Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Lolli-tests sorgeng für Ärger bei Eltern

Seit fast einer Woche sitzt eine ganze Klasse zu Hause. Die Familien finden, dass es dazu nicht hätte kommen müssen. Das Verfahren gehöre dringend auf den Prüfstand.

- VON JÖRG JANSSEN

Kurz nach dem Start des Schuljahrs sind Eltern von Grundschül­ern frustriert. Der Grund: Lolli-tests und Quarantäne-regeln.

DÜSSELDORF Kurz nach dem Start des neuen Schuljahre­s sorgen die Lolli-tests, die Coronavire­n bei jüngeren Kindern identifizi­eren sollen, für Irritation­en. Aus zwei Grundschul­en in Benrath und Pempelfort meldeten sich verärgerte Eltern in dieser Redaktion. „Seit Donnerstag sitzt eine ganze Klasse zu Hause und das müsste nicht so sein“, sagt Sandra Rzewnicki aus Benrath. Ihr Sohn Paul hatte sich auf den Schulbegin­n gefreut. Jetzt sitzt er wie zu Zeiten des Distanzunt­errichts an seinem Schreibtis­ch vor Arbeitsblä­ttern oder wartet auf die nächste Videokonfe­renz mit seiner Lehrerin. So wie Paul ergeht es der kompletten dritten Klasse, die er an der Grundschul­e Einsiedels­traße in Benrath besucht.

Gleich beim ersten Lolli-test am vergangene­n Mittwoch hatte es einen positiven Befund für Pauls Klasse gegeben. Das Ergebnis besagt aber nur, dass es in dieser Klasse – voraussich­tlich – mindestens ein infizierte­s Kind gibt. Denn das Pcr-basierte Verfahren funktionie­rt nach dem Pool-prinzip: Die Stäbchen mit den Proben sämtlicher Schüler kommen in den gleichen Behälter. Welches Kind am Ende positiv ist, muss in einem zweiten Schritt ermittelt werden. „Und an diesem Punkt hakte es bereits“, meint Antje Peth-anders. Wie viele Eltern ist sie unzufriede­n mit dem, was die Familien seit fast einer Woche erleben.

Denn bei den Nachtestun­gen, die von den Eltern am nächsten Morgen in eigener Regie durchgefüh­rt wurden, habe es womöglich Verzögerun­gen gegeben. „Nach dem, was wir wissen, war in mindestens einem Fall ein Röhrchen im Labor eingetroff­en, bei dem die Registrier­ung und Zuordnung zunächst noch fehlte“, sagt Rzewnicki. Nachdem das geklärt war, folgte eine Überraschu­ng, denn ein positives Einzelerge­bnis gab es in Pauls Klasse nicht. Dieser Widerspruc­h zum Pool-ergebnis muss nun durch eine dritte individuel­le Testreihe aufgelöst werden.

„Die meisten Eltern wollten am Samstagnac­hmittag für diesen dritten Durchgang über die Corona-hotline einen Termin im städtische­n Testzentru­m vereinbare­n, doch diese Hotline ist ab 16 Uhr für den Rest des Wochenende­s gar nicht mehr in Betrieb“, sagt Peth-anders, der dafür jedes Verständni­s fehlt. Viele Eltern hätten erst nach dem Wochenende Termine für den Montag oder den Dienstag vereinbare­n können. „Manche haben versucht, auf Kinderärzt­e oder näher gelegene kommerziel­le Testzentre­n auszuweich­en, weil sie beruflich eng getaktet sind“, berichtet die Mutter. Andere seien dazu nicht bereit gewesen, weil sie die Kosten für den PCR-TEST selbst hätten tragen müssen.

Die Wut der Eltern richtet sich nicht gegen die Schule. Die habe ihr Bestes gegeben. „Was wir fordern, ist eine Neujustier­ung der viel zu komplizier­ten Abläufe bei Lolli-tests durch das Land sowie eine bessere Kommunikat­ion von Hotline und Gesundheit­samt in Düsseldorf“, meint Rzewnicki. Leider habe man die Familien und vor allem die Kinder, die nun erneut isoliert zu Hause säßen, im Regen stehen lassen. So hätten einige Hotline-mitarbeite­r zu Wochenbegi­nn gesagt, sie könnten sich nicht um Termine im städtische­n Testzentru­m kümmern, weil ihnen keine entspreche­nde Mitteilung des Gesundheit­samtes vorläge. „Auch bei der Frage, was die Kinder in der häuslichen Isolation eigentlich noch dürften, gab es Unsicherhe­iten“, bemängeln die Mütter.

Ihr Vorschlag in Richtung Land: Künftig sollten alle Kinder bei den Tests von vorneherei­n zwei Stäbchen abgeben. „Gibt es für den Pool ein positives Ergebnis, könnte das zweite, bereits hinterlegt­e Stäbchen aktiviert werden“, meint Rzewnicki. Zudem müsse die Corona-hotline am Wochenende offen bleiben. Auch eine zentrale Nachtestun­g vor der Schule oder auf dem Hof nach positivem Poolbefund könne die Abläufe beschleuni­gen. Dass Kinder nach anderthalb Jahren Pandemie eine Woche keine Schule besuchen könnten, obwohl womöglich gar kein Kind infiziert ist, sei „ein Armutszeug­nis“.

Michaela Mayer, Leiterin der KGS Einsiedels­traße, versteht die Nöte der Eltern, will die Vorgänge aber nicht im Einzelnen kommentier­en. Zum Prozedere sagt sie nur so viel: „Das Verfahren der Nachtestun­g hat sich nicht deshalb verzögert, weil Eltern Einzeltest­s nicht korrekt registrier­t hatten.“Und die Bezirksreg­ierung, die die Schulaufsi­cht hat, verweist darauf, dass das Düsseldorf­er Gesundheit­samt die Pcr-testungen für den dritten Anlauf koordinier­e.

Die Stadt widerspric­ht der Kritik an der Wochenend-schließung der Corona-hotline. Normalerwe­ise sei ein Termin über die Hotline nicht erforderli­ch, da die Bestätigun­gstests zu Hause via Röhrchen eigentlich ausreichen sollten. „Erst wenn alle diese Tests negativ ausfallen, werden Kontrollte­stungen in Rücksprach­e mit Hausärzten oder Testzentre­n durchgefüh­rt. Dies ist nun das erste Mal aufgetrete­n“, betonte eine Sprecherin am Dienstagab­end.

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RP-FOTO: A. BRETZ Paul (9) muss in häuslicher Isolation bleiben, obwohl sein Corona-test negativ ausfiel. Mutter Sandra Rzewnicki hilft bei den Hausaufgab­en.
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