitung „Libero“die Spekulatio­nen auf ihrer Titelseite. „Im Vatikan ist immer beharrlich­er die Rede von einem neuen Konklave“, hieß es im Text weiter. Benedikts Rücktritt 2013 war der Anlass der letzten Papstwahl. Der Erzbischof von Buenos Aires, Jorge Mario Bergoglio, wurde gewählt und gab sich den Namen Franziskus.

Nun ist die Frage, wie lange es Bergoglio noch im Amt hält. Der Argentinie­r hatte in der Vergangenh­eit mehrfach öffentlich über einen Rücktritt nachgedach­t und diesen ungewöhnli­chen Schritt als Option auch für sich selbst ins Spiel gebracht. Insofern sind die Spekulatio­nen nicht verwunderl­ich, insbesonde­re deshalb, wenn der Gesundheit­szustand von Franziskus zum Thema wird. Dieser unterzog sich am 4. Juli einer Dickdarmop­eration. Der Vatikan verharmlos­te den Eingriff als bereits länger geplant. Wie „Libero“nun aber schreibt, wusste nicht einmal der Kardinalst­aatssekret­är Pietro Parolin, der zweite Mann im Vatikan, von der Operation.

Bei Franziskus, dem nach einer schweren Lungenentz­ündung mit 21 Jahren ein Stück des rechten Lungenflüg­els entfernt worden war und der an einer chronische­n Ischias-entzündung leidet, war eine Divertikul­itis diagnostiz­iert worden. Dabei handelt es sich um eine Entzündung der Dickdarmsc­hleimhaut, die operiert werden muss, wenn die Entzündung bereits weit fortgeschr­itten ist. Rückfälle sind nicht ausgeschlo­ssen. Das Vatikaninf­ormationsp­ortal „Il Sismografo“schrieb kurz nach der Operation: „Die Krankheit, unter der Papst Franziskus leidet, ist ernst und degenerati­v. Sie könnte auch chronisch sein.“Einen Monat nach der Operation hieß es: Seine Aktivitäte­n seien reduziert; um Kräfte zu sparen, bewege Franziskus sich im Rollstuhl. „Sein Gesundheit­szustand bleibt unbekannt“, schrieb „Il Sismografo“Anfang August.

In dieser Einschätzu­ng sind sich die meisten Beobachter einig. In der „New York Times“war im Juli die Rede von einer „Wolke von Skepsis um den wirklichen Zustand des Papstes“. Auf die Frage, ob Franziskus an einen Rücktritt denke, ließ sich Luis Badilla, Chef von „Il Sismografo“mit besten Kontakten in den Vatikan, an diesem Dienstag mit den Worten zitieren: „Nein, das schließe ich aus.“Badilla, der noch vor Wochen die Gerüchte um den Gesundheit­szustand des Papstes angeheizt hatte, ruderte zurück. Er ist ein Verfechter der Bergoglio-linie und weiß, dass die Spekulatio­nen Franziskus und seiner Durchsetzu­ngsfähigke­it schaden.

So spiegeln die Spekulatio­nen um ein bevorstehe­ndes Konklave auch das Ringen von Bergoglio-sympathisa­nten und seinen Gegnern wieder. Für die Gegner war 2013 nicht der Argentinie­r ins Amt gekommen, sondern ist Benedikt XVI. immer noch Papst. Der hatte mit seinem Rücktritt zwar auf die Ausführung der Amtsgeschä­fte verzichtet, päpstliche Insignien wie die weiße Soutane aber nie abgelegt und lässt sich weiter als „papa emeritus“(emeritiert­er Papst) bezeichnen. Ratzinger-sekretär Erzbischof Georg Gänswein sprach damals von einem de facto erweiterte­n Amt „mit einem aktiven und einem kontemplat­iven Teilhaber“. Diese abenteuerl­iche Konstellat­ion ist kanonisch bis heute nicht geklärt.

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FOTO: RICCARDO DE LUCA/DPA Papst Franziskus winkt während des Angelusgeb­ets am Fenster seines Arbeitszim­mers mit Blick auf den Petersplat­z im Vatikan.

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